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Nachbarn gegen Waldschlösschen-Pläne: Hotel- und Wohnbauprojekt im Nordend stößt auf Kritik

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Von: Andreas Ungermann

Fulda: Hotel- und Wohnbauprojekt „Waldschlösschen“ stößt auf Kritik
Claudia Wegener (links) und weitere Anwohner üben Kritik an den Plänen für das Waldschlösschen-Areal im Fuldaer Nordend. © Andreas Ungermann

Das Waldschlösschen soll als Gastronomie und Boutique-Hotel wieder belebt werden. Außerdem soll im Nordend neuer Wohnraum entstehen. Die Pläne des Investors Christopher Burg in ihrer jetzigen Form stoßen bei Nachbarn aber auf Kritik.

Fulda - Sie fühlen sich übergangen, sprechen gar von Frustration. Dieser Unmut von Anwohnern in der Sebastianstraße und rund um das Waldschlösschen richtet sich gegen ein Bauprojekt auf dem Areal des einstmals beliebten Ausflugslokals gegenüber der Ochsenwiese in Fulda. Zwei Wohngebäude sollen hier entstehen. Nun befürchten die Nachbarn, dass sie künftig aus ihren Fenstern gegen Mauern starren müssen. „Die Abstände zu den vorhandenen Wohnhäusern sind in den Planungen viel zu gering – gerade für Menschen, die im Erdgeschoss leben, gehbehindert sind und ohnehin selten rauskommen, ist das keine schöne Aussicht“, sagt Claudia Wegener, die eine schwerbehinderte Tochter hat.

Fulda: Hotel- und Wohnbauprojekt im „Waldschlösschen“ stößt auf Kritik

Dass auf dem Waldschlösschen-Gelände als zentralem Punkt im Nordend eine Entwicklung stattfinden müsse, zieht die Sozialpädagogin, die seit eineinhalb Jahren dort lebt, gar nicht in Zweifel. „Aber was da geplant ist, ist völlig überdimensioniert und steht nicht im Einklang mit dem Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept“, beklagt sie. Diesem ISEK widersprächen die Pläne, meint Wegener und hat in der Folge Unterschriften unter Nachbarn gesammelt. Die daraus resultierende Stellungnahme ist form- und fristgerecht im Rahmen der Offenlage des Bebauungsplanentwurfs eingegangen, bestätigt die Stadtverwaltung. Pressesprecherin Monika Kowoll-Ferger erklärt zudem, dass noch weitere Einsprüche eingegangen seien. Ein Teil davon, so weiß Wegener, sei unabhängig von ihrer Unterschriftenliste aus der Nachbarschaft erhoben worden.

Wegener und die weiteren Unterzeichner führen in ihrem Einspruch insgesamt acht Einzelpunkte auf, die gegen das Vorhaben sprächen. Durch die Wohnraumverdichtung werde das soziale Miteinander beeinträchtigt. Das müsse durch mehr Betreuungsaktivitäten wie Stadtteiltreff, Quartiersmanager oder ähnliches kompensiert werden. Die Quartiersbewohner sähen am einstigen „Hexenküppel“ lieber einen Treffpunkt, in dem sie die Möglichkeit zum Austausch, Erholen und Verweilen haben.

In der Offenlage sehen die Pläne für das Waldschlösschen eine Hotelnutzung und Wohnbauten vor. © Stadt Fulda

In der Folge aus diesem Wunsch drehen sich die weiteren Punkte um die Bepflanzung auf dem Gelände und die historische Dimension, die die Anwohner durch das Projekt nicht gewahrt sehen. Durch die „Wohnblocks“ werde das denkmalgeschützte Gebäude auf dem geschichtsträchtigen Gerichtsort – bekannt als Hexenküppel – im Erscheinungsbild stark beeinträchtigt. Harsche Kritik üben die Anwohner außerdem daran, dass bereits 15 große Bäume gefällt worden seien. „Hier gab es einen richtigen kleinen, idyllischen Park, in dem Spechte, Eichelhäher und Glühwürmchen heimisch waren. Aber das ist in einer regelrechten Nacht- und Nebelaktion abgeholzt und plattgemacht worden“, kritisieren die Nachbarn, die sich bei der Quartiersentwicklung nicht mitgenommen, sondern vielmehr übergangen fühlen. Was die Bepflanzungen betrifft, so regen sie über das Nordend hinausgehend eine Baumschutzverordnung an, „um weitere Abholzungen und Fehlnutzungen von sozial gebrauchtem Lebensraum“ zu verhindern.

Aktuell befinde sich der vorhabenbezogene Bebauungsplan im Verfahren. Eine Bewertung der von den Einspruchsunterzeichnern angeführten Punkte will die Stadtverwaltung in diesem Stadium nicht abgeben – nur so viel zum Prozedere: „Die eingebrachten und gesammelten privaten und öffentlichen Belange in Form von Stellungnahmen, Hinweisen und Empfehlungen werden nun gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen und anschließend den städtischen Gremien, Magistrat und Stadtverordnetenversammlung zum Beschluss vorgelegt.“ (Lesen Sie auch: 280 Wohnungen auf fünf Baufeldern: Investoren für den Waidesgrund stehen fest)

Hotel und Wohnen im Fuldaer „Waldschlösschen“ - Nachbarn sammeln Unterschriften

Der aktuelle Bebauungsplan stamme aus dem Jahr 1972. Mit der vorliegenden Überplanung würden die als privater Parkplatz nutzbare Fläche sowie die Wohngebietsfläche, auf der sich das Waldschlösschen befindet, als „Urbanes Gebiet“ festgesetzt. Ferner werde die bislang mit acht Geschossen festgesetzte mögliche Überbauung den bestehenden Gebäuden angepasst, die das Stadtbild hier mit drei bis vier geschossigen Bauten prägen. Einen generellen Widerspruch zum ISEK sieht man im Stadtschloss nicht. (Lesen Sie auch: Großprojekt trotz Krisen im Zeitplan: Finanzamt Fulda soll dieses Jahr umziehen)

Das Projekt

„Die Eigentümer planen, an die frühere Nutzung des Waldschlösschens als traditionsreiche Gastronomie anzuknüpfen und diese um ein Boutique-Hotel zu ergänzen. Im rückwärtigen Bereich sind zwei drei- und viergeschossige Wohngebäude mit rund 20-prozentigem Sozialwohnungsanteil geplant. Diese orientieren sich mit Terrassen und Balkonen zur neugestalteten Freianlage, die durch das historische Gebäude und die Neubebauung eingerahmt und von bestehenden sowie neu zu pflanzenden Gehölzen geprägt werden, erklärt die Stadt. Es sollen Luftwärme-Pumpen samt Wärmerückgewinnung und Photovoltaik genutzt werden.

Das Waldschlösschen soll für die Rezeption des Hotels und Serviceeinrichtungen genutzt werden. Für die Gastronomie soll ein trapezförmiger Pavillon mit Terrasse für die Außengastronomie vorgelagert werden, der an das Untergeschoss anschließt und in den Hang eingegraben ist. Die Terrasse für die Außengastronomie soll seitlich auf mehreren Ebenen organisiert werden, um Eingriffe in den Hang zu minimieren.

Im ISEK (Januar 2021) ist das Projekt mit hoher Priorität und Umsetzung bis 2024 sowie mit Investitionen in Höhe von 2,8 Millionen Euro ausgewiesen. Als Träger ist noch die Stadt aufgeführt.

Investor Christopher Burg, der das Gelände seit gut eineinhalb Jahren beplant, hält sich zu dem Projekt und dem Einspruch bedeckt. „Ich möchte mich in das laufende Verfahren, das ja nun bei der Stadt Fulda liegt, nicht einmischen und damit womöglich beeinflussen“, erklärt er. Auch zur Höhe der Investitionssumme könne er nichts sagen. „Das ist nicht abzuschätzen, weil ich noch nicht weiß, in welchem Umfang ich Baurecht erhalte“, sagt Burg.

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