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Volle Nester im Kreis Fulda: Deshalb wird der Storch-Nachwuchs beringt

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Die Jungvögel stellen sich beim Beringen tot.
Die Jungvögel stellen sich beim Beringen tot. © Jasmin Herzberg

Es gab Nachwuchs bei den Störchen im Landkreis Fulda. Die Jungvögel wurden jetzt zur Wiedererkennung und für wissenschaftliche Erkenntnisse beringt.

Eichenzell - „Insgesamt 43 Jungvögel haben wir dieses Jahr beringt“, berichtet Reinhard Kolb von der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz. Beringt wurden die Jungvögel von Vogelberinger Werner Peter von der Vogelwarte Helgoland. Mit dabei waren auch Janina Klug vom Umweltministerium Hessen und Salvatore Errico von der Firma Wemo-tec aus Eichenzell. Er fuhr den Hubsteiger, der wie jedes Jahr für die Beringung von der Firma kostenlos gestellt wurde.

Von 8 bis 19 Uhr war die Gruppe auf Beringungsmission im Landkreis Fulda unterwegs. Dieses Jahr wurde an 17 Storchenmasten – einer mehr als im vergangenen Jahr – im Landkreis Fulda gebrütet. 51 Jungstörche sind geschlüpft, aber nicht alle waren im beringungsfähigen Alter. Für eine Beringung muss ein Storch zwischen fünf und sechs Wochen alt sein. Denn da sei er in seiner Entwicklung so weit, dass ihm der Ring nicht vom Bein rutsche.

Fulda: Volle Storchen-Nester - Deshalb werden die Jungtiere beringt

Dass sie nicht alle Jungstörche beringen konnten, sei jedoch nicht schlimm. „80 Prozent reichen aus, um wissenschaftliche Erkenntnisse wie zum Beispiel über Ansiedlung, Partnertreue, Brutplätze und Todesursachen zu bekommen“, sagt Peter. Die Beringung sei in diesem Jahr sehr gut verlaufen, „alles hat geklappt, der Boden war nicht zu nass, sodass wir mit dem Hubsteiger gut an die Masten herankamen“, berichtet Kolb. (Lesen Sie hier: Störche kehren nach Kohlhaus zurück - Weiblicher Vogel eingetroffen)

Der siebte Horst, an dem Jungvögel beringt wurden, lag bei Eichenzell an der Fliede-Aue. Zwei kleine Störche wurden mit einem ELSA-Ring ausgestattet. Diese Ringe weisen im Gegensatz zu den typischen Aluminiumringen einen großen Vorteil auf. „Der ELSA-Ring wird oberhalb vom Kniegelenk befestigt, sodass er immer gut sichtbar und ablesbar ist. Mit einem Spektiv und 60-facher Vergrößerung kann man auch aus großer Entfernung die Nummer am Ring und damit den Storch erkennen“, sagt Kolb.

Die in weiß auf schwarzem Grund geschriebene Nummer ist einzigartig und jeweils einem Tier zugeordnet. Da jeder Landkreis allerdings nur eine bestimmte Menge an ELSA-Ringen zur Verfügung gestellt bekommt, können nicht alle Jungstörche mit einem solchen beringt werden. „20 Stück gab es diesmal – wir haben also gemischt beringt, die restlichen Tiere haben einen Aluminiumring bekommen“, erklärt Klug.

Ein Rekordergebnis gab es dieses Jahr in Neuhof Süd: Hier waren gleich fünf kleine Störche im Nest.
Ein Rekordergebnis gab es dieses Jahr in Neuhof Süd: Hier waren gleich fünf kleine Störche im Nest. © Reinhard Kolb

Das sei aber nicht schlimm, denn für die wissenschaftlichen Schlüsse, die aus der Beringung mit den ELSA-Ringen gezogen werden, reichen die 20 Stück vollkommen, ergänzte Kolb. Die Tiere stellen sich während dem Beringen tot und warten bis der „Feind“ weg ist. Danach würden sie wieder aktiv, erklärt Peter die Beringung. In der Regel befinden sich ein bis drei kleine Störche in den Nestern. „Ein Rekordergebnis haben wir in Neuhof Süd. Da waren fünf Jungvögel im Nest“, merkt Kolb stolz an.

Reinhard Kolb freue sich über die diesjährige Nachwuchsrate. Nicht immer seien es so viele Jungvögel. „Das hängt immer auch vom Wetter ab. Störche ernähren sich überwiegend von Regenwürmern, Mäusen und Fröschen. Ist es in einem Jahr sehr trocken, finden die Störche wenig Regenwürmer im Boden. Auch mäuse-schwache Jahre können zu weniger Nachwuchs bei den Störchen führen“, erklärt Klug.

Video: Die Störche sind zurück in Deutschland

20 Jahre lang habe es keine Weißstörche in Hessen gegeben. In Fulda sei es sogar noch länger gewesen, berichtet Peter. Erst durch die für die Störche attraktiven Brutmasten ging die Population wieder in die Höhe. „Die Masten werden so gut angenommen, da sie sehr hoch sind und frei stehen – dadurch haben die Störche einen freien Anflug. Die Lage in einem Auen-Umfeld wird gewählt, damit es genug Nahrung gibt“, erklärt Peter.

Nicht jeder Jungvogel überlebt und kommt ins geschlechtsreife Alter. Der Grund dafür seien unter anderem auch die Feinde der Störche, etwa der Uhu als Greifvogel. Die, die es schaffen, blieben dann überwiegend hier in der Region, berichtet Peter. „Es gibt aber auch Ausnahmen. In Neuhof Ost brütet zum Beispiel eine Storch-Dame aus der Schweiz. Andere Störche sind von Fulda nach Bebra oder auch bis an die Küste gezogen“, fährt Peter fort.

Bei der Beringung mit dabei war auch Eichenzells Bürgermeister, Johannes Rothmund (CDU). „Es ist ein Wunder der Natur und beeindruckend zu sehen, wie sich die Idylle der Störche und das Industriegebiet auf der anderen Straßenseite gegenüberstehen“, kommentiert er die Beringung. Die Störche, die dieses Jahr auf den Masten gebrütet haben, werden aller Wahrscheinlichkeit nach – sofern sie noch leben – nächstes Jahr wieder an der gleichen Stelle brüten. „Ein Storch hat eine größere Brutplatzbindung als eine Partnertreue“, erklärt Peter. (von Jasmin Herzberg)

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