1. Fuldaer Zeitung
  2. Fulda

Knappheit bei Mehl und Öl: Müller aus Osthessen nennen die Gründe

Erstellt:

Von: Andreas Ungermann

Nur noch wenige Flaschen Öl stehen in einem Regal in einem Supermarkt.
Die Nachfrage nach Speiseöl und Mehl stieg seit dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine stark an. © Sven Hoppe/dpa

In Lebensmittelmärkten bleiben auch in Osthessen die Mehl- und Ölregale häufig leer. Die Müller in der Region spüren die Auswirkungen der Knappheit ebenfalls – anders als landläufig vermutet, liegt sie nicht allein an Hamsterkäufen.

Fulda - Die Saat für die Arge Naturölmühle in Eiterfeld (Kreis Fulda) stammt aus der Rhön und wird als Jahreskontingent zu festen Verträgen eingekauft. „Jetzt benötigen wir allerdings Zukäufe, und da verdoppeln sich die Preise je Tonne aktuell“, berichtet Jürgen Klose. Die Naturölmühle könne locker die drei- bis vierfache Menge ihrer üblichen Jahresproduktion absetzen, überschlägt Klose. Und das gelte nicht nur für das Speise-, sondern auch für das Futteröl und die Pressrückstände.

Zunächst würden aber die Stammkunden, zu denen Lebensmittelmärkte, Discounter oder Landwirte zählen, bedient. Allerdings erreichten die Eiterfelder vermehrt Anfragen von Endverbrauchern. „Die würden sich das Öl am liebsten hier an der Mühle in Kanister abfüllen lassen. Aber das ist aus logistischen und hygienischen Gründen gar nicht möglich“, berichtet Klose.

Am Ende kann er der Situation sogar noch etwas Positives abgewinnen: „Die Verbraucher entdecken die regionalen Produkte und Produzenten. Und womöglich bleiben am Ende neue Kunden hängen“, sagt er. (Lesen Sie hier: Lebensmittel werden knapp: Bei Landwirten in Fulda schrillen „alle Alarmglocken“)

Fulda: Knappheit bei Mehl und Öl - Müller nennen Gründe

In der Ulster-Mühle in Tann spürt auch Ralf Zinn deutlich, dass die Nachfrage angezogen hat. „Wir verkaufen am Hof – und da sehe ich mittlerweile Gesichter, die ich früher nicht gesehen habe“, sagt der Müller, der eine Kettenreaktion bemerkt: „Wenn jemand sieht, dass nach ihm viele Kunden kommen, dann wird schon einmal ein bisschen mehr gekauft.“

In den Lebensmittelmärkten, die der Tanner mit dem Rhönkorn-Mehl beliefert, könne es tatsächlich zu Engpässen kommen, jedoch nicht wegen einer regionalen Rohstoffknappheit. Die generelle Verknappung mache sich in der Ulster-Mühle im Wesentlichen bei Preissteigerungen bemerkbar. „Unser Getreide kommt zu 100 Prozent aus dem Biosphärenreservat Rhön“, sagt Zinn. Das Problem sei viel mehr, dass er mit der Produktion und dem Abfüllen nicht hinterherkomme. Zinn geht davon aus, dass sich die Lage mit der neuen Ernte im Herbst entspannt.

„Seit fünf bis sechs Wochen ist bei uns die Hölle los, wir sind permanent dabei, Öl auszuliefern“, sagt Mechthild Rehberg von der Ölmühle Rehberg in Hofbieber. Dass das Gros der neuen Kunden der Ölmühle und den Produkten dauerhaft die Treue hält, wenn sich die Situation entspannt hat, bezweifelt sie indes. Aktuell seien Endverbraucher bereit, mehr Geld für Öl zu bezahlen.

Die Knappheit liege aber mitnichten an Hamsterkäufen, sondern vielmehr daran, dass sehr viel weniger Rohstoffe aus der Ukraine in den Westen gelangten – etwa weil aufgrund des Krieges Transportressourcen schwinden. Und Russland halte seine Rohstoffe vermutlich aus geopolitischen und kriegstaktischen Gründen zurück, um Druck auf den Westen aufzubauen.

Aufgrund der hohen Nachfrage – auch nach hochwertigerem und teurerem Öl – müssen die Rehbergs bereits Raps, der von Landwirten aus der Region geliefert wird, nachkaufen. Zehn Tonnen seien das gewesen, der Preis läge bei einem Plus von 105 Prozent. Fraglich bleibe, ob die Vorräte bis zum Herbst reichen, denn die schwinden auch bei Zwischenhändlern. Erschwerend komme hinzu, dass die Rapsernte im Vorjahr schon gering ausgefallen sei.

„Unsere Regale im Laden sind gut gefüllt“, sagt indes Sandra Kaub, Inhaberin der Stegmühle in Hainzell, und fügt hinzu: „Aber die am häufigsten gestellte Frage in diesen Tagen lautet tatsächlich: ,Habt ihr noch Mehl?‘“ Damit macht Kaub deutlich: In der Stegmühle ist die Nachfrage in den vergangenen Wochen enorm angestiegen – und das nicht nur regional.

Video: Weizenmehl wird knapp? Das sind die besten Alternativen

„Wir haben neue Kunden aus der Umgebung, und wir erhalten inzwischen Anrufe aus Frankfurt, Kassel – eigentlich aus ganz Hessen. Meistens kaufen die Kunden dann gleich auch etwas mehr ein.“ Wie die anderen Mühlen in der Region beziehen auch die Hainzeller ihre Grundstoffe von Landwirten aus der Region, sind also nicht auf Lieferungen aus Osteuropa angewiesen, weshalb Kaub noch nicht über Engpässe klagt.

Die Hehrmühle in Schlitz-Bernshausen spürt hingegen bislang keine großen Auswirkungen . „Wir beliefern keine Lebensmitteleinzelhändler, sondern gewerbliche Kunden wie Bäckereien. Da bestehen feste Verträge, sodass wir die ganz normale Auslastung fahren. Hin und wieder nimmt ein Stammkunde mal eine kleine Menge mehr ab. Neukunden verzeichnen wir jedoch keine“, erläutert Geschäftsführer Karl-Christian Vahrenhorst.

Auch in den Schlitzer Stadtteil wird das Getreide für Weizen-, Roggen- und Dinkelmehl von Landwirten aus der Region angeliefert, sodass sich auch bei den Rohstoffen keine Knappheit bemerkbar mache. Auch wenn die Hehrmühle keinen direkten Verkauf anbietet, der eine oder andere Endverbraucher stoße bei der Suche nach Mehl schon auf die Mühle. „Da kommen in den vergangenen Wochen ein paar Anfragen mehr, und es holt auch schon jemand mal einen 25-Kilogramm-Sack ab. Aber das ist auf keinen Fall exorbitant hoch“, sagt Vahrenhorst.

Auch interessant