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Das Handy als Problem? Immer mehr Fahrschüler fallen durch die Prüfungen

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Von: Sophie Brosch

Der Führerschein bleibt in Deutschland die Grundlage für Mobilität, die Zahl der Fahrprüfungen steigt auf ein Rekordniveau. Allerdings enden auch immer mehr Prüfungen ohne Erfolg – auch in Hessen. Politik und Verbände haben dazu mehrere Theorien.

Fulda - Der Wunsch nach einem Führerschein ist in Deutschland ungebrochen. Nach Angaben des Tüv-Verbands wurde 2022 ein Rekord bei der Zahl der Führerscheinprüfungen erreicht. Es gab 3,6 Millionen theoretische und praktische Prüfungen - das sind etwa 20.000 praktische Prüfungen mehr als 2019; dem bisherigen Rekordjahr. Auch in Hessen bleibt die Zahl der Prüfungen auf einem nach wie vor hohen Niveau. Allerdings ist auch die Durchfallquote enorm gestiegen: Mehr als ein Drittel der Fahrschülerinnen und Fahrschüler fiel 2022 hessenweit in der Theorie durch, über ein Viertel in der Praxis.

Hessen: Immer mehr Fahrschüler fallen durch die Prüfungen

Die Suche nach den Gründen gestaltet sich schwierig. Einer ist aus Sicht der Prüforganisationen der komplexer und dichter werdende Straßenverkehr - auch wenn laut ADAC der Verkehr auf Hessens Straßen 2022 noch nicht das Vor-Corona-Niveau erreicht hat. Zudem habe die schulische Verkehrserziehung an Umfang verloren, wie Uwe Herrmann, Leiter des Tüv Hessen bemängelt.

Und er äußert eine eigene Beobachtung: „Schon seit Jahren sind Kinder und Jugendliche im Auto abgelenkt. Sie werden auf dem Rücksitz mittels DVD-Player ruhiggestellt und achten nicht mehr auf den Verkehr.“ Deshalb müssten Verkehrsregeln in der Fahrschule heute bewusster gelernt werden als früher.

Diese Theorie teilt Kurt Bartels, Vize-Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände: „Der junge Mensch, der heute in die Fahrschule kommt, hat eine ganz andere Verkehrswahrnehmung als noch vor 20 Jahren – nämlich eine geringere.“ Er führt das auch auf die Handy-Nutzung zurück. „Schauen Sie mal in ein Auto, ob die Kinder auf die Straße schauen. Nein, sie gucken auf ihr Smartphone. Sie gehen zu Fuß und gucken auf ihr Smartphone“, sagt Bartels.

Nach Rheinland-Pfalz und Bayern sind 2021 in Hessen bundesweit die wenigsten Fahrschüler in Theorie und Praxis durchgefallen. Der hessische Tüv begründet dies mit der guten Ausbildung durch die Fahrschulen, einem wirtschaftlich stabilen Umfeld und einer funktionierenden Fahrschulüberwachung.

In Deutschland fallen immer mehr Fahrschüler durch die praktischen Führerscheinprüfungen.
In Deutschland fallen immer mehr Fahrschüler durch die praktischen Führerscheinprüfungen. © Armin Weigel/dpa

Auffällig ist auch, dass die Durchfallquoten für den Führerschein mit 17 um einige Prozentpunkte geringer sind als jene für den normalen Auto-Führerschein der Klasse B. Uwe Herrmann erklärt: „In der Regel haben wir es beim begleiteten Fahren mit Jugendlichen zu tun, die engagiert sind und die von den Eltern bzw. Begleitpersonen unterstützt werden – auch finanziell.“

In den vergangenen Jahren ist der Pkw-Führerschein deutlich teurer geworden. Laut ADAC kostet eine Fahrstunde à 45 Minuten heute zwischen 55 und 70 Euro. Die Zahl der normalen Übungsfahrten hängt dabei vom individuellen Lernfortschritt ab. Manche schaffen es in zehn, andere brauchen 25 Übungsstunden. Hinzu kommen für alle zwölf Sonderfahrten, zum Beispiel auf der Autobahn oder bei Dunkelheit. Für das Lernmaterial wie Bücher, Online-Medien und Zugänge zu Führerschein-Apps werden rund 90 bis 120 Euro fällig.

Lenken Smartphones vom Straßenverkehr ab?

Die Gebühr für die Vorstellung zur theoretischen Prüfung, also die Anmeldung durch die Fahrschule, kostet 60 bis 70, die zur praktischen Prüfung 160 bis 250 Euro. Hinzu kommen die Prüfungsgebühren von Tüv oder Dekra, die deutschlandweit einheitlich sind. Für die theoretische Prüfung fallen aktuell 22,49 Euro an, für die praktische Prüfung 116,93 Euro. Somit kostet ein Führerschein der Klasse B heute zwischen 2100 und 3800 Euro. Zum Vergleich: 2013 zahlte man für den Pkw-Führerschein durchschnittlich noch zwischen 1070 und 1800 Euro.

Die Fahrprüfungen wurden in den vergangenen Jahren stets weiterentwickelt. Unter anderem wurde die Dauer der praktischen Fahrprüfung 2021 um zehn Minuten verlängert.

Zudem werden immer mehr Führerschein-Prüfungen mit einem Automatikauto gemacht, wie der Bundesverband deutscher Fahrschulunternehmer mitteilt. Diesen Trend beobachtet auch der Tüv Hessen. Dadurch kommen in Fahrschulen zunehmend Elektroautos zum Einsatz.

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