„Die Lage ist wirklich schwierig. Wegen des Mangels an Kohlensäure mussten wir die Produktion schon mehrfach an halben oder ganzen Tagen einstellen“, berichtet Ulrich Klesper, Geschäftsführer der Hochstift-Brauerei in Fulda. „Zum Glück geht es jetzt in die Nebensaison. Jetzt können wir den Bedarf immerhin gerade so decken, um die Produktion aufrechtzuerhalten.“
Hochstift gehe es in dieser Hinsicht besser als vielen anderen Brauereien, denn das osthessische Familienunternehmen habe zum Glück einen Lieferanten, der die Kohlensäure selbst herstelle. Die Brauereien brauchen die Kohlensäure nicht für die Herstellung von Bier, aber für die Befüllung von Flaschen und Fässern. (Lesen Sie hier: Gas sparen im Haushalt: Mit diesen Tipps können Sie die Kosten senken)
In Nöten sind jetzt auch die beiden Mineralbrunnen Förstina in Eichenzell-Lütter und RhönSprudel in Ebersburg-Weyhers. Sie setzen ihrem Mineralwasser Kohlensäure zu, damit es angenehm sprudelt. Doch bei RhönSprudel kommen jetzt nur zwei Drittel der benötigten Liefermengen an, bei Förstina drei Viertel. Das berichten Natalie Schindel, Teamleiterin Marketing bei RhönSprudel, und Markus Wehner von der Förstina-Geschäftsleitung unserer Zeitung.
Beide Unternehmen leiden zudem darunter, dass sie nicht nur deutlich weniger Kohlensäure bekommen, sondern dass auch die Liefermengen erst eine Woche vor der Auslieferung feststehen. „Und natürlich ist die Kohlensäure auch viel teurer geworden. Aber das Problem ist nicht der Preisanstieg, sondern, dass wir nicht die Mengen bekommen können, die wir brauchen“, berichtet Wehner. (Lesen Sie hier: Nach mehr als 100 Jahren im Familienbesitz: RhönSprudel an ALMA Group verkauft)
Die beiden Brunnen verfolgen jetzt eine ähnliche Strategie: Sie tun alles dafür, dass ihre Erstmarken, also die Mineralwässer mit RhönSprudel- beziehungsweise Förstina-Etikett, weiter in den Handel geliefert werden können. Wenn die Produktion eingeschränkt werden muss, dann macht RhönSprudel das zunächst bei Süßgetränken wie Schorlen; Förstina reduziert die Abfüllung von Konsummarken mit viel Kohlensäure, wie beispielsweise „Justus Brunnen spritzig“.
An anderer Stelle mussten bereits drastischere Konsequenzen gezogen werden. Die Aktienbrauerei Kaufbeuren in Bayern hat ihre Limonaden-Produktion komplett eingestellt, wie der BR berichtet. Die Kohlensäure wird hier für die Bierproduktion zurückgehalten. Dessen Kohlensäure-Lieferant hatte sogar sein Werk komplett geschlossen.
Kohlensäure entsteht durch die Reaktion von Kohlendioxid und Wasser. Brauereien brauchen sie vor allem, um Tanks, Flaschen und Fässer „vorzuspannen“, damit das Bier beim Füllen nicht mit Luft in Kontakt kommt und beim Abfüllen nicht schäumt.
Nicht zuletzt die Mineralwasserhersteller haben ernsthafte Probleme. „An einzelnen Stellen wurde die Produktion schon zurückgefahren“, sagt der Sprecher der Genossenschaft Deutscher Brunnen, Tobias Bielenstein. Viele Hersteller bekommen zurzeit weniger CO2, als sie bestellt haben. Das liegt an der Düngemittelbranche.
„Als die Gaspreise extrem gestiegen sind, haben die Hersteller von Düngemitteln ihre energieintensive Produktion zurückgefahren“, sagt Bielenstein. „Ein Nebenprodukt der Herstellung ist CO2.“ Der Zusammenhang ist also: weniger Düngemittel gleich weniger Kohlendioxid gleich weniger Kohlensäure.
Als Reaktion auf den sich zuspitzenden Mangel an Kohlensäure will der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) Kohlendioxid aus Zementwerken als Rohstoffquelle für Brauereien nutzen. Die Zementwerke gäben bisher täglich Hunderttausende Tonnen CO2 über die Schornsteine als Abfallprodukte in die Luft ab.
Um die Möglichkeiten der CO2-Gewinnung etwa für die Getränkeindustrie auszuloten, stehe der Minister bereits im engen Austausch mit bayerischen Zementwerken, erklärt sein Ministerium. Es gebe Pilotprojekte, bei denen pro Tag rund zwei Tonnen Kohlendioxid abgeschieden und umgewandelt würden.