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Neue Technik, neuer Brennstoff-Mix: ZKW Otterbein wollen zehn Millionen Euro investieren

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Von: Volker Nies

ZKW Otterbein investieren zehn Millionen Euro in neue Technik und Brennstoffe
Die ZKW Otterbein wollen weniger Kohle verbrennen und dafür den Anteil der Alternativbrennstoffe von jetzt 60 auf bis zu 100 Prozent erhöhen. © Unternehmen

Die Zement- und Kalkwerke (ZKW) Otterbein wollen zehn Millionen Euro in neue Technik und geänderte Verfahren investieren. „Zukünftig zählt unsere Zementproduktionslinie zu den emissionsärmsten und ressourcenschonendsten weltweit“, sagt Geschäftsführer Winfried Müller. Die Bürgerinitiative übt Kritik, die Gemeinde äußert Wünsche. 

Müs - Das Unternehmen will eine „Heißgasfilter-SCR-Katalysator-Anlage“ einsetzen, um die Emissionen zu reduzieren. Sie kombiniert einen Heißgasfilter mit einem Katalysator in einer Funktionseinheit. Durch das neue Abgasreinigungsverfahren könnten die Luftemissionen bei der Zementproduktion deutlich reduziert werden.

Zudem würden durch das Vorhaben mehrere Tausend Tonnen CO2 pro Jahr eingespart, erklärt das Unternehmen aus dem Landkreis Fulda. „Wir leisten echte Pionierarbeit. Der Heißgasfilter-Katalysator ist eine weltweit einzigartige Anlage zur Abluftreinigung und daher ein echtes Leuchtturmprojekt in der Zementindustrie“, sagt Geschäftsführer Dr. Christian W. Müller.

Fulda: ZKW Otterbein investieren zehn Millionen Euro in neue Technik und Brennstoffe

Zwei weitere Maßnahmen sollen die Menge an Kohlendioxid, die in der Produktion freigesetzt werden, reduzieren: In der Zementklinker-Produktion wollen die ZKW weniger Kohle verbrennen und dafür den Anteil der Alternativbrennstoffe von jetzt 60 auf bis zu 100 Prozent erhöhen. In der Zementproduktion sollen mehr Hüttensand und Hüttensandmehl eingesetzt werden.

Dem Regierungspräsidium (RP) Kassel liegt ein Genehmigungsantrag der ZKW vor. Es erklärt auf Anfrage, wie sich die Zusammensetzung der Ersatzbrennstoffe ändern soll: „Neben den bisherigen Ersatzbrennstoffen aus Fluff, Tiermehl und Trockenschlamm sollen zukünftig auch Holzspäne eingesetzt werden.“

An Hüttensand und Hüttensandmehl aus externer Lieferung sollen im Jahr bis zu 25.000 Tonnen eingesetzt werden. Bürgermeister Florian Fritzsch (SPD) berichtet, dass das Unternehmen führende Köpfe der Gemeindepolitik bereits im April informiert habe. „Das war ein informativer und konstruktiver Austausch“, lobt Fritzsch.

Gemeinde Großenlüder will Antrag auf Einhaltung der umweltrechtlichen Rahmenbedingungen prüfen

Das RP forderte die Gemeinde auf, sich bis 1. Juli zu dem Projekt zu äußern. Zur Erarbeitung der Stellungnahme hat die Gemeinde ihren Anwalt und ein Ingenieurbüro eingeschaltet. „Unser Ziel war es von Beginn an, aus der Verpflichtung gegenüber den Menschen in Großenlüder auf die Einhaltung der umweltrechtlichen Rahmenbedingungen zu achten“, sagt Fritzsch. Immissionen dürften nicht das zumutbare Maß überschreiten.

„Daher legt die Gemeinde Großenlüder bei der Bewertung des ZKW-Antrags insbesondere Wert auf die Themen Staub und Schall“, sagt Fritzsch. Zudem fordere die Gemeinde, detaillierte Prüfungen der FFH-Verträglichkeit sowie eine Betrachtung der gesetzlich geschützten Biotope vorzulegen. Auch der Einfluss auf das Grundwasser müsse untersucht werden.

Fritzsch lobt, dass die ZKW in die Abgasreinigung und Entstaubung investiere, was zu einer Reduzierung von Stickstoffemissionen und Schadstoffen führen werde. Er begrüße auch die Bemühungen zur Reduzierung der CO2-Emissionen. Die Mitverbrennung von Abfällen („Fluff“) bei der Klinker-Erzeugung werde in Großenlüder kritisch gesehen. „Hier sind die Aufsichtsbehörden in der Pflicht, dass unerwünschte Effekte für Mensch und Umwelt vermieden werden“, sagt Fritzsch.

Bürgerinitiative fordert gesamtheitliche Betrachtung von Zementwerk, Kalkwerk und Steinbruch

Chris Lohfink, Vorsitzender der Bürgerinitiative „Pro Lebensraum“ sagt, die BI begrüße eine verbesserte Filtertechnologie und die Reduzierung der Luftschadstoffe, nicht aber die Erhöhung der Mengen an Ersatzbrennstoffen von 60 auf 100 Prozent. „Die vielfältigen Schadstoffe bleiben uns neben dem Raubbau an unserer Natur weiterhin erhalten“, sagt Lohfink.

Das Unternehmen wolle mit dem neuen Antrag sogar die erlaubten Maximalwerte für Nickel und Blei bei Tiermehl erhöhen. Die bislang verwandte Umweltverträglichkeitsprüfung stamme aus dem Jahr 2008. Eine Lärmmessung müsse durchgeführt werden und über mehrere Wochen gehen. (Lesen Sie auch: Massiver Widerstand gegen Steinbruch-Erweiterung der ZKW Otterbein - Anwohner fürchten die Folgen)

In jedem Fall müssten die jetzt geplanten Investitionen einerseits und die Pläne zur Erweiterung und Tieferlegung des Steinbruchs andererseits von den Behörden gemeinsam betrachtet werden. „Mit der Salamitaktik muss Schluss sein“, sagt Lohfink. „Nur eine gesamtheitliche Betrachtung aller drei Betriebsbereiche – Zementwerk, Kalkwerk und Steinbruch – kann die Umweltauswirkungen für Klima, Natur und Menschen aufzeigen“, sagt der BI-Vorsitzende.

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