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Turbulentes Jahr: Wilhelm Hartmann aus Fulda unterstützt seit sechs Monaten Flutopfer im Ahrtal

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Von: Leon Weiser

Fluthelfer Wilhelm Hartmann hat einige Geschenke bekommen, die er nun versteigern möchte.
Fluthelfer Wilhelm Hartmann hat einige Geschenke bekommen, die er nun versteigern möchte. © Leon Weiser

Es gibt Menschen, die in diesem Jahr besondere Dinge erlebt haben. Einer davon ist Wilhelm Hartmann aus Fulda, der sich für die Flutopfer im rheinland-pfälzischen Ahrtal einsetzt. Er ist seit Beginn der Katastrophe vor Ort und hilft den Menschen beim Wiederaufbau. 

Fulda - Der 48-jährige Wilhelm Hartmann aus Fulda ist Inhaber der Gärtnerei Hartmann. Statt eines normalen Alltags in dieser hat er Schlamm aus Häusern geräumt. Denn Hartmann fährt seit nunmehr sechs Monaten fast täglich in das Flutgebiet im Ahrtal und hat einige Veränderungen vor Ort miterlebt. Zwischenzeitlich stand Hartmanns Projekt in Ahrweiler auf der Kippe.

„Ich habe viele emotionale Momente erlebt. Für mich und viele andere Helfer hat am 15. Juli ein neuer Lebensabschnitt begonnen“, erzählt Hartmann, der vom hr4 zu einem von „Hessens Helden“ ausgezeichnet wurde. Zunächst war er dorthin gefahren, um bei der Wiederherstellung der Infrastruktur und der Bergung zu helfen. Dabei ging es darum, die Häuser vom Schlamm zu befreien sowie Möbel und andere Gegenstände zu bergen. „Wir haben insgesamt 100.000 Kubikmeter Material weggefahren. Dazu zählen Schlamm, Hausrat und Bäume“, berichtet der 48-Jährige.

Dazu zählte auch das Bergen von Menschen, die durch die Flutkatastrophe ums Leben gekommen sind. „Das sind Situationen, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Nicht nur Flutopfer, sondern auch Helfer müssen psychologisch betreut werden. Ich habe damit zum Glück weniger Probleme“, sagt er.

Fulda: Wilhelm Hartmann unterstützt seit sechs Monaten Flutopfer im Ahrtal

Die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz hat dieses Jahr im Sommer die Nation bewegt. Etliche Menschen sind gestorben, fast alle haben ihre Häuser verloren. Aber die Menschen wurden ihrem Schicksal nicht selbst überlassen. Zahlreiche freiwillige Helfer, auch aus der Region, kamen in die betroffenen Gebiete – einer von ihnen ist Hartmann, der die Flutopfer im Ahrtal seit Beginn der Katastrophe unterstützt. Der 48-Jährige empfindet die Unterstützung als selbstverständlich: „Ich habe bereits bei den Flutkatastrophen in Dresden 2002 und 2013 mitgeholfen. Ich habe das Helfersyndrom im Blut. Deswegen fiel mir die Entscheidung leicht.“

Er war maßgeblich daran beteiligt, dass in kurzer Zeit Versorgungszentren für die Betroffenen und das nach ihm benannte Containerdorf „Wilhelmshafen“ zur Unterbringung der Helfer entstanden.

Danach war für ihn aber nicht Schluss: Die kurzzeitige Hilfe ist zur dauerhaften Unterstützung geworden. „Es gab anfangs Schwierigkeiten, weil der Katastrophenfall zu früh aufgehoben wurde. Dadurch durfte die Bundeswehr nicht mehr offiziell helfen. Dennoch entstand eine tolle Zusammenarbeit mit freiwilligen Helfern, sodass wir vieles gemeinsam erreichen konnten“, blickt Hartmann zurück. (Lesen Sie auch: Hilfe für das Ahrtal: Zwei Frauen aus Fulda verkaufen Wein von Flutopfern)

Wilhelm Hartmann baut in Ahrtal eine Möbelhalle auf

Zum Erreichten zählt unter anderem der Bau des Containerdorfs, in dem es neben Schlafmöglichkeiten auch warme Duschen gibt. Vor allem letztere hebt er hervor, denn noch immer gibt es in den meisten Haushalten kein warmes Wasser. „Die Menschen wohnen in kalten Rohbauten, in denen es keine Heizung gibt. Auch der Strom fällt häufig aus“, erklärt er.

Es habe sich in den sechs Monaten zwar einiges getan, Hartmann unterstützt auch jetzt noch die Flutopfer im Ahrtal und weiteres wird sich tun: Im Februar kommenden Jahres ist geplant, eine Möbelhalle in Betrieb zu nehmen, um den Menschen neue Möbel zu geben. „Ich bekomme jedes Mal Gänsehaut, wenn ich an die letzten Monate zurückdenke. Es sind inzwischen Freundschaften fürs Leben entstanden“, erklärt der 48-Jährige, der vor der Katastrophe noch nie im Ahrtal gewesen ist.

In Zukunft werde er weiter im Ahrtal helfen. „Man kann nicht von Normalität sprechen. Die Situation hat sich zwar ein bisschen verbessert, aber die Menschen benötigen weiterhin Hilfe, weil viele Wohnungen verwüstet sind“, führt er aus. Vor allem die Welle der Hilfsbereitschaft und Solidarität habe ihn bewegt. „Alle sind sehr dankbar. Daher fühle ich mich in dem bestätigt, was ich mache.“

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