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Wilke-Fleischskandal beschäftigt Justiz weiterhin - Gemeinde bereitet Abriss der Firma vor

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Die Firma Wilke in Twistetal (Landkreis Waldeck-Frankenberg) war im Oktober 2019 geschlossen worden, nachdem in ihrer Wurst Listerien-Keime nachgewiesen wurden.
Die Firma Wilke in Twistetal (Landkreis Waldeck-Frankenberg) war im Oktober 2019 geschlossen worden, nachdem in ihrer Wurst Listerien-Keime nachgewiesen wurden. (Archivfoto) © Uwe Zucchi/dpa

Der Lebensmittelskandal der Firma Wilke Wurstwaren beschäftigt die ermittelnden Behörden seit fast zweieinhalb Jahren. Weiter offen ist die Frage, wie viele Menschen durch die listerienverseuchten Fleischwaren geschädigt wurden.

Twistetal/Kassel - Fast zweieinhalb Jahre ist es her, dass der Lebensmittelskandal um den Fleischerhersteller Wilke aus Hessen für Schlagzeilen sorgte. Die Firma in Twistetal (Landkreis Waldeck-Frankenberg) war im Oktober 2019 geschlossen worden, nachdem in ihrer Wurst Listerien-Keime nachgewiesen wurden.

Bis heute gehen die Ermittler der Frage nach, wie viele Menschen infolge der Listerieninfektion nachweislich geschädigt wurden. Die Keime können bei geschwächtem Immunsystem lebensgefährlich sein. (Lesen Sie auch: Schlüchtern: Dirk Ludwig verkauft immer mehr Fleisch über das Internet)

Hessen: Wilke-Fleischskandal beschäftigt Justiz weiterhin

„Die Ermittlungen betreffen auch weiterhin den anfänglichen Verdacht der fahrlässigen Tötung, fahrlässigen Körperverletzung, des Verstoßes gegen das Lebensmittel- und Futtergesetzbuch sowie des gewerbsmäßigen Betruges“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Kassel.

Ermittelt werde in 37 von den Gesundheitsämtern gemeldeten Fällen einer Listerioseerkrankung. In 35 dieser Fälle bestehe nach aktuellem Stand weiterhin der Verdacht, dass die Patienten nicht unerhebliche Krankheitssymptome entwickelt hätten, die auf eine Listerieninfektion zurückzuführen seien. (Lesen Sie auch: Fleischpreise sinken - Schweinebetriebe in Fulda zehren von Reserven)

„Im Laufe der Zeit sind 28 Patienten verstorben, wobei sämtliche der 37 gemeldeten Personen unter erheblichen Grunderkrankungen mit massiven Risiken litten, das heißt, es sich überwiegend um schwerst kranke Personen handelte“, erläuterte der Sprecher. „Einen Ursachenzusammenhang zwischen einer Listerieninfektion und dem Todeseintritt kann ich nach gegenwärtigem Ermittlungsstand nicht bestätigen.“

Video aus dem Archiv: Keime in Wurst - Ermittlungen gegen Wilke-Geschäftsführer

Ob Anklage gegen den Geschäftsführer, die stellvertretende Geschäftsführerin und den Produktionsleiter der Wilke Waldecker
Fleisch- und Wurstwaren GmbH & Co. KG erhoben wird, sei derzeit noch offen. Darüber könne erst nach Abschluss der Ermittlungen eine Aussage getroffen werden. An ihnen sind neben der Kasseler Staatsanwaltschaft die Kripo Korbach, rechtsmedizinische Sachverständige aus Gießen, fachmedizinische Sachverständige sowie ein externes Sachverständigenunternehmen beteiligt.

Noch stehen dem Sprecher zufolge medizinische Gutachten aus. Auch die Auswertung des umfangreichen Datenbestandes dauere an. „Ob mit einem Abschluss des Verfahrens im Jahr 2022 gerechnet werden kann, ist nicht mit Sicherheit zu prognostizieren, zumal der Verteidigung Gelegenheit zur Stellungnahme nach Abschluss der Ermittlungen zu bieten ist.“

Auch das Insolvenzverfahren des Fleischherstellers ist noch nicht abgeschlossen, sagte eine Sprecherin des zuständigen Amtsgerichts Korbach. „Der vom Gericht beauftragte Sachverständige erstellt derzeit noch sein Sachverständigengutachten zur Frage des Vorliegens der Zahlungsunfähigkeit der Wilke Waldecker Fleisch- und Wurstwaren GmbH & Co. KG.“ Der weitere Verfahrensablauf hänge vom Ergebnis des Gutachtens ab.

Gemeinde bereitet Abriss auf dem Wilke-Areal vor

Derweil gehen die Vorbereitungen der Gemeinde Twistetal zum Abriss der Firma weiter. Die Kommune hatte das ehemalige Firmengelände erworben, nachdem Wilke Insolvenz angemeldet hatte. Ursprünglich sollte es an einen ortsansässigen Unternehmer weiterverkauft werden. Der Plan war aber nach Widerstand in der Kommune auf Eis gelegt worden.

Nun will die 4000-Einwohner-Gemeinde alle Gebäude auf dem etwa 35.000 Quadratmeter großen Areal abreißen und das Gelände für eine neue Nutzung erschließen. Auf der brachliegenden Fläche mitten im Ortskern soll ein Neubaugebiet entstehen, das Wohnraum für 200 bis 300 Menschen bieten könnte. Gebaut werden sollen zudem Büros und Dienstleistungsflächen.

„Der Rückbau ist beschlossen. Im Haushalt sind 3,3 Millionen Euro für das Projekt vorgesehen“, sagte Twistetals Bürgermeister Stefan Dittmann (FDP). Aktuell warte man auf das Abrissgutachten. Das Gelände werde beprobt, es lägen Altlasten vor. „Wir wissen nicht, was da auf uns wartet“, so Dittmann. Mit einem Ergebnis rechnet er spätestens bis Ostern. (dpa)

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