An der ersten Station geht es um die Tiere im Wald. Ein Waschbär, eine Wildkatze, ein Grünspecht, der den Kopf hängen lässt – natürlich alle nur ausgestopft – haben die volle Aufmerksamkeit der Kinder. Doch an der Station sollen die Kinder ausnahmsweise nicht mit allen Sinnen den Wald erleben, was bei den restlichen Stationen aber erwünscht ist: „Wenn alle Kinder die Tiere anfassen, sehen die nachher aus wie ich“, sagt Andresen und nimmt die Erdbeermütze kurz ab, um mit der Hand über sein haararmes Haupt zu fahren. Die Kinder lachen kurz, finden aber den ausgestopften Grünspecht interessanter, weil ihm der Kopf fast abfällt. (Lesen Sie hier: Müll im Wald - Förster beklagt illegale Halden in seinem Revier)
Der Vogel hat wohl schon zum wiederholten Male an den Walderlebnistagen des Forstamtes Hofbieber teilgenommen. Denn die bietet das Forstamt nun schon im 28. Jahr für die Kinder der dritten und vierten Klassen der Grundschulen aus dem Landkreis an. Doch als Andresen dann zum Weitergehen aufruft, sind die Kinder sowieso gespannt, was an den anderen Stationen auf sie wartet und stapfen den Berg hoch und tiefer in den Wald hinein hinter Andresen her.
Leise soll dann ein Kind nach dem anderen durch den Wald gehen und auf dem „Schweigepfad“ die Geräusche wie das Vogelzwitschern, das Rauschen der Blätter imWind und das eigene Atmen und Fußstapfen wahrnehmen. Und tatsächlich: Knappe 20 Minuten lang schaffen es alle 15 Kinder, keinen Ton zu sagen und sich mit Handgesten und Gesichtsausdrücken zu verständigen.
An den weiteren Stationen lernen sie, dass der Eichelhäher der Freund des Försters ist, weil er vor dem Winter Eicheln als Nahrungsvorrat im Waldboden vergräbt und sich mehr als 2000 Verstecke merken kann, dass er aber mehr versteckt, als er zum Überleben braucht und deshalb aus manchen Eicheln kleine Eichen wachsen können.
Außerdem entdecken die Kinder bei genauem Begutachten eines Baus und ausgestopfter Tiere, dass der Dachs mit seinem flachen Körper und den großen Pfoten optimal geeignet ist, einen Bau zu graben – während der Fuchs sich dort aber auch einnistet und die beiden Tiere in dem Tunnelsystem eine Art Burgfrieden schließen, wie Andresen es erklärt. Besonders lachen müssen die Kinder, als der Förster den einzigen Grund nennt, aus dem der Dachs während des Winterschlafs seinen Bau verlässt: „Weil er mal muss und sich nicht den Bau vollmachen will – sonst läge er ja am Ende desWinters ein ganzes Stück höher“, sagt Andresen und grinst dabei. Etwas über den Wald zu lernen macht eben Spaß. Auch, als es an der Holzverarbeitungsstation ans Eingemachte geht: Denn die Essigessenz, mit der man Gewürzgurken herstellt, fällt in der Herstellung von Kleidung aus Buchenholz ab – und verfeinert die Cornichons, die die Kinder probieren.
An einem Tisch mit Blättern und Ästen erklärt dann die 22-jährige Forststudentin aus Göttingen, wie die verschiedenen Bäume imWald heißen, und dass die Douglasie nach Mandarinen und Zitronen riecht, wenn man ihre Nadeln zwischen den Fingern zerreibt.
Auch an den beiden letzten Stationen, die thematisch zusammengehören, wird es spannend. Hinter einer Kurve wartet hinter einem Schild, das vor Lebensgefahr warnt, der Forstwirtschaftsmeister Sebastian Menz. Er zeigt heute die vermutlich spektakulärste Station: das Baumfällen. Mit Sicherheitsabstand stellen sich die Kinder auf und rufen dann „Achtung, Baum fällt“, schnell surrt die Kettensäge von Harald Leinweber, der mit Menz die vonAndersen markierten Bäume erntet, und die etwa 30 Meter hohe Fichte wackelt und saust dann zur Erde. Von den Kindern gibt es für die Show tosenden Applaus.
Inzwischen ist es warm geworden in der Sonne – weshalb das Baumrücken den Kindern noch schwerer fällt: Sie ziehen an einem Baumstamm, aber nichts bewegt sich. Erst, als Andresen mit zieht, schaffen sie es, den etwa vier Meter langen Baumstamm zu bewegen. Dass das Abtransportieren der Baumstämme harte Arbeit ist, glauben die Kinder sofort und sind beeindruckt, dass diese Aufgabe bis vor einigen Jahren von einem Pferd erledigt wurde.
Als Andresen dann mittags, kurz bevor der Bus die Kinder am Forstamt abholt, fragt, ob sie immer noch so gut sind wie am Morgen, lautet die einstimmige Antwort: „Ja.“ Gefolgt von der das Försterherz erwärmenden Frage: „Können wir morgen wieder her kommen?“