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Anzeigen, Poller oder Polizei? Immer häufiger Autos an der Martinskapelle - trotz Verbot

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Von: Hartmut Zimmermann

Parkende Autos an der Martinskapelle oberhalb von Ehrenberg-Reulbach sind ein Ärgernis.
Parkende Autos an der Martinskapelle oberhalb von Ehrenberg-Reulbach sind ein Ärgernis. © Jessica Vey

Die Rhön ist schön, und mancher Punkt ist ganz besonders anziehend. Das kann Gnade und Fluch zugleich sein. Das erleben die Reulbacher gerade mit dem Gelände rund um die Martinskapelle.

Reulbach - „Ich bekam heute eine Nachricht aufs Handy, dass oben an der Martinskapelle zwei Wohnmobile stehen – richtig schön, Markise ausgefahren, ganz gemütlich!“ Andreas Kretsch, einem Mann aus dem Reulbacher Ortsbeirat, ist die Verärgerung noch anzuhören, als er am Abend in der „Bürgerviertelstunde“, die die Sitzung der Gemeindevertretung eröffnet, von dem Vorfall berichtete. Denn eigentlich – das wissen zumindest in Reulbach (Hessen) alle – darf man nicht mit dem Auto zu der Kapelle fahren.

Der den Wandernden vorbehaltene Platz, westlich von Reulbach auf rund 700 Metern Höhe gelegen, bietet eine grandiose Aussicht und tiefe Ruhe – wenn nicht gerade jemand die „Durchfahrt-verboten-Schilder“ ignoriert und mit dem Pkw bis vor das dem heiligen Martin geweihte Kapellchen fährt. (Lesen Sie hier: Sitzplätze statt Parkplätze: Pilotprojekt für Verkehrsberuhigung in der Löherstraße)

Rhön: Trotz Verbots - Immer häufiger Autos an der Martinskapelle 

Doch solche Fälle häufen sich. „Zu fast jeder Tages- und Nachtzeit sind dort Leute mit dem Auto unterwegs“, beklagte sich Kretsch in der Bürger-Runde. Nach dem Hinweis auf die Wohnmobile hatte er sich umgehend auf sein E-Bike gesetzt. Doch als er eine Viertelstunde später beim Kapellchen ankam, war niemand mehr da. „Aber immerhin: Wir haben die Bilder“, sagte Kretsch. Die zeigen, so viel sei verraten, nicht irgendwelche verirrten Sachsen oder Ostfriesen, sondern zwei Wohnmobile mit Fuldaer Kennzeichen.

„Die Regeln sind eigentlich klar“, sagte Bürgermeister Peter Kirchner (parteiunabhängig): „Man darf nicht mit dem Auto oder dem Motorrad hinfahren.“ Niemand stelle sich quer, wenn eine Anfrage komme, ob man beispielsweise einen gebrechlichen, gehbehinderten Menschen mit dem Wagen zu einem Konzert an die Kapelle bringen dürfe. Aber um des Ortes willen müsse man das Verbot aufrecht erhalten.

„Niemand will, dass die Polizei dort Streife fährt oder dass wir Poller aufstellen“, sagte Kretsch. In der Diskussion wurde angeregt, die Schilder mit dem Durchfahrtsverbot um den Hinweis zu ergänzen, dass es im Fall der Fälle Strafanzeige gebe. Einig war man sich darin, dass wohl niemand die Schilder „übersehe“.

„Niemand will, dass die Polizei dort Streife fährt oder dass wir Poller aufstellen“

Daher ging es in der Diskussion auch darum, wie streng man auf Verstöße reagieren sollte. Gemeindevertreter Otto Naderer (BLE) riet zu einer Anzeige als „Schuss vor den Bug“. Die Verwaltung könne als Straßenverkehrsbehörde tätig werden und die Halter anschreiben – oder Anzeige erstatten, erläuterte Kirchner. (Lesen Sie auch: Zu wenige Stellplätze am Ulmenstein: Wanderer parken Zufahrten zu)

Im aktuellen Fall hat die Gemeinde sich für die milde Variante entschieden: In einem Brief wurden die Fahrzeughalter aufgeklärt, die zur Martinskapelle gefahren waren, berichtet Kirchner. Ein Ordnungsgeld wurde – noch – nicht verhängt. Allerdings müsse man beobachten, ob sich solche Vorfälle häuften. Dann müsse man entscheiden, ob man die Zufahrten mit Schranken absichere, stärker auf die Polizei setze oder andere Schritte einleite. „Jede Maßnahme bringt auch Nachteile und Einschränkungen mit sich“, betonte der Bürgermeister. Das gelte beispielsweise auch für den Rettungsdienst.

Anscheinend wirkt aber nicht nur der Platz vor der Martinskapelle als allzu starker Besuchermagnet: Auch der unweit davon idyllisch am Waldrand gelegene Weiher, der ein Naturdenkmal ist, wird wohl von manchen schon als „Badesee“ angesehen. Verbotenerweise.

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