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Personalnot in der Gastronomie: Viele freie Stellen nach Corona

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Von: Suria Reiche

EU-Mindestlohnvorgaben
Die personelle Situation in der Gastronomie ist vielerorts angespannt. (Symbolbild) © Jonas Walzberg/dpa

Sie arbeiten, wenn andere Feierabend haben. Beschäftigte in der Gastronomie müssen meist mit Einschränkungen leben. Während der Corona-Lockdowns kam auch Lohnverlust dazu. Manch einer hat sich einen anderen Job gesucht. Personalmangel in der Gastronomie ist die Folge – auch in der Region.

Fulda/Hünfeld - Gastronomie-Betriebe, die Corona überlebt haben, kämpfen nun mit Inflation, hohen Energiekosten – und Personalmangel. Dieser war ein Grund dafür, dass jüngst die Traditionsbäckerei Wess ihre Filiale in Horas geschlossen und gleiches für die Innenstadt angekündigt hat. Auch das beliebte Restaurant Mercado am Fuldaer Gemüsemarkt hat vor, Ende des Monats zu schließen. Jürgen Hochheimer, der gemeinsam mit seiner Ehefrau Dagmar und den Mitarbeitern die Gäste bewirtet, sagte gegenüber unserer Zeitung: „Wir suchen schon seit Langem nach Personal, aber das Problem ist: Sie kriegen einfach niemanden.“

Personalnot in der Gastronomie: Viele freie Stellen im Kreis Fulda

Dass die personelle Situation in der Gastronomie nicht nur in Fulda, sondern beispielsweise auch in Hünfeld angespannt ist, bestätigt auch Hünfelds Pressesprecher Helmut Käsmann: „In einem Fall musste der Regelbetrieb der Speisegaststätte sogar eingestellt werden. Die Gastronomie wird derzeit nur zu Veranstaltungen und Familienfeiern geöffnet.“

Betriebe aus dem Freizeit-Sektor, der laut dem Fuldaer Dehoga-Chef Steffen Ackermann in der Pandemie stark gelitten hat, würden gerade auch über Hünfeld hinaus vieles tun, um mit weniger Personal zurechtzukommen. „Zum Beispiel werden das Angebot auf der Speisekarte oder die Öffnungszeiten reduziert“ sagt Ackermann und spricht damit genau das an, was gerade der Nordsee-Imbiss in der Fuldaer Marktstraße tut. Hier mussten die Öffnungszeiten eingeschränkt werden, weil nicht genügend Personal zur Verfügung steht.

Mindestens fünf Angestellte fehlen, um den Betrieb wie gewohnt am Laufen halten zu können, heißt es von einer der verbliebenen vier Angestellten. Ihr und ihren Mitarbeitern bleibt nichts anderes übrig, als das Schnellrestaurant statt um 19 Uhr bereits um 15 Uhr zu schließen. „Das ist das, was wir stemmen können“, sagt die langjährige Mitarbeiterin, die von der momentanen Situation sehr überrascht ist: „So etwas habe ich noch nie erlebt.“

Die personelle Situation ist auch in der Tourismuswirtschaft in Poppenhausen angespannt, sagt Bürgermeister Manfred Helfrich (CDU). Das sei die Konsequenz aus dem Umgang mit der Pandemie in den vergangenen Jahren: „Die finanzielle Unterstützung des Staates durch Ausgleichszahlungen, die Möglichkeit der Kurzarbeit sowie die Aussetzung der Verpflichtung der Insolvenzanmeldung waren seinerzeit in der Hochphase der Pandemie zwar wichtige Bausteine zur Unterstützung der Tourismuswirtschaft, doch mit Zeitablauf suchten sich immer mehr Beschäftigte dieser Branche einen neuen Arbeitsplatz“, so Helfrich.

Zahlreiche Kräfte seien für immer verloren gegangen. „Wer soll jetzt, wenn die Pandemie wegen der deutlichen Reduzierung der Infektionslage ihren Schrecken verloren hat und nach dem erklärten Ende der Pandemie, die Arbeit machen, wenn Gastronomie und Beherbergungsgewerbe wieder voll öffnen können?“, stellt Helfrich in Frage. Verzweiflung und Existenzängste haben laut ihm im Gastgewerbe dramatisch zugenommen.

In der Rhön gebe es einige Betriebe mit mehr Schließtagen oder reduzierten Öffnungszeiten. Der Mittagstisch werde unter der Woche oft nicht mehr angeboten, die Küche und die Gaststätte selbst würden früher schließen als vor der Pandemie. Helfrich beschreibt die momentane Lage als Notbetrieb.

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Auch Großenlüders Bürgermeister Florian Fritzsch (SPD) hat in persönlichen Gesprächen mit Betreiberinnen und Betreibern gastronomischer Einrichtungen in der Gemeinde vom vorherrschenden Personalmangel und den damit verbundenen Schwierigkeiten mitbekommen. Die wöchentlichen Öffnungszeiten im Vergleich zur Situation vor der Corona-Pandemie seien oft eingeschränkt. Außerdem gebe es bei manchen Einrichtungen mehr Schließtage.

Dass Personal fehle, betreffe aber außer der Gastronomie auch die Handwerksbranche oder andere Betriebe, sagt Steffen Ackermann. Auch Käsmann sagt, dass das Problem sich nicht nur auf die Gastronomie beschränke: „Auch der Einzelhandel hat offenbar zunehmend Probleme. Eine Metzgereifiliale in Hünfeld musste deshalb bereits ihre Öffnungszeiten reduzieren.“ Dennoch sei der Freizeit-Sektor laut Ackermann nach der Pandemie am stärksten betroffen: „Wer früher als Kellner oder Koch gearbeitet hat und sich nun einen neuen Beruf gesucht hat, der ist schwer zurückzuholen.“

Die Kräfte haben laut Helfrich erfahren dürfen, dass es angenehmer ist, wenn man am Wochenende oder abends, beziehungsweise nachts nicht arbeiten muss. „Man hat sich daran gewöhnt und die neue Lebensqualität lieb gewonnen, man will nicht mehr zurück.“ Die Anstrengungen, nun neues Personal zu gewinnen, sind groß. Ackermann berichtet zum Beispiel vom gastronomischen Wettbewerb „Heimat“, mit dem Schülerinnen und Schüler für eine berufliche Laufbahn in der Hotellerie und Gastronomie begeistert werden sollen.

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