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Unfertige Windräder in Heubach - Investoren verärgert: „Wo ist das Geld geblieben?“

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Von: Marcus Lotz

Seit mehr als drei Jahren stehen die unfertigen Anlagen bei Heubach in der Gegend herum.
Seit mehr als drei Jahren stehen die unfertigen Anlagen bei Heubach in der Gegend herum. © Marcus Lotz

Die Firma Oktoberwind hatte sich im Dezember vor dem Landgericht Fulda gegen Vorwürfe gewehrt, mehrere Anleger getäuscht zu haben, die in Windkraftprojekte des Unternehmens investieren wollten. Eine Entscheidung gibt es bisher noch nicht. Derweil werden weitere Fälle bekannt.

Heubach - „Es ist bisher keine Entscheidung der Kammer ergangen, weil sich die Parteien aktuell in Vergleichsgesprächen befinden und die Möglichkeit besteht, dass der Rechtsstreit gütlich beigelegt wird“, teilt der Pressesprecher des Landgerichts Fulda, Patrick Krug, auf Nachfrage mit.

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In dem Zivilprozess, der zuletzt im Dezember verhandelt wurde, hatten drei Anleger gegen das Unternehmen Oktoberwind geklagt. Sie hatten insgesamt 1,5 Millionen Euro in den Bau von Windkraftanlagen investiert und fühlten sich von Holger Schwarz von der Firma Oktoberwind hintergangen. „Meine Mandanten wurden über die wesentlichen Umstände ihrer Anlage getäuscht und anschließend zu einem erheblichen Investment gebracht“, hatte der Anwalt der Kläger am Ende der Beweisaufnahme beanstandet.

Schwarz habe bei der Frage zur wirtschaftlichen Lage „gemauert“ und „arglistig getäuscht“. Der Anwalt von Oktoberwind hatte diese Darstellung als „völlig überzeichnet“ abgewiesen: „Wir haben von einem Zeugen gehört, dass die Zahlen und Bedenken eines Fachmanns den Klägern rechtzeitig bekannt waren.“

Bei dem Prozess ging es auch um den Baustopp der unfertigen Windkraftanlagen Am Steiger bei Heubach: Seit mehr als drei Jahren stehen die Maststümpfe dort ungenutzt in der Landschaft. Die Firma Enercon, die von Schwarz mit dem Bau betraut war, hatte den Baustopp im August 2019 veranlasst – laut Angaben eines Mitarbeiters, weil Schwarz nicht mehr gezahlt habe. Die Gegenseite hatte beteuert, die Rate sei zu früh eingefordert worden und aus Sorge vor einer möglichen Insolvenz Enercons zurückgehalten worden.

Der Rechtsstreit mit den drei Investoren ist nicht die einzige juristische Auseinandersetzung, die Schwarz in jüngster Vergangenheit führen musste: Als Reaktion auf unsere Berichterstattung meldeten sich Betroffene aus dem gesamten Bundesgebiet, die über ähnliche Probleme berichteten.

Landkreis hält es für vernünftig, an „vorbereitetem Standort“ weiterzubauen

So liegt unserer Redaktion ein Urteil vor, welches das Landgericht Fulda im August 2021 fällte. Auch hier hatten Gesellschafter vor dem Landgericht darum gekämpft, beispielsweise Einsicht in Unterlagen zur Prüfung von Jahresabschlüssen zu erhalten. Betroffen davon waren die Oktoberwind – 1. Bürgergemeinwohl GmbH & Co. KG sowie die Oktoberwind – 2. Bürgergemeinwohl GmbH & Co. KG, beide mit Sitz in Gersfeld.

Einer der Kläger, der nach eigenen Angaben einer Gruppe von 20 Gesellschaftern, überwiegend aus dem Süd-Oldenburger Land, angehört, fasst zusammen: „Es wurde von vielen Investoren viel Geld für Windkraftanlagen eingesammelt und wir wollen wissen: Wo ist dieses Geld geblieben?“ Auf Nachfrage bestätigt Gerichtssprecher Krug, dass das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. „Die Komplementärin – das ist, vereinfacht gesagt, diejenige Gesellschafterin einer KG, welche die Geschäfte führt – wurde verurteilt, Auskunft über die Finanzen der Oktoberwind-Gesellschaften zu geben.“ Eine dagegen eingelegte Berufung sei mittlerweile vom Oberlandesgericht Frankfurt zurückgewiesen worden. Für eine Stellungnahme war Holger Schwarz nicht zu erreichen.

Während sich also bundesweit Investoren ihren Weg durch die juristischen Instanzen bahnen, bleibt die Frage, wie es mit den Maststümpfen bei Heubach weitergeht. „Wir warten weiterhin auf die Rückbauverfügung des Landkreises“, sagt Kalbachs Bürgermeister Mark Bagus (parteiunabhängig). „Wann und ob diese kommt, wissen wir nicht.“

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Eigentlich war in der Gemeinde für das Frühjahr eine Info-Veranstaltung geplant, denn die Firma Prokon mit Sitz in Itzehoe hat ebenfalls Interesse daran gezeigt, Windkraftanlagen vor Ort zu bauen. Diese ist nun auf unbestimmte Zeit verschoben. „Solange die unfertigen Anlagen noch stehen, kann das nicht starten. Alles hängt daran, dass diese Stümpfe entfernt werden.“

Während man in Kalbach also auf den Landkreis wartet, erklärt dieser auf Nachfrage: „Es ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Es ist maßgeblich von Belang, ob der Investor nach dem Erlöschen der Baugenehmigung am 13. September 2021 den Willen zum Weiterbau der Anlage hat oder ob von einer dauerhaften Nutzungsaufgabe auszugehen ist. Die Untätigkeit des Investors über einen längeren Zeitraum kann ein Anhaltspunkt für eine dauerhafte Nutzungsaufgabe sein. Dieser Zeitpunkt ist allerdings noch nicht erreicht.“

Schwarz hatte im Oktober geäußert, die Anlage weiterbauen zu wollen. Kreissprecherin Leoni Rehnert ergänzt: „Unabhängig davon hält es der Landkreis Fulda für vernünftig, an diesem gewissermaßen vorbereiteten Standort Windkraftanlagen zu bauen.“

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