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Ärger wegen massiven Verkehrslärms in Bronnzell - Derzeit kein Rechtsanspruch auf Lärmschutz

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Von: Andreas Ungermann

Der Lärmschutz in Bronnzell sei laut der Bürgerinitiative nicht mehr zeitgemäß.
Der Lärmschutz in Bronnzell sei laut der Bürgerinitiative nicht mehr zeitgemäß. © Andreas Ungermann

Nicht nur zwischen B 27 und Bahn weist der „Lärmviewer“ Hessen für Bronnzell kein grünes Fleckchen aus. Nirgendwo in dem Stadtteil von Fulda liegt die mittlere Geräuschbelastung unter 55 Dezibel. Bürger befürchten, dass sie in Zukunft noch mehr auf die Ohren bekommen.

Bronnzell - Ein durchfahrender ICE ist erträglich, IC und Regional-Express auch noch. Aber wenn ein Güterzug über die Gleise in der Ortslage von Bronnzell fährt, dann wird es bei Paul Schneider richtig laut. An Ruhe sei kaum zu denken, auch nicht an Schlaf. Vor allem dann nicht, wenn nachts Bauarbeiten an der Strecke liefen und permanent Warnsignale ertönten.

Der Lärmviewer des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Natur weist für Bronnzell keinen grünen Punkt aus, an dem es ruhig wird. Im Gegenteil: Massive Farbflächen auf der Karte zeigen: Hier ist es laut. Das bedeutet, dass die mittlere Belastung bei mindestens 55 bis zu mehr als 75 Dezibel an den Schienen und der B 27 liegt“, erklärt Schneider beim Spaziergang entlang der Bahntrasse.

Wenn die Strecke Fulda–Frankfurt beziehungsweise Hanau–Würzburg–Fulda ausgebaut wird, befürchten er und seine Mitstreiter in der Bürgerinitiative „Lebenswertes Bronnzell“ zusätzliche Belastungen. Denn egal, welche Trasse gebaut wird, durch Bronnzell müssen auch zukünftig alle Züge auf der Nord-Süd-Verbindung. (Lesen Sie auch: A7-Lärm plagt Menschen in Uttrichshausen)

Fulda: Massiver Verkehrslärm - Bronnzell wünscht sich Lärmschutz

Schneider ist wohl bewusst, dass es sich hier um ein Nadelöhr im europäischen Eisenbahnverkehr handelt. „Wir sind nicht gegen den Ausbau, aber wir wollen einen zeitgemäßen Lärmschutz. Die jetzigen Anlagen stammen aus dem Jahr 1985 und halten schon heute nicht mehr den Bedürfnissen der Anwohner und den Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation stand.“

„Mit weiteren Zügen wird es in kürzerer Taktung noch lauter – und das kontinuierlich“, erklärt der Bronnzeller, der es nur für gerecht hält, wenn die Lärmverursacherin – sprich: die Bahn – für den Schutz an der Quelle sorgt. Es könne nicht sein, dass Hauseigentümer auf eigene Kosten für eine Geräuschdämmung sorgen müssten.

Die Bahn weiß aus der Bürgerbeteiligung zur Neubaustrecke um derlei Forderungen, verweist aber darauf, dass die Entscheidungen über die Finanzierung solcher „übergesetzlichen Forderungen“ beim Bundestag liegt. Die Bahn werde dem Parlament mit einer Lärmuntersuchung die Entscheidungsgrundlage vorlegen.

Allerdings sieht das Unternehmen selbst laut einer Sprecherin keinen Rechtsanspruch auf einen verbesserten Lärmschutz durch die sich ändernde Situation. Die Wände seien zusammen mit dem Bau der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg parallel zur gesamten Ortslage Bronnzell errichtet worden.

Nach aktueller Planung werde mit der Neubaustrecke die Schieneninfrastruktur in Bronnzell nicht nennenswert angepasst. „Auch im aktuellen Lärmsanierungsprogramm des Bundes ist Bronnzell nicht prioritär enthalten“, betont eine Bahnsprecherin. Schneider indes kontert: „Selbst die aktuellen Lärmschutzwände sorgen für eine Geräuschbelastung.“

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Diese seien in einer Art Stecksystem gebaut. Wenngleich sie nachträglich auf der Mauerkrone zusätzlich verkeilt worden seien – auch um ein Ausbrechen zu vermeiden –, schepperten sie in den Gestellen. Schneider plädiert für einen Abschluss, der sich am oberen Ende der Wände nach innen wölbt und so den Lärm zwischen diesen halte.

Zudem widersprechen er und seine Mitstreiter einer weiteren Argumentation der Bahn: nämlich jener, dass die Güterzugwaggons mit Flüsterbremsen ausgestattet würden, was den Geräuschpegel um zehn Dezibel reduziere und damit einer Halbierung des Lärms entspreche. „Das gilt für die deutschen Wagen, was aber ist mit denen, die aus anderen Ländern durch Deutschland und Osthessen rollen?“, fragt die BI.

Das sagt die Stadt

Durch die Bahnstrecke sowie die B 27 seien die Bronnzeller durch den Verkehrslärm – trotz Schutzeinrichtungen – stark betroffen. Die Belastung sei erhöht und problematisch, räumt die Stadt Fulda ein. Dazu stehe sie nicht nur im Kontakt mit der Bürgerinitiative „Lebenswertes Bronnzell“, sondern sei auch im Dialogprozess beteiligt und stehe auf politischer sowie Verwaltungsebene mit Vertretern der Deutschen Bahn im Austausch.

Auch wenn die Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten der Stadt aufgrund bestehenden Rechts begrenzt seien, versuche man für den Stadtteil Lärmschutzmaßnahmen gemäß der Lärmvorsorge zu erreichen, erläutert Pressesprecher Johannes Heller. Mit kurzfristigen Maßnahmen seitens der DB sei jedoch nicht zu rechnen, weil kein Rechtsanspruch bestehe.

Ermutigend sei allerdings, dass für die Ausbau-/Neubaustrecke Fulda–Hanau/Frankfurt Lärmschutzmaßnahmen festgelegt seien, die über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen. Mittelfristig hoffe die Stadt auf einen Präzedenzfall und bleibe mit der BI am Ball, versichert Heller..

Die Initiative macht indes noch mehr Problempunkte beim Lärmschutz in Bronnzell aus: Da wäre noch die Rhönbahn mit bis zu 34 Zugbewegungen täglich, die am unbeschrankten und nicht mit einer Lichtzeichenanlage ausgestatteten Übergang in der Schimmelstraße hupt.

Hinzu komme dann noch der Straßenverkehr – und nicht nur der von der B 27. Obwohl entlang der Ortsdurchfahrt eine Seniorentagesstätte, Bushaltestellen, Grundschule, Kirche, Kindergarten und Bürgerhaus lägen, sei zur Lärm- und Gefahrenreduzierung bisher keine Tempo-30-Zone eingerichtet worden, kritisiert die BI.

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