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Hilfe für das Ahrtal: Zwei Frauen aus Fulda verkaufen Wein von Flutopfern

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Von: Jana Albrecht

Oben wächst der Wein - unten hat die Flut alles zerstört: Zwei Fuldaerinnen helfen unter anderem den Winzern im Ahrtal.
Oben wächst der Wein - unten hat die Flut alles zerstört: Zwei Fuldaerinnen helfen unter anderem den Winzern im Ahrtal. © Thomas Frey/dpa

Brigitte Gefri und Sabine Engel aus dem Landkreis Fulda sind zwei von vielen Helferinnen, die nach der Flutkatastrophe im Ahrtal mit anpacken. Sie haben unter anderem eine Initiative gegründet und bringen Ahrtaler Wein nach Fulda, um betroffene Winzer zu unterstützen.

Fulda/Ahrtal - Kennengelernt haben sich Brigitte Gefri und Sabine Engel über einen Aufruf Gefris in den sozialen Medien. Für eine Familie im Ahrtal suchte sie dringend Küchenutensilien. Sabine Engel wollte längst helfen, konnte jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht selbst ins Ahrtal fahren.

„Ich habe die Bilder der Katastrophe gesehen und mich ohnmächtig gefühlt, ich wollte helfen, wusste aber nicht wie“, sagt sie. Kurzerhand räumte sie ihre Küchenschränke aus und durchforstete den Keller. Nur wenige Zeit später stand Brigitte Gefri bei ihr im Wohnzimmer (Lesen Sie auch: Tonnenweise Lebensmittel und Werkzeug - Ehepaar organisiert Hilfstransport für Flutopfer).

Fulda: Zwei Frauen aus Fulda unterstützen Flutopfer im Ahrtal - #ahrtalerhoffnungstropfen

Eigentlich wollte sie nur die Dinge abholen, doch Gefri begann über ihre Zeit im Ahrtal zu berichten und die beiden Frauen aus dem Landkreis Fulda freundeten sich an. Ihr gemeinsames Ziel: helfen. Anfang November gründeten sie gemeinsam mit fünf weiteren Menschen, die als Helfer der ersten Stunde, Spenden- und Sachgütersammler oder Seelentröster fungierten, die Initiative „#ahrtalerhoffnungstropfen“.

Damit unterstützt das siebenköpfige Team unter anderem Winzer aus dem Ahrtal und verkauft auf kleinen Glühweintreffs deren Wein. „Das Geld geht eins zu eins an die Winzer, genauso wie die Spenden, die wir sammeln und regelmäßig ins Ahrtal bringen“, betont Gefri.

Doch damit sei die Hilfe längst nicht beendet – vor Ort werde alles benötigt, was man braucht um ein ganzes Wohngebiet wieder aufzubauen. „Es braucht Handwerker, Techniker und Materialien jeglicher Art“, sind sich Gefri und Engel einig (lesen Sie auch hier mehr: Hilfe im Flutgebiet - Wilhelm Hartmann aus Fulda zählt zu „Hessens Helden“).

Flutkatastrophe im Ahrtal - „Die Menschen brauchten jemanden zum Zuhören“

An ihren ersten Tag im Ahrtal erinnert sich Gefri noch gut: „Als ich am 30. August um 17 Uhr in Grafschaft-Ringen mit meinem Camper-Van ankam und gerade die ersten Helfer aus dem Tal voller Schlamm und Schutt auf mich zukamen, fühlte ich mich schuldig, weil meine Kleidung so sauber war“.

Über die sozialen Medien wurde die 56-jährige Petersbergerin auf den „Helfer-Shuttle“ aufmerksam. „Ab da war für mich klar, dass ich dorthin fahre“, erzählt sie. „Es war unglaublich, zu sehen, wie viele dort in Vans, Anhängern oder sogar in ihrer BMW-Limousine übernachteten, um zu helfen“, sagt Gefri, die dort selbst für vier Wochen in ihrem Campervan hauste. 

Vor Ort traf man sich jeden Morgen am „großen Platz“, um die Gruppen für verschiedene Aufgabenfelder einzuteilen. „In der einen Gruppe waren zum Beispiel die ‚Stemmer‘, die den Putz von den Häusern schlugen, in einer anderen diejenigen, die Keller und Gärten vom Schlamm befreiten“, beschreibt Gefri.

Außerdem führte die ehemalige Personalchefin eines großen Reifenhändlers eine Woche lang für die Energie-Agentur Rheinland Pfalz eine Umfrage durch. „Mit 139 anderen lief ich von Haus zu Haus, um die Heizungssituation zu dokumentieren“, erzählt sie. Zu Anfang hätte sie nur nach der Heizung gefragt, aber nach und nach hätten sich daraus Gespräche entwickelt.

„Die Menschen brauchten vor allem jemanden zum Zuhören. Ich habe also meine Umfrage hinten angestellt und den Flutopfern, die ihr Zuhause in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli verloren haben, einfach nur zugehört“, berichtet Gefri und fühlt sich sichtlich betroffen an eine der schlimmsten Geschichten erinnert, die ihr erzählt wurde.

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„Eine Frau hat mir erzählt, dass sie – als das Wasser immer höher stieg – immer eine Treppenstufe weiter nach oben ging und Striche an die Wand zeichnete, die bis heute sichtbar sind – ein Bild das mir nicht mehr aus dem Kopf geht“. Doch das war längst nicht alles.

„Ein anderer Mann einer siebenköpfigen Familie sah einen Container auf sein Haus zuströmen. Er hat mir seine Gedanken in dem Moment beschrieben: ‚Wenn dieser Container die Kurve jetzt nicht bekommt, stehen hier morgen sieben Kreuze‘“.

Gefri weiß: „Das sind Dinge, die man sich in seinen schlimmsten Träumen nicht vorstellen kann“. Trotzdem habe es auch viel Gutes gegeben. „Wir haben gelacht und damit uns und die Flutopfer für einen kurzen Moment aus der Perspektivlosigkeit gerissen“, erinnert sie sich.

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