1. Fuldaer Zeitung
  2. Fulda

Lkw-Kontrollgerät war manipuliert – tödlicher Unfall auf A 7 war vermeidbar

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Redaktion Fuldaer Zeitung

Fotos: Charlotte Neumann
Fotos: Charlotte Neumann

Fulda - 2018 sind im Landkreis Fulda 15 Menschen im Straßenverkehr tödlich verunglückt. Einer dieser Unfälle, der am 24. August 2018 auf der A 7 passierte und bei dem eine 29-Jährige starb, war gestern Gegenstand einer Verhandlung am Amtsgericht. Das Kontrollgerät im Lastwagen des 64-jährigen Unfallverursachers war manipuliert und er abgelenkt. Er wurde zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Von unserem Redaktionsmitglied Daniela Petersen

Der 24. August 2018 war ein sonniger Tag. Ein Freitagnachmittag, an dem viele auf der Autobahn 7 unterwegs waren. Als der Verkehr zwischen dem Autobahndreieck Fulda und der Rastanlage Großenmoor stockte, – und obwohl das Stauende in der Nähe des Parkplatzes Rotkopf offenbar gut einzusehen war – kam es zur Katastrophe: Ein Sattelschlepper fuhr mit mehr als 90 Stundenkilometern auf den Kleinwagen einer 29-Jährigen aus Rudolphshan auf. Sie wurde dabei so schwer verletzt, dass sie am nächsten Tag im Krankenhaus starb.

„Auf den ersten Blick sieht es so aus, dass dies ein Unfall ist, bei dem jemand nicht aufgepasst hat. Aber es ist mehr als das“, sagte Richter Christoph Mangelsdorf. Der 64-jährige Fahrer, der in Krakau lebt und damals für eine polnische Firma arbeitete, habe ein schweres Fehlverhalten gezeigt – nicht zuletzt deshalb, weil das sogenannte EG-Kontrollgerät manipuliert gewesen sei und eine niedrigere Geschwindigkeit angezeigt habe.

Optische und akustische Warnsignale

Erlaubt waren 80, doch laut Gutachten fuhr der Lastwagen 96 Stundenkilometer. „Das EG-Kontrollgerät hat 90 angezeigt. Wer es manipuliert hat, lässt sich nicht mehr feststellen“, erklärte Mangelsdorf. Als Berufskraftfahrer hätte der Angeklagte aber ein Gespür dafür haben müssen, dass er schneller unterwegs war: „Der Gutachter sagte es treffend: ,Er hätte merken müssen, dass seine 80 schneller waren als die der anderen‘“, betonte Mangelsdorf.

Dass das Gerät eine niedrigere Geschwindigkeit als die tatsächliche anzeigte, hatte wohl auch Auswirkungen auf das Notbremssystem des Lastwagens, der zum damaligen Zeitpunkt zwei Jahre alt und damit recht neu war. Ein Gutachten fand heraus, dass das System 58 Meter vor der Kollision optische und akustische Warnsignale gegeben habe. Dann sei eine Teilbremsung erfolgt und schließlich eine Vollbremsung.

Fahrer soll abgelenkt gewesen sein

„Doch als die Vollbremsung eingeleitet wurde, stießen die Fahrzeuge schon zusammen. Das ist ein Zeichen dafür, dass er schneller gefahren ist“, erklärte der Gutachter und verdeutlichte, dass der Unfall hätte verhindert oder zumindest die Folgen hätten verringert werden können: „Wäre er tatsächlich 80 gefahren, hätte er es geschafft, in der Rettungsgasse zum Stehen zu kommen. Aber auch wenn er innerhalb von einer Sekunde auf die Warnsignale reagiert hätte, hätte er auf 60 Stundenkilometer abbremsen und so den Aufprall verringern können.“

Richter Mangelsdorf geht davon aus, dass der 64-Jährige abgelenkt war und deshalb den mit 24 Tonnen schwerer Fracht beladenen Lkw nicht rechtzeitig anhalten konnte. Der Angeklagte selbst kann es sich nicht erklären, wieso er so spät reagiert hat. Er war zum damaligen Zeitpunkt seit 15 Jahren Kraftfahrer. Der Unfall tut ihm leid. Zum Vater und Bruder der 29-Jährigen, die als Nebenkläger auftraten, sagte er: „Ich möchte mich entschuldigen und mein Bedauern zum Ausdruck bringen. Ich bin noch immer geschockt.“

Bewährungszeit beträgt zwei Jahre

Er sprach Polnisch und wurde von einem Dolmetscher übersetzt. Seit dem Unfall ist er in Behandlung bei einem Psychologen und bezieht eine Frührente von umgerechnet 400 Euro.

Richter Mangelsdorf verurteilte ihn wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Die Bewährungszeit beträgt zwei Jahre. Außerdem verliert er den Führerschein für sechs Monate und muss 1600 Euro an die Familie des Opfers zahlen. Damit folgte Mangelsdorf in seinem Urteil weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung bat um ein mildes Urteil ohne Fahrverbot.

Auch interessant