Irgendwann habe er seine Hunde gepackt und sei zum Auto gerannt, beschreibt er seine Flucht aus der Wohnung. Er ist anschließend noch zweimal reingegangen, um seinen Koffer und Geld zu holen. Den Koffer hatte er bereits gepackt, weil er ursprünglich in den Urlaub fahren wollte. (Lesen Sie auch hier: Nach Flutkatastrophe: Fahrschul-Lkw fährt 120 Heuballen ins Krisengebiet)
Ihm gingen zwei Gedanken durch den Kopf, als er im Auto saß: „Wie weit steigt das Wasser noch?“ und: „Ich übertreibe doch.“ Er habe sich sofort bei seinem Chef von der Arbeit abgemeldet. Als Rill in Fulda ankam, sei ihm das Ausmaß der Katastrophe erst bewusst geworden, als er Bilder und Videos im Fernseher und in der Zeitung gesehen habe. Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe er gewusst, dass er mit seiner schnellen Flucht und der Absage an der Arbeit nicht übertrieben hatte. „Als ich später wieder in die Wohnung wollte, habe ich an den Flecken gesehen, dass das Wasser im Erdgeschoss bis zur Decke stand. Ich konnte die Wohnung eineinhalb Wochen nicht betreten.“
Als sich die Lage ein wenig verbessert hatte, durfte der 31-Jährige für 30 Minuten in die Wohnung. Einen längeren Aufenthalt erlaubten die Behörden aufgrund der Einsturzgefahr nicht. Darum durfte er sie nicht alleine betreten, sondern nur in Begleitung der Rettungskräfte vor Ort. „Durch das Wasser hat sich an den Wänden viel Schimmel gebildet. Es gibt keinen Strom, kein Wasser und die Kanalisation funktioniert nicht“, berichtet Rill.
Der Fuldaer hofft nun, übergangsweise in einem Wohnwagen unterzukommen. „Dann könnte ich ohne Druck eine Wohnung suchen. Aber bislang habe ich nur Absagen bekommen.“ Für ihn sei ärgerlich, dass viele Autohersteller damit werben, Menschen unterzubringen, er aber keine Hilfe von ihnen bekomme. (Lesen Sie hier: Familie aus dem Ahrtal verliert bei Flut alles - und findet Hilfe im Vogelsberg)
Die Folgen der Hochwasserkatastrophe sind auch jetzt, einen Monat später, für die Menschen nicht ganz greifbar. Michael Kramer, ein Freund des 31-Jährigen, war nur wenige Tage vor der Katastrophe in der Burg Blessem zu Besuch. „Wir waren noch mit den Hunden spazieren und nur ein paar Tage später gibt es diese Wege nicht mehr. Stattdessen liegen überall Müllberge in den Straßen“, berichtet Kramer. Er sei jetzt noch in ständigem Kontakt mit seinem Freund. Er habe ihn besucht, um beim Aufräumen zu helfen. „Ich will ihn nicht alleine lassen, wenn man fast alles verliert“, erläutert Kramer.
Weil die Wohnung nicht betreten werden durfte, haben sich die beiden erkundigt, wer sonst noch Hilfe braucht. „Wir haben uns bei einer Station gemeldet, die Helfer vermittelt. Dann wurden wir zu einer Familie geschickt.“ Die Menschen vor Ort seien dankbar für die Unterstützung gewesen.
Die Hilfsbereitschaft unter den Einwohnern ist nach wie vor groß – genauso wie die entstandenen Schäden.