Sexualisierte Gewalt an Kindern: Zahlreiche Wohnungen in Osthessen durchsucht

Im Einsatz gegen sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen haben in der vergangenen Woche in ganz Hessen Wohnungsdurchsuchungen stattgefunden. Auch in Osthessen waren die Ermittler aktiv.
Wiesbaden/Fulda -Großer Einsatz für die BAO FOKUS (Besondere Aufbauorganisation für fallübergreifende Organisationsstruktur gegen Kinderp*rnografie und sexuellen Missbrauch von Kindern): 324 Polizistinnen und Polizisten haben in der vergangenen Woche die Wohnräume von 106 Männern und Frauen durchsucht.
Fulda: Kinderp*rnos und Missbrauch - Durchsuchungen in Osthessen
Im Auftrag der hessischen Staatsanwaltschaften hat das Hessische Landeskriminalamt (LKA) den Einsatz koordiniert. Das LKA teilt in einer Pressemeldung mit, dass die im Raum stehenden Vorwürfe gegen die 106 Beschuldigten schwer wiegen: 9 sollen Kinder oder Jugendliche sexuell missbraucht haben, 97 Kinder- oder Jugendp*rnografie hergestellt, besessen oder verbreitet haben.
Während des von Montag (20. März) bis Freitag (24. März) dauernden Einsatzes sei zwar niemand festgenommen worden, jedoch mussten mehrere der Beschuldigten die Einsatzkräfte zwecks Vernehmung auf die Dienststelle begleiten.
Laut Meldung stehen - nach jetzigem Kenntnisstand - die Männer und Frauen untereinander nicht im Austausch. „Vielmehr handelte es sich bei dem Einsatz um eine sogenannte konzertierte Aktion, bei der innerhalb eines kurzen Zeitraums viele Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt wurden“, schreibt das LKA.
Die Einsätze fanden in den Städten Darmstadt, Frankfurt am Main, Offenbach am Main, Hanau sowie Wiesbaden statt, außerdem in den Landkreisen Bergstraße, Darmstadt-Dieburg, Fulda, Groß-Gerau, Kassel, Lahn-Dill, Limburg-Weilburg, Main-Kinzig, Main-Taunus, Marburg-Biedenkopf, Rheingau-Taunus, Schwalm-Eder, Odenwald, Offenbach, Vogelsberg und Wetterau. Dabei wurden insgesamt 126 Smartphones sichergestellt, zudem 112 Computer und Laptops, 153 USB-Sticks, 321 CDs und DVDs sowie 279 weitere deliktsspezifische Gegenstände. Diese werden laut Mitteilung nun ausgewertet, um den jeweiligen im Raum stehenden Vorwurf zu erhärten oder zu entkräften.
Zahlreiche Wohnungen in Osthessen durchsucht
Im Landkreis Fulda hat es drei Durchsuchungen gegeben mit insgesamt fünf Beschuldigten. Es handelt sich um Männer im Alter von 17, 26, 33, 60 und 85 Jahren. Ihnen wird die Verbreitung von Kinderp*rnografie vorgeworfen. Im Vogelsbergkreis wird dasselbe insgesamt vier männlichen Beschuldigten im Alter von 17, 22, 27 und 72 vorgeworfen, dort hat es vier Durchsuchungen gegeben.
Im Main-Kinzig-Kreis wiederum sind acht Wohnungen durchsucht worden. Auch hierbei geht es um den Vorwurf der Verbreitung von Kinderp*rnografie. Beschuldigt werden Männer im Alter von 20, 26, 29, 32, 34, 45 und 52. Eine der acht Durchsuchungen richtete sich gegen einen 31-Jährigen. Ihm wird sexueller Kindesmissbrauch vorgeworfen. Dies teilte eine Sprecherin des Landeskriminalamts auf Nachfrage unserer Zeitung mit. Zu den Orten, in denen die Durchsuchungen stattgefunden haben, macht das LKA keine Angaben.
Hintergrund BAO FOKUS
Die BAO FOKUS (Besondere Aufbauorganisation für fallübergreifende Organisationsstruktur gegen Kinderp*rnografie und sexuellen Missbrauch von Kindern) hat aufgrund steigender Fallzahlen im Bereich der sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Oktober 2020 ihre Arbeit aufgenommen.
Seither wurden 56 Haftbefehle vollstreckt, über 1700 Beschuldigte erkennungsdienstlich behandelt und mehr 60.000 Datenträger sichergestellt. In der BAO arbeiten hessenweit über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind über 190 Ermittlerinnen und Ermittler.
Sie ist organisatorisch im Hessischen Landeskriminalamt angesiedelt. Über den dortigen Führungsstab wird eine landesweite Koordination der Einsatzmaßnahmen gewährleistet. In jedem der sieben hessischen Polizeipräsidien wurde ein Regionalabschnitt gebildet.
Das LKA teilt weiter mit, dass die strafrechtlichen Verjährungsfristen bei sexuellem Kindesmissbrauch bis zum vollendeten 30. Lebensjahr des Opfers ruhen. Die Fristen betragen - je nach Schwere der Tat - zwischen fünf und 20 Jahren. Das bedeutet, dass Opfer auch im Erwachsenenalter Taten, die ihnen als Kinder widerfahren sind, noch anzeigen können.
Das Hessische Landeskriminalamt ruft dazu auf, solche Taten anzuzeigen. Denn dadurch könnten Täter bestraft und womöglich weitere Straftaten an Kindern und Jugendlichen verhindert werden. In Notfällen oder Gefahrensituationen sollte immer der Notruf der Polizei (110) gewählt werden. „Anruferinnen und Anrufer werden mit einer Beraterin oder einem Berater der hessischen Polizei verbunden“, heißt es.
Unter anderem wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen hat die Generalstaatanwaltschaft Frankfurt am Main beim Landgericht Fulda im vergangenen Jahr Anklage gegen einen 47-jährigen Mann aus Göttingen erhoben. (jeb, jhz)