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Vom Wahrzeichen zum Problem: Gemeinde Neuhof ist von langjährigem Partner Kali + Salz enttäuscht 

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Von: Volker Nies

Im Jahr 2024 möchte K+S den Genehmigungsantrag für die Haldenabdeckung stellen.
Aus dem Wahrzeichen Kaliberg ist das größte Problem für die Gemeinde geworden. (Archivfoto) © Marcus Lotz

Jahrzehntelang sah sich Neuhof als stolze Kali-Gemeinde. Schlägel und Eisen als Bergbau-Symbol sind Teil des Gemeindewappens. Das Unternehmen Kali + Salz galt als verlässlicher Partner. Diese wechselseitige Freundschaft steht nach dem Eindruck vieler Bürger jetzt vor dem Ende.

Neuhof - Die Stimmung in der Bevölkerung brachte Redner Dr. Karl-Ludwig Ruppel in der Veranstaltung der Bürgerinitiative „Umwelt Neuhof“ am Freitag (24. Februar) auf den Punkt: „Mit den Plänen von K+S, die Halde abzudecken, droht uns eine ökologische Katastrophe.“ Viele Jahrzehnte hätten Neuhof und das Bergbauunternehmen gut zusammen existiert. „Aber jetzt wünsche ich mir, dass K+S geht – mit Respekt und Anstand.“ Nach dem Info-Abend wurden 300 Bürger Mitglied der BI, die sich gegen die Pläne des Unternehmens wehrt.

Fulda: Neuhof ist von Partner Kali+Salz enttäuscht

Dass sich Neuhof (Kreis Fulda) und die Neuhofer einmal so deutlich gegen K+S aufstellen würden, war noch vor einem halben Jahr undenkbar. Der Kalibergbau hatte nach seinem Beginn 1906 Wohlstand nach Neuhof gebracht. Mit 750 Beschäftigten ist K+S heute größter Arbeitgeber im Südkreis und größter Steuerzahler in Neuhof.

Der Kaliberg, für die Neuhofer war er kein ökologisches Problem, sondern das Wahrzeichen, auf das sie stolz waren. Bei Barbarafeiern in Kirchen oder Auftritten der Bergmannskapelle zeigten die Neuhofer, dass das Werk zur Gemeinde gehörte – und dass sie stolz darauf waren.

Das hat sich gründlich geändert. Aus dem Wahrzeichen Kaliberg ist das größte Problem für die Gemeinde geworden. „Seit dem vergangenen Herbst dreht sich die Stimmung in Neuhof gegen Kali + Salz. Ich habe noch niemanden getroffen, der die K+S-Pläne verteidigt hätte“, sagt Bürgermeister Heiko Stolz (CDU).

Mehr und mehr sei klargeworden, was die von Kali + Salz geplante „Dickschichtabdeckung“ des Kalibergs für die Gemeinde bedeuten würde. Das Unternehmen will die Kalihalde mit 100 Millionen Tonnen Erdaushub und Bauschutt abdecken. Die dicke Schicht soll verhindern, dass von dem Berg weiter salzhaltige Abwasser ausgehen.

 Neuhofs Bürgermeister Heiko Stolz
Bürgermeister Heiko Stolz bezog in der Versammlung der Bürgerinitiative klar Stellung. ©  Volker Nies

Das Problem: Bis der Berg vollständig abdeckt ist, vergehen 100 Jahre. In dieser Zeit sollen jeden Tag 150 Lastwagen und ein Güterzug voller Erde und Bauschutt nach Neuhof rollen. „Das ist unvorstellbar“, sagt Bürgermeister Stolz.

„Als klar wurde, welche Dimension die K+S-Pläne haben, sind viele zusammengezuckt: 100 Jahre Dauer, 100 Millionen Tonnen ablagern, 100 Hektar Wald vernichten – das kann man sich nicht vorstellen. Es bedeutet eine gewaltige Belastung für eine gewaltige Zeit.“

Fragen und Antworten

100 Jahre Arbeit unter Tage waren nötig, um den Neuhofer Kaliberg mit heute 133 Millionen Tonnen Abraum aufzutürmen. Wenn es nach Kali + Salz geht, soll der Berg in weiteren 100 Jahren mit 100 Millionen Tonnen Erdaushb und Bauschutt bedeckt werden.

In der Print-Ausgabe und dem E-Paper der Fuldaer Zeitung von Dienstag (28. Februar) finden Sie Antworten zu sechs wichtigen Fragen rund um die geplante Haldenabdeckung.

Besonders schwer sei die Situation jetzt für die 750 Mitarbeiter von K+S. „Sie stehen zu ihrem Unternehmen, aber sie wollen auch nicht, dass die Umwelt in und um Neuhof zerstört wird“, sagt der Rathauschef und fügt an: „Wir müssen es trennen: Der Bergbau bleibt wichtig für Neuhof, aber die von K+S vorgeschlagene Haldenabdeckung akzeptieren wir nicht. Wir brauchen eine neutrale Prüfung von Alternativen.“

Stolz beklagt, dass die Gemeinde Neuhof erst spät in die Planungen eingeweiht worden sei. Erst Anfang 2022 habe K+S seine Pläne vorgestellt, und da sei auch das Ausmaß noch nicht klar gewesen.

Video: K+S verwertet im Landkreis Hersfeld-Rotenburg Gefahrstoffe unter Tage

Dabei hätten sich das Land Hessen, das Unternehmen K+S und die übrigen Weseranrainer schon 2021 in einem Maßnahmenpaket auf die Dickschichtabdeckung für Neuhof geeinigt. „Informiert wurden wir darüber erst später“, kritisiert Stolz.

K+S verfolgt die Diskussion in Neuhof, aber von seinen Plänen rückt das Unternehmen nicht ab, sagt Sprecher Marcus Janz: „K+S hat die politischen Gremien und die Öffentlichkeit sehr frühzeitig über das Vorhaben informiert, die Halde abzudecken und zu begrünen. Wir nehmen die Bedenken der gemeindlichen Gremien und der Bürgerinitiative sehr ernst.“

K+S wolle auf der Basis sachlicher Argumente einen gemeinsamen Lösungsansatz finden. Ziel von K+S bleibe es, die anfallenden salzhaltigen Haldenwässer maximal zu reduzieren und dabei die Auswirkungen auf Menschen und Umwelt möglichst gering zu halten. K+S trifft sich am Dienstag (28. Februar) mit Kommunalpolitikern, Umweltverbänden, Land- und Forstwirtschaft sowie der neuen Bürgerinitiative.

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