So manchmal würde sich aber eine bakterielle Superinfektion „noch oben draufsetzen“ und den Krankheitsverlauf verlängern. „Das hört man aus vielen Praxen“, erklärt der GNO-Vorsitzende. (Lesen Sie auch: Erkältungswelle haut momentan viele um - Experten nennen Gründe)
In solchen Fällen sei dann mitunter auch mal ein Antibiotikum nötig – und da steht das nächste Problem an: Einige Medikamente sind in den Apotheken nicht mehr zu kriegen. „Das Antibiotikum Amoxiclav ist so ein Beispiel“, sagt Apotheker Markus Helm aus der Bären-Apotheke in Fulda. Dieses Medikament würde etwa bei Atemwegserkrankungen wie Lungenentzündung, Nasennebenhöhlen-Entzündungen oder auch bei Mittelohrentzündungen eingesetzt werden.
Auch andere Erkältungsmittel wie ACC akut, Aspirin komplex, der pflanzliche Hustenstiller Bronchikum – und Fiebersäfte für Kinder seien Mangelware. „Das ist aber schon seit einiger Zeit schwierig“, sagt Helm. In den vergangenen zwei, drei Wochen seien viele mit hartnäckigem Husten und Schnupfen in die Apotheke gekommen.
„Wenn man mal guckt, wie viele Nasensprays über den Tisch gehen, dann habe ich schon den Eindruck, dass das mehr ist als im Vorjahr. Man muss bei einigen Medikamenten mittlerweile froh sein, wenn man sie überhaupt noch bestellen kann. Alle brauchen etwas und man kriegt nichts bei.“ Manchmal müsse er als Apotheker dann auch abwägen: „Mitunter habe ich schon das Gefühl, dass Medikamente gehamstert werden.“ Gerade beim Fieberssaft werde da schon mal nachgefragt, für wen das Präparat ist. „Ein Erwachsener kann ja, anders als zum Beispiel ein Baby, auch Tabletten einnehmen, um das Fieber zu senken“, erklärt der 36-Jährige.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) warnt vor einem kritischen Mangel an Blutkonserven. In Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz seien nur noch so wenige Blutkonserven auf Lager, wie die Krankenhäuser innerhalb eines Tages für ihre Patienten verbrauchen, teilte der DRK-Blutspendedienst West in Ratingen mit. Damit sei eine „absolut rote Linie“ erreicht.
Eigentlich müssten Konserven für fünf Tage auf Lager sein. Weil ungewöhnlich viele Menschen im Moment krank sind, kämen viel weniger Spender als sonst zu den Terminen. Über den Jahreswechsel habe sich die Situation noch einmal zugespitzt. „Infektionskrankheiten, Atemwegserkrankungen und die Grippewelle schlagen noch drastischer in der ohnehin kleinen Gruppe der regelmäßig Blutspendenden zu“, sagte Sprecher Stephan David Küpper. Um die Versorgung sicherzustellen, benötige der DRK-Blutspendedienst West täglich bis zu 3500 Blutspenden. „Wer gesund ist sollte jetzt Blut spenden“, appellierte er.
In der ersten Januarwoche sei die Nachfrage etwas abgeklungen. Bundesweit ist das ebenfalls zu beobachten. So ist die Zahl akuter Atemwegserkrankungen zum Jahresende gesunken. Die Arbeitsgemeinschaft Influenza am Robert-Koch-Institut (RKI) schreibt in ihrem Wochenbericht, dass in der letzten Dezemberwoche insgesamt rund 6,4 Millionen Menschen an akuten Atemwegserkrankungen litten – es ist eine Schätzung unabhängig von einem Arztbesuch. In der Woche vom 12. bis zum 18. Dezember lag dieser Wert noch bei 9 Millionen. Trotz des Rückgangs liegen die Zahlen aber über denen der Vorjahre.
Die akuten Atemwegserkrankungen in den letzten beiden Dezemberwochen 2022 waren dem Bericht zufolge hauptsächlich auf die starke Zirkulation von Grippeviren sowie Respiratorischen Synzytialviren (RSV) zurückzuführen.
Wie sich die Grippewelle weiter entwickeln wird, ist den Experten zufolge noch nicht absehbar. Dies könne „erst in den kommenden Wochen besser beurteilt werden“. (Lesen Sie auch: Überall klaffen Lücken: Erkältungskrankheiten sorgen für hohen Krankenstand)
Ralph-Michael Hönscher geht nicht nicht davon aus, dass sich die Infektionszahlen in naher Zukunft groß ändern werden. Er rät, dass man, wenn man sich krank fühlt, die ein oder andere Veranstaltung auslassen sollte. „Das betrifft auch karnevalistische Feiern, bei denen viele Menschen zusammenkommen“, sagt er. Mittel, wie Vitamin C oder Zink, die das Immunsystem stärken, könnten vorbeugend helfen. Allerdings zeigt sich in einigen Drogerien auch hier, dass das Angebot an solchen Erkältungsmitteln langsam weniger wird.