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Gersfelder Arzt Jürgen von Rosen wegen Dopingverdachts vor Gericht - Richter spricht klares Urteil

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Von: Laurenz Hiob

Der damals 75 Jahre alte Jürgen Freiherr von Rosen nahm 2014 zum wiederholten Mal an der 19. Ärzte- und Apotheker-WM in Oberammergau teil - und wurde Zweiter in seiner Altersklasse.
Der damals 75 Jahre alte Jürgen Freiherr von Rosen nahm 2014 zum wiederholten Mal an der 19. Ärzte- und Apotheker-WM in Oberammergau teil - und wurde Zweiter in seiner Altersklasse. (Archivfoto) © privat

Dr. Jürgen Freiherr von Rosen (83) ist in der Region als Mediziner bekannt, aber auch als passionierter Ausdauersportler. Der Rhöner stand am Dienstag wegen Dopingverdachts vor dem Amtsgericht Fulda - und wurde freigesprochen. Es ging um das Mittel DHEA.

Update vom 10. März, 10.18 Uhr: Der Ausdauersportler Dr. Jürgen Freiherr von Rosen ist am Dienstag vor dem Amtsgericht Fulda vom Vorwurf des Dopings freigesprochen worden. Die Sachlage war so klar, dass am Ende sogar die Staatsanwaltschaft auf Freispruch plädierte. Richter Christoph Höflich sprach von einem „eher kuriosen Fall“. Dr. von Rosen nannte die Entscheidung des Gerichts „vernünftig“. Es sei „wie erhofft“ ausgegangen, sagte der 83-Jährige, der einräumte, „eine gewisse Spannung“ gefühlt zu haben.

Richter Höflich sagte während der Urteilsbegründung zum früheren Besitzer der Gersfelder Schlossparkklinik: „Herr von Rosen geht als freier Mann – wohlwissend, dass Sie das Mittel nicht zu sportlichen Zwecken einsetzen dürfen.“ Das Gericht stellte klar, dass der Gesetzgeber Dopingmittel aus gutem Grund verbiete. Vordergründig ginge es aber nicht um Eigendoping, sondern formal um die Einfuhr eines Dopingmittels zu sportlichen Zwecken, was dem Arzt aus der Rhön nicht nachgewiesen werden konnte.

Von Rosens Aussagen, er habe DHEA als Anti-Aging-Mittel für seine Frau und sich verwendet, nicht um seine Leistung zu steigern, seien nicht zu widerlegen und deckten sich mit den Angaben der Sachverständigen des Regierungspräsidiums Darmstadt, Constanze Pein.

Dopingvorwurf: Gersfelder Medizinier Jürgen von Rosen vor Gericht

Erstmeldung vom 9. März, 6.02 Uhr:

Fulda - Am Dienstagvormittag steht der Arzt aus Gersfeld vor dem Amtsgericht Fulda, die Staatsanwaltschaft wirft ihm Doping vor: „Zur Leistungssteigerung bei Ihren jährlichen Marathonläufen“, heißt es im Strafbefehl, der unserer Zeitung vorliegt. Eine weitere Stellungnahme seitens der Staatsanwaltschaft gab es nicht; sie verwies auf die heutige Verhandlung.

Von Rosen war Besitzer der Schlossparkklinik in Gersfeld, 2019 hat er sie an seinen Sohn Martin übergeben. „Die Staatsanwaltschaft schießt hier deutlich über das Ziel hinaus“, findet von Rosens Anwalt, der Fuldaer Strafverteidiger Jörg-Thomas Reinhard (55). Beide äußern sich.

Erst die polizeiliche Durchsuchung wegen vermeintlich falsch ausgestellter Atteste vor gerade einmal anderthalb Monaten, die vom Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung befreiten. Am Dienstag der Prozess. Die Staatsanwaltschaft wirft Ihnen Doping vor. Finden Sie, Herr Dr. von Rosen, angesichts dieser juristischen Kalamitäten noch Zeit für Ihre eigentliche Arbeit als Mediziner?

Die Schlossparkklinik Gersfeld hat 2019 mein Sohn übernommen. Ich bin trotzdem noch beruflich tätig, vor allem viele frühere Patienten wollen noch von mir betreut werden. Mein ärztliches Wissen wird also gebraucht.

Dazu kommt Ihre sportliche Aktivität mit der Teilnahme an Ausdauerwettbewerben mit Ultramarathons bis 100 Kilometer.

Das stimmt. Sportlich bin ich weiterhin sehr aktiv. Ich trainiere und habe vor, wieder einen Marathon zu laufen, vielleicht am Rennsteig oder den in Frankfurt. Ich treibe sehr gerne Sport und relativ viel. In diesem Winter habe ich häufig Skilanglauf gemacht.

Sie sollen einen größeren Vorrat von dem Wundermittel DHEA in der Schweiz bestellt haben.

Ob das ein Wundermittel ist, müssen andere entscheiden. Mir als Arzt ist es als sehr gutes Anti-Aging-Mittel bekannt. Meine Frau ist acht Jahre älter als ich. Als sie 80 Jahre alt wurde, habe ich ihr dieses Präparat gegeben, da ich meine Frau noch lange am Leben und bei Gesundheit erhalten wollte. Inzwischen ist sie 90 und in relativ gutem Zustand. Wir sind 56 Jahre verheiratet und wollen möglichst noch einige Jahre zusammen erleben.

„Bei dem Angebot musste ich bestellen“: Ausdauersportler Jürgen von Rosen wird Doping vorgeworfen

Ihre Frau nimmt größere Mengen davon?

Moment, Moment. Ich habe gesehen, dass meiner Frau das Mittel guttut. Deshalb habe ich vor einigen Jahren selbst angefangen, DHEA zu nehmen. Man kann davon ausgehen, dass ich eines Tages meine Frau betreuen muss. Dazu muss ich dann natürlich in der Lage sein. Deswegen erschien mir DHEA ein geeignetes Mittel, zumal in der geriatrischen Literatur sehr gute Beurteilungen existieren. Sowohl das Marathonlaufen als auch die Einnahme von DHEA sollten mich gesund erhalten, damit ich in der Lage bin, meine Frau noch im hohen Alter zu betreuen.

Also brauchen Sie die doppelte Menge, weil Sie es beide einnehmen?

Im Internet lassen sich größere Mengen bestellen. Die Firma in der Schweiz hatte damals ein Sonderangebot. Weil wir beide es ja nehmen, lag es nahe, das Angebot zu nutzen. Die bestellte Menge hätte uns viereinhalb Monate gereicht. Bei unserer täglichen Dosis hätte ich alle 20 Tage eine kleinere Menge bestellen müssen, die vom Zoll toleriert wird.

Der Zoll hat also den Stein ins Rollen gebracht?

Ich habe zwar in der Schweiz bestellt, aber die Sendung kam wohl aus den USA über die englischen Kanalinseln - und landete beim Zoll. Der vermutete eine Dopingaffäre und ließ sich durch meine Argumente nicht überzeugen. Erschwerend kam hinzu, dass ich seinerzeit bei meiner Tochter in Amerika war und einen Termin bei der Kripo nicht wahrnehmen konnte.

Dr. von Rosen: Ich wusste nicht, dass dieses Mittel zu Dopingzwecken eingesetzt werden kann

Haben Sie denn nicht ahnen können, dass es Probleme geben könnte.

Ich wusste doch gar nicht, dass dieses Mittel zu Dopingzwecken eingesetzt werden kann. Denn in meiner medizinischen Literatur ist nichts von Doping angeführt. Deswegen bin ich davon ausgegangen, dass es ein sinnvolles und wirksames Anti-Aging-Mittel ist. Nicht mehr. Außerdem habe ich es niemals gezielt vor einem Wettkampf genommen, weil ich weder mein Leistungsvermögen steigern wollte, noch von dieser Funktion des Mittels wusste.

Herr Rechtsanwalt Reinhard, wie sehen Sie das?

Hier soll mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden. Ich verstehe nicht, warum der Staatsanwalt so hartnäckig ist. Hätte Herr Dr. von Rosen bei der Befragung der Staatsanwaltschaft nicht angegeben, dass er Hobbyläufer ist, wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, ein solches Verfahren vom Zaun zu brechen.

Die Herkunft Schweiz hat vielleicht die Alarmglocken läuten lassen?

Nein, das ist schlichtweg eine falsche Mutmaßung. DHEA ist jederzeit und überall frei erhältlich. Es wird in der Medizin anerkanntermaßen als Anti-Aging-Mittel verwandt und empfohlen. Es muss noch nicht einmal verschrieben werden. In der Schweiz hat mein Mandant nur deswegen bestellt, weil es ein Sonderangebot für mehrere Monate war. Deswegen mutmaßte die Staatsanwaltschaft einen Straftatbestand und hat Anklage erhoben.

Verteidiger Jörg-Thomas Reinhard: Hier soll mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden

Dass es zur Verhandlung kommt, wundert schon.

Dieses Verfahren hätte eingestellt werden müssen. Eine Einstellung des Verfahrens nach Paragraf 153 a der Strafprozessordnung gegen Zahlung einer Geldauflage von 1000 Euro war angedacht. Damit war mein Mandant aber verständlicherweise nicht einverstanden, denn diese Form der Einstellung beinhaltet einen strafrechtlichen Vorwurf, ein Geschmäckle bliebe also. Das sah mein Mandant nicht ein, denn hier ist aus meiner Sicht in strafrechtlicher Hinsicht Herrn Dr. von Rosen nicht ansatzweise ein Vorwurf zu machen.

Dann ist aber doch ein Prozess unabwendbar, oder?

Der Staatsanwalt schießt hier deutlich über das Ziel hinaus. Ich habe vor der Hauptverhandlung mehrfach darauf hingewiesen, dass mein Mandant keinerlei Kenntnis davon hatte, dass DHEA ein Dopingmittel darstellen kann und dass er es nur aus gesundheitlichen Gründen für seine Frau und sich eingesetzt hat.

Das kann aber doch jeder behaupten.

Ja, schon, aber bei dem, was die Staatsanwaltschaft anklagt, handelt es sich um ein sogenanntes abstraktes Gefährdungsdelikt. Das heißt, die Staatsanwaltschaft unterstellt meinem Mandanten, Dopingmittel in nicht geringer Menge eingeführt zu haben - mit dem Ziel, im Wettkampf voranzukommen. Mein Mandant als erfahrener Mediziner hätte nach Auffassung des Staatsanwalts wissen müssen, dass es sich um ein Dopingmittel handelt. Das ist doch aberwitzig, er läuft seit 1980 Marathons ohne Dopingmittel, hat noch nie gewonnen oder Preise bekommen. Er tut das, um seiner Gesundheit Gutes zu tun. Was hätte er mit Doping bezwecken wollen, dass er 14. seiner Altersklasse wird und nicht nur 17.? Meinem Mandanten war in keinster Weise bekannt, dass dieses Mittel zu Dopingzwecken eingesetzt werden kann. Da der Zweck der Bestellung entscheidend ist, liegt es auf der Hand, weshalb mein Mandant dieses Mittel bestellt hat: Er möchte das Mittel, das er seiner Frau schon seit langem verabreicht, selbst als Anti-Aging-Mittel einsetzen. Das ist in der Medizin anerkannt und wird nicht nur von Herrn Dr. von Rosen so praktiziert und seinen Patienten empfohlen, sondern von einer Vielzahl von Medizinern.

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