Auch wenn wir eine „Variantensuppe“ haben, scheinen die sich alle in die gleiche Richtung zu bewegen. Wir sprechen da von einer „konvergenten Evolution“. Und alle schlüpfen an dieser einen Stelle unter dem Immunsystem hindurch und infizieren die Menschen. Für die Zukunft bedeutet das aber weder, dass die nächsten Varianten krankmachender sind als die aktuellen, noch dass unsere Immunität komplett aufgehoben ist. Der Schutz vor einem schweren Verlauf bleibt gut!
Wo spielt sich das Infektionsgeschehen eigentlich derzeit schwerpunktmäßig ab?
Auch da gibt es keine guten Daten. Wir haben ein sehr diffuses Infektionsgeschehen mit einer Dunkelziffer, die um das Dreifache höher ist als die offiziellen Zahlen. Wir wissen, dass sich viel im Privaten abspielt – und dass es immer mal zu lokalen Ausbrüchen im Zusammenhang mit Volksfesten kommt. Was bedeutet, wenn Menschen auf engem Raum zusammenkommen, gehen die Zahlen nach oben. Und dann auch wieder nach unten, wie man sehr schön am Oktoberfest gesehen hat.
Zu feiern, Bier zu trinken und „Layla“ zu grölen, ist eben für viele mit Maske im Gesicht keine Option.
Das ist genau das Problem: Alle Laborstudien haben deutlich gezeigt, dass die Maske zur Reduktion des Infektionsgeschehens beitragen kann. Nur hat die Maske einen Nachteil, der häufig nicht bedacht wird: Sie muss dort getragen werden, wo ein hohes Infektionsgeschehen stattfindet. Das klingt banal, doch leider wird die Maske eben nicht dort getragen, wo Infektionsgeschehen stattfindet.
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Zum Beispiel auf der Wiesn – oder zu Hause bei einem netten Abend mit Freunden.
Wir wissen, dass rund 70 Prozent der Infektionen im Privaten stattfinden. Das ist nicht die Übertragung in der U-Bahn oder im Fernzug, so dass dort die Maskenpflicht einen relativ geringen Effekt auf das Infektionsgeschehen hat. Man kann ja die Menschen durchaus ermutigen, dort Maske zu tragen, aber bitte nicht dazu verpflichten. Vielmehr sollte man Leuten, die sich selbst schützen wollen, beibringen, wie man Maske richtig trägt und an welchen Orten die Übertragungen stattfinden.
Das gesamte Interview mit Hendrik Streeck ist in der Printausgabe der Fuldaer Zeitung (17. November) und im E-Paper erschienen. Streeck spricht über aktuelle Studien und äußert sich zum Thema Sterblichkeit. Online erscheint eine gekürzte Fassung.