„Ein Schlag ins Gesicht“: Verteilung des Corona-Pflegebonus führt zu Ärger in Kliniken

Eigentlich sollte er eine ebenso schöne wie spürbare Anerkennung für die besonders anstrengende Pflege von Corona-Kranken sein. Doch der vom Bundestag beschlossene Pflegebonus sorgt in osthessischen Krankenhäusern jetzt für deutlich mehr Ärger als Freude.
Fulda - Die Mitarbeiter einer Psychiatrie-Station im Kreis Fulda sind wütend: „Wir sind empört. Viele Pflegekräfte unseres Hauses erhalten einen Corona-Bonus, doch wir erhalten diese immens hohe Sonderzahlung nicht. Das ist absolut ungerecht, denn unsere Station hat viel in den vergangenen zwei Jahren geleistet“, sagt eine Mitarbeiterin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.
Fulda: Verteilung des Corona-Pflegebonus führt zu Ärger in Kliniken
Die Krankenschwester erläutert weiter: „Wir haben viele Covid-19-Patienten gepflegt, versorgt und sogar auf ihrem letzten Weg begleitet.“ Doch den Corona-Bonus gibt es für sie nicht. „Das ist für uns wie ein Schlag ins Gesicht. Die Politik und dieses unfaire Verfahren haben uns schwer enttäuscht. Etwas so Demotivierendes habe ich in meiner gesamten Karrierelaufbahn noch nicht erlebt.“
Was sie so ärgert: Der Bund gewährt Mitarbeitern von Krankenhäusern und Altenheimen jetzt erneut eine Corona-Prämie: rund 2200 Euro für eine examinierte Pflegefachkraft „in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen“ und rund 3300 Euro für eine Fachkraft auf Intensivstation – steuerfrei. Doch viele Mitarbeiter, die im Krankenhaus an der Corona-Front im Einsatz waren, erhalten diese Prämie nicht. In der Psychiatrie, in Notaufnahmen und Operationssälen etwa gibt es keine Prämie. So will es der Gesetzgeber in Berlin.
Wer die Prämie erhält:
Anspruch auf die Prämie haben examinierte Pflegefachkräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und Intensivpflegefachkräfte, die 2021 mindestens 185 Tage gearbeitet haben. Die Vollzeit-Pflegefachkraft erhält rund 2200 Euro, der Intensivpfleger rund 3300 Euro.
Keinen Anspruch auf die Prämie haben Pflegekräfte, die in der Notaufnahme, im OP oder der Psychiatrie arbeiten, sowie Mitarbeiter von Rettungsdiensten, Medizinische Fachangestellte und Physiotherapeuten in der Patientenversorgung. Keinen Anspruch haben auch Ärzte und Verwaltungskräfte.
„Wer die Prämie bekommt, ist im Pflegebonusgesetz vom 28. Juni genau geregelt. Wir haben keinen Einfluss auf die Vergabe“, berichtet Dr. Thomas Menzel, Vorstandschef des Klinikums. „Wir haben über unsere Verbände versucht, die Vergabekriterien zu ändern. Wir haben gewarnt, dass diese Kriterien für Ärger sorgen werden und dass das so zu mehr Ärger als Freude in den Krankenhäusern führen wird“, sagt Menzel. „Doch die Bundespolitik war zu keiner Änderung bereit. Wir teilen den Unmut der Mitarbeiter, die leer ausgehen, aber wir müssen die Vorgaben einhalten.“
Bei den ersten Corona-Prämien 2020 und 2021 durften die Krankenhauschefs und die Betriebsräte vereinbaren, dass alle Mitarbeiter bedacht werden. Doch jetzt schreibt der Bundestag genau vor, wer die Prämie erhält – und wer nicht.
Prämien in Osthessen
Klinikum: 2900 Mitarbeiter insgesamt, nur 940 davon erhalten die Corona-Prämie.
Herz-Jesu: 1000 Mitarbeiter insgesamt, nur 250 davon bekommen die Prämie.
Helios: 300 Mitarbeiter insgesamt, nur 110 davon sind anspruchsberechtigt.
In 837 Kliniken, die 2021 viele Corona-Patienten hatten, wird die Prämie gewährt. Dazu gehören das Klinikum und das Herz-Jesu-Krankenhaus in Fulda sowie das Helios St. Elisabeth-Krankenhaus in Hünfeld. Innerhalb weniger Woche hat sich die Anzahl der Corona-Patienten vervierfacht und setzt zusätzlich die Kliniken unter Druck.
Video: Corona-Ausbrüche in Altenheimen und Kliniken steigen
Auch im Herz-Jesu-Krankenhaus gibt es Unmut. „Wir freuen uns über die Bonuszahlung für viele Mitarbeiter in der Pflege“, sagt Sprecherin Viktoria Schmitt. „Andererseits bedauern und kritisieren wir deutlich, dass wir als Krankenhaus keinen Ermessensspielraum bei der Verteilung haben. Mitarbeiter in der Pflege mit abweichenden Qualifikationen oder andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen, die genauso täglich hohen Einsatz für die Patienten leisten, gehen aufgrund der starren Bonus-Regelung leer aus. Das empfinden viele Pflegekräfte als ungerecht.“
„Auch bei uns führt die Auszahlung des Corona-Pflegebonus zu Unmut“, berichtet Gudrun Käsmann, Sprecherin bei Helios St. Elisabeth in Hünfeld. „Erstens erhalten Mitarbeiter, die nicht Pflegefachkraft sondern Medizinische Fachangestellte sind, den Bonus nicht, obwohl sie die gleiche Arbeit verrichten. Zweitens sind Mitarbeiter, die ebenso in die direkte Patientenversorgung eingebunden sind, wie etwa Physiotherapeuten oder OP-Pfleger, vom Bonus ausgeschlossen, da sie nicht auf bettenführenden Abteilungen im Einsatz sind.“
Das Gesundheitsministerium erklärt die strengen Kriterien damit, dass es für den Bonus in Krankenhäusern nur 500 Millionen Euro zur Verfügung gehabt habe.