Weitere Umlagen für Gaskunden - RhönEnergie rät zu höheren Abschlägen
Auf Gaskunden kommt wegen des Ukraine-Kriegs mehrere Umlagen zu. Weil Mehrwertsteuer anfällt, verdient der Staat daran mit. Die Bundesregierung will weniger zulangen als möglich.
Fulda/Berlin - Die Bundesregierung will für einen befristeten Zeitraum einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz auf Erdgas verlangen. Die Steuer solle von bisher 19 auf 7 Prozent verringert werden, kündigte Kanzler Olaf Scholz am Donnerstag an. Mit dem Schritt würden die Gaskunden insgesamt stärker entlastet als sie durch die staatliche Gasumlage belastet würden. Er erwarte von den Unternehmen, dass sie die Steuersenkung eins zu eins an die Verbraucher weitergäben, sagte der SPD-Politiker. „Dies ist ein weiterer Schritt zur Entlastung.“
Gaspreise: RhönEnergie Fulda rät zu höheren Abschlägen
Hintergrund ist die Gasumlage, mit der Importeure ab Oktober wegen des Ukraine-Kriegs erhöhte Beschaffungskosten an die Verbraucher weitergeben können. Zahlen müssen dann alle Gasnutzer, ob Privatleute oder Unternehmen – und zwar zunächst etwa 2,4 Cent pro Kilowattstunde. Auf die Umlage fällt zudem Mehrwertsteuer an.
Die Bundesregierung wollte das eigentlich verhindern und so dafür sorgen, dass der Staat nicht mitverdient. Nach europäischem Recht ist es aber nicht vorgesehen, auf die Mehrwertsteuer zu verzichten. Der rechtliche Rahmen lasse keine Ausnahme zu, schrieb EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni in einem Brief an Finanzminister Christian Lindner. Die Bundesregierung habe allerdings die Möglichkeit, die geltende Mehrwertsteuer auf den EU-Mindestsatz von 5 Prozent zu senken.

Diesen Schritt wählt die Ampel-Koalition nun nicht. Stattdessen will sie den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent nutzen. In Deutschland gilt in der Regel ein Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Auf ausgewählte Waren fallen aber 7 Prozent an. Die jetzt verkündete Steuererleichterung soll für den Zeitraum der Gasumlage gelten, also bis Ende März 2024.
Etwa die Hälfte aller Haushalte in der Bundesrepublik heizt mit Gas. In der Region Osthessen sind es etwa 45 Prozent. Beispielrechnungen zufolge bedeutet die Umlage für einen Einpersonenhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden schon ohne Mehrwertsteuer jährliche Zusatzkosten von rund 121 Euro.
Weitere Umlagen festgelegt
Auf Gaskunden könnten neben der Gasumlage zur Rettung wichtiger Importeure noch weitere Umlagen zukommen. Vom 1. Oktober an müssen Gasversorger auf jede von Haushalten verbrauchte Kilowattstunde Erdgas 0,57 Cent für sogenannte Regelenergie zahlen, wie das Unternehmen Trading Hub Europe (THE) am Donnerstag in Ratingen mitteilte. Bei Firmen beträgt die Umlage 0,39 Cent je Kilowattstunde. Ob und in welcher Höhe diese Umlagen von den Gaslieferanten auf die Endverbraucher umgelegt werden, ist offen. Sie kämen dann zu der bereits veröffentlichten Gasumlage von 2,419 Cent je Kilowattstunde hinzu.
THE ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Ferngas-Netzbetreiber. Es setzt Regelenergie, also Gas, immer dann ein, wenn im bundesweit zusammenhängenden Gasnetz das Verhältnis zwischen ein- und ausgespeisten Gasmengen nicht ausgeglichen ist. Die Kosten werden umgelegt. Diese schon seit mehreren Jahren bestehende Umlage beträgt aktuell null Euro.
Auch die Höhe der Gasspeicherumlage wurde am Donnerstag veröffentlicht. Sie beträgt 0,059 Cent je Kilowattstunde. Bei einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden würde das Mehrkosten von 11,80 Euro ohne Mehrwertsteuer pro Haushalt pro Jahr nur für die Gasspeicherumlage bedeuten. Auch hier ist allerdings noch unklar, ob und wie sie auf die Verbraucher umgelegt wird. Die Gasspeicherumlage soll laut THE die Kosten ersetzen, die zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit entstehen, also für den Gas-Einkauf. (dpa)
Die RhönEnergie geht davon aus, dass für eine vierköpfige Familie mit einem Verbrauch von rund 18.000 Kilowattstunden allein durch die die neu erhobenen Umlagen monatliche Mehrkosten von etwa 55 Euro pro Monat entstehen. Das sind 660 Euro pro Jahr.
Der Fuldaer Versorger rechnet damit, allein bei der Gasumlage einen hohen zweistelligen Millionen-Betrag weiterzureichen. Für die RhönEnergie ist die Umlage letztlich ein durchlaufender Posten. Die Geschäftsführer Martin Heun und Dr. Arnt Meyer raten den Kunden, die Abschlagszahlungen für Gas zu erhöhen. „Sonst kommt auf sehr viele Menschen eine sehr hohe Nachzahlung zu.“ Rund 2000 Kunden hätten dies bereits getan.
Die RhönEnergie geht davon aus, dass die Preise langfristig weiter steigen und ruft zum Energiesparen auf. Und das nicht nur aus Kostengründen. Es sei - wenn nicht deutlich gespart würde - nicht auszuschließen, dass in Deutschland eine Gasmangellage herrsche. (dpa/zen)