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Nachtisch statt Nackensteak: Wie sich das Grillen in den vergangenen Jahren verändert hat

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Von: Hanna Wiehe

Nachtisch auf dem Grill
Immer häufiger kommt etwas anderes als Fleisch auf den Grill - wie zum Beispiel Nachtisch. © dpa

Grillen – heutzutage beschreibt das nicht so sehr eine Tätigkeit, als vielmehr ein Lebensgefühl. Was hat sich geändert in den vergangenen Jahren? Darüber haben wir mit dem Fuldaer Volker Elm, ehemaliger Präsident der German Barbecue Association (GBA), gesprochen.

Fulda - „Was mich am meisten freut, ist, dass den Leuten inzwischen bewusst geworden ist, was sie sich auf den Grill legen“, betont Volker Elm. Es muss auch nicht immer Fleisch sein – auch Gemüse wird öfter auf dem Rost zubereitet, hat Elm beobachtet: „Dieses Jahr gab es sogar die erste Deutsche Vegane Grillmeisterschaft im fränkischen Bad Windsheim.“

Als er damals bei der Grillmeisterschaft 2016 – der ersten, die in Fulda stattfand – erklärte, man werde bei dem Wettbewerb keine Bratwurst grillen und stattdessen einen vegetarischen Gang einplanen, wurden plötzlich die Medien deutschlandweit auf Elm aufmerksam – sogar über die Grenzen der Republik hinaus.

Barbecue-Hype in Deutschland: So hat sich Grillen verändert

„Da war ich der Bratwurstmörder“, sagt Elm und lacht. Doch sei damals auch Aufmerksamkeit dafür entstanden, was es alles über die Klassiker auf dem Rost hinaus noch gibt – und dass überhaupt so etwas wie eine Grill- und Barbecuekultur existiert. (Lesen Sie auch: Grill-Weltrekord gescheitert: 150 Bilder fehlen für das Guinness-Buch)

„Früher gab es das klassische Dreibein von der Tankstelle“, erinnert sich Volker Elm. „Da legte man sein Grillgut auf den Rost, hatte die direkte Hitze, fertig.“ Das ist nicht mehr vergleichbar mit den heutigen High-Tech-Geräten. „Heute gibt es ganz andere Möglichkeiten, zum Beispiel das Grillen mit Gas oder Pellets, und ganz andere Möglichkeiten, die Temperatur zum Garen einzustellen.“

„Noch vor Jahren gab es keinen Grillshop in der Region“, sagt Volker Elm. „Doch heute gibt es kaum einen Laden mehr, der nicht eine Grillabteilung hat – sei es der Baumarkt oder der Einrichtungsladen. Heute ist die Vielfalt der Grillhersteller groß, und es gibt Unmengen an Grillrezepten und Kochbüchern. So mancher schafft sich sogar einen Dry-Ager an, um sein Fleisch selbst zu reifen.“

„Denken wir mal sechs, sieben Jahre zurück: Was lag da beim Fleischer in der Theke? Vielerorts vor allem Wurst, Kammsteak und Grillfackeln“, sagt Volker Elm. „Kaum jemand hat Rindfleisch auf den Grill gelegt, weil alle sagten ,Das geht nicht.‘ Auch Hähnchenflügel hätte man früher nicht gekriegt. Heute gibt es viel mehr Zuschnitte vom Fleisch, die wir früher alle nicht gekannt haben. Das Angebot ist viel größer geworden. Und die Leute sind bereit, mehr dafür zu bezahlen.“

Experte Volker Elm: „Die Barbecueszene hat die Harleyszene abgelöst“

„Was sich stark geändert hat, ist die Bereitschaft, mit mehr Gewürzen als Salz und Pfeffer zu würzen – zum Beispiel mit Koriander oder Kreuzkümmel“, sagt der Fuldaer. „Den Leuten wird bewusst, was für tolle Aromen es in anderen Teilen der Welt gibt.“ Auch die Vielfalt an Barbecuesoßen sei heute immens. „Und heute bezahlen die Leute elf Euro für eine Flasche – das wäre früher nie möglich gewesen.“

Neue Serie

„Feuer und Flamme“ heißt unsere neue achtteilige Serie, die in den kommenden vier Wochen in der Printausgabe der Fuldaer Zeitung und im E-Paper erscheinen soll. Der Name ist Programm: Wir stellen Grilltrends vor, geben Tipps für die Sicherheit am Rost und verraten Ihnen das eine oder andere Rezept – auch vegetarisch und vegan. Und wir verraten Ihnen, worauf Sie sich bei der Grillmeisterschaft in Fulda am 6. und 7. August freuen können.

Das gilt aber auch für die Lebensmittel: „Die Leute grillen nicht mehr jeden Tag Fleisch, aber wenn, dann soll es etwas Gutes sein, da bezahlt man dann auch das Geld dafür.“ Und warum auch nicht? „Ich will doch meine Heimat unterstützen und hier Arbeitsplätze erhalten. Wir haben so eine tolle Region, was Lebensmittel und Produkte angeht, das ist uns Fuldaern manchmal gar nicht bewusst.“

Volker Elm bereitet in Halle 8 leckere Gerichte zu.
Grillexperte Volker Elm. © privat

„Die Barbecueszene hat die Harleyszene abgelöst“, findet Elm: „Die Harleyfahrer, das waren früher die Schrauber, heute fährt jeder Harley, der es sich leisten kann. Der Griller, das war früher oft jemand in kurzen Hosen, mit Adiletten und einer Flasche Bier, der Würstchen gedreht hat. (Lesen Sie hier: Quelle langen Lebens? Wissenschaftler raten: Diese Lebensmittel sollten Sie essen)

Heute besitzen manche Leute einen Grill, der 5000 Euro kostet, darauf Fleischstücke für 100 oder 200 Euro, der Champagner liegt im Kühler. Das Grillen hat ein ganz anderes Bild in der Gesellschaft bekommen. Die Barbecuekultur, die in den vergangenen Jahren entstanden ist, gab es früher nicht.“

Video: Die vegane Grillmeisterschaft

Dabei gilt immer häufiger: Nachtisch statt Nackensteak. „Allein durch die Technik trauen sich nun viel mehr Menschen – vor allem auch Frauen – das Grillen zu und probieren tolle Sachen aus, wie Flammkuchen, asiatisches Gemüse oder Nachtisch vom Grill. Jeder packt mit an, man kann bei der Familie sein und niemand muss allein in der Küche werkeln“, sagt Volker Elm. Grillen ist für ihn, so sagt er, das beste Mittel gegen Depression: „Denn du grillst nie für dich alleine, sondern lädst Freunde und Nachbarn ein. Heute wird die Gemeinschaft zelebriert.“

„Wir sind noch nicht am Ende, was den Barbecue-Hype angeht“, mutmaßt Volker Elm. In der Corona-Pandemie seien die Menschen daheim geblieben, konnten nicht in den Urlaub fahren – und steckten ihr Geld zum Beispiel in den Umbau ihrer Gärten und die Einrichtung von Outdoorküchen oder großer Grills. „Nach vier oder fünf Jahren ist dieser Hype aber vielleicht wieder vorbei“, sagt Elm.

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