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Der Ex-Lehnerzer Jamal Musiala startet beim FC Bayern München durch

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Von: Steffen Kollmann

Foto: Steffen Kollmann
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München - FC Southampton, FC Chelsea, Bayern München. Wer diese Vereine in seiner Vita stehen hat, kann vermutlich auf eine erfüllte Laufbahn zurückblicken. Dabei hat Jamal Musiala seine ganze Karriere noch vor sich. Der ehemalige Lehnerzer spielt seit Sommer im Nachwuchsbereich des deutschen Rekordmeisters und ist beim FCB bereits den nächsten Schritt gegangen.

Fulda/München - „Ich bin ein bisschen erkältet“, sagt Jamal Musiala, verzichtet auf den üblichen Handschlag und reicht zur Begrüßung stattdessen die Faust. Pünktlich um 14 Uhr betritt er den Campus des FC Bayern München. Das rund 70 Millionen teure, hochmoderne Nachwuchsleistungszentrum der Münchener unweit der Allianz Arena ist zum zweiten Wohnzimmer geworden.

Es liegt nur rund 20 Minuten von seinem Wohnort in Feldkirchen im Osten der bayrischen Landeshauptstadt entfernt. Dort lebt der 17-Jährige seit Sommer 2019, nachdem er mit seiner Mutter und den Geschwistern von London nach München gezogen ist. Jamal Musiala vom FC Bayern München ist der jüngste Torschütze des Rekordmeisters.

Der Umzug nach München war nicht der erste größere Wohnortswechsel im Leben des Teenagers: Noch nicht einmal in die Schule ging Musiala, als es den gebürtigen Stuttgarter aufgrund des Studiums von Mutter Carolin nach Fulda verschlug. In Osthessen wuchs er die nächsten Jahre auf, spielte begeistert Fußball für den TSV Lehnerz.

Schöne Erinnerungen an Lehnerz

„Unsere Mannschaft war richtig gut, wir haben einige Turniere gewonnen. Das sind schöne Erinnerungen“, blickt der Nachwuchsspieler gerne zurück. Im Oktober 2010 konnte der damals Siebenjährige auch erstmals über die Grenzen Fuldas hinaus auf sich aufmerksam machen. Als es seine Mutter für ein Auslandssemester nach Southampton in England zog, kam die Familie mit.

Vier Monate spielte Musiala für den heutigen Premier-League-Club FC Southampton, zeigte starke Leistungen und spielte sich in den Fokus großer Nachwuchsteams. Den Zuschlag erhielt nach einigen Probetrainings letztlich der FC Chelsea. „Ich dachte, dass es am besten wäre, bei ihnen zu spielen. Sie sind im Nachwuchsbereich einer der besten Clubs in England“, so Musiala, der fortan für die Londoner spielte und mit seiner Familie die nächsten achteinhalb Jahre auf der Insel heimisch wurde.

Der Brexit spielte eine Rolle

„Ich bin richtig glücklich über die Jahre in England“, sagt der 17-Jährige, der noch regelmäßig in der alten Heimat weilt. Einerseits weil sein Vater, ein gebürtiger Nigerianer, noch dort lebt. Andererseits spielt der Ex-Lehnerzer seit einigen Jahren in der englischen U-Nationalmannschaft. „Ich habe viele Kumpels im Team und fühle mich dort sehr wohl“, betont Musiala, der auch schon für den deutschen Nachwuchs auflief.

Seine Teamkameraden durfte er sogar bereits in einem Freundschaftsspiel als Kapitän aufs Feld führen, unter anderem gegen Deutschland.

„Proud“, also stolz, war er über diese Rolle. Es ist nicht das einzige Mal, dass der Nachwuchskicker mit der doppelten Staatsbürgerschaft ein englisches Wort verwendet. „Mein Deutsch ist noch nicht perfekt, aber ich verstehe die Sprache“, sagt er, passend zu seiner eher zurückhaltenden Art. Probleme, ihn zu verstehen, gibt es allerdings keine. Auch deshalb lag eine Rückkehr in die Bundesrepublik im vergangenen Sommer nahe. „Wir wollten aus persönlichen Gründen zurück nach Deutschland“, erklärt Musiala. Unter anderem der „Brexit“, also Großbritanniens Austritt aus der Europäischen Union, spielte eine Rolle.

Die Gelassenheit eines Weltklasse-Stürmers

Dass der Weg dann nach München und zum FC Bayern führte, war fast unausweichlich. Über die Bühne ging der Transfer auch dank Berater Bradley Hudson-Odoi, Bruder von Chelsea-Talent Callum, der zur gleichen Zeit beim deutschen Serienmeister im Gespräch war. „Es gab ein paar Interessenten in Europa, aber ich habe Bayern von klein auf immer geliebt. Und wenn so ein großer Club in Deutschland Interesse hat, kann man nicht nein sagen.“

In der U-17-Bundesliga-Mannschaft bekam das Nachwuchstalent direkt die Rückennummer 10, sein Trainer war kein geringerer als der erfolgreichste Weltmeisterschafts-Torjäger aller Zeiten, Miroslav Klose. „Meine Fitness war am Anfang noch nicht so gut, wir haben auch am Defensivverhalten viel gearbeitet. Grundsätzlich kann man von so einem Weltklasse-Stürmer viel mitnehmen, zum Beispiel Entschlossenheit und Gelassenheit vor dem Tor“, so der offensive Mittelfeldspieler.

Martin Demichelis und Danny Schwarz als Trainer

Die Entwicklung konnte sich jedenfalls sehen lassen. Dank sechs Toren und zwei Assists in zwölf Spielen glückte Musiala schon nach wenigen Monaten der Sprung in die U19. Es ist Teil der Münchener Ausbildungsphilosophie, Spieler früh eine Altersklasse nach oben zu schieben, wenn sie zu den besten ihrer Altersklasse gehören. Bereits in der U23 in der Dritten Liga spielen einige Spieler, die noch im Juniorenbereich auflaufen könnten, um den Talenten die bestmöglichen Entwicklungsmöglichkeiten zu liefern.

So ist Musiala seit Winter Teil der A-Junioren-Mannschaft von Ex-FCB-Profi Martin Demichelis und Danny Schwarz, die neben der Bundesliga auch in der Youth League, dem Nachwuchscup der Champions League, an den Start geht. „Die Intensität ist auf jeden Fall höher“, hat der Rechtsfuß festgestellt, der allgemein registriert hat, dass in Deutschland – im Gegensatz zu England, wo es bis zur U18 statt einem Ligensystem nur Freundschaftsspiele und Turniere gibt – das Gewinnen mehr im Vordergrund steht.

Große Ziele

So verwundert es auch nicht, dass er sich das Ziel gesetzt hat, bei den Bayern jeweils das Maximum rauszuholen. Die Meisterschaft soll gewonnen werden, die Youth League bestmöglich auch, zudem will er sich mit England Ende März für die U 17-Europameisterschaft in Estland im Mai und Juni qualifizieren.

Es sind große Ziele, die der 17-Jährige verfolgt, ohne aber zu sehr in die Zukunft zu blicken. Klar, Profifußballer will er wie jeder seiner Mitspieler werden, Musiala betont allerdings stets, dass es oberste Prämisse sei, sich weiterzuentwickeln. Gerade in Sachen Physis und Kopfball sieht er noch Verbesserungspotenzial, während der Zehner im Dribbling und Torabschluss seine Stärken ausgemacht hat.

Trainiert wird teils zweimal am Tag, auch mal alleine im Kraftraum. Genug Zeit ist vorhanden, wenngleich der Ex-Lehnerzer zeitgleich an seinem „Business A-Level“ schraubt, also quasi dem wirtschaftlichen Abitur in Großbritannien. Dafür kann er von zu Hause arbeiten, pro Tag meist nicht mehr als eine Stunde.

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