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„Sensationsfund“ im Kreis Fulda: Der Fischotter ist zurück

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Von: Hartmut Zimmermann

Fischotter
Die Tiere waren ausgerottet, weil der Mensch die Fischjäger als Nahrungskonkurrenten wahrnahm, aber auch wegen ihres Fells. © Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

Der Fischotter ist wieder da: Die Tierart, die im Landkreis Fulda seit den 1950er Jahren ausgerottet war, kommt offenbar zurück. Neben einer Beobachtung im Raum Fulda gab es kürzlich einen Totfund bei Hünfeld: Ein Tier war auf der B 27 überfahren worden.

Kreis Fulda - Der Unglücksort liegt unweit der Hünfelder Kläranlage. Offenbar wollte das Tier die Straßenunterführung unter der Bundesstraße nicht nutzen, sondern querte die Fahrbahn – und geriet dabei unter die Räder. Der Fund sei eine kleine Sensation, berichtet Matthias Müller, der Vorsitzende des Naturschutzbunds. Als Hünfelder NABU-Frontmann kennt er die Situation rund um die Haunestadt besonders gut. Für eine Rückkehr des Fischotters in den Landkreis hatte es bisher keine Anzeichen gegeben.

Fulda: Fischotter kehrt in die Region zurück - seit 1950 ausgerottet

„Fischotter sind als ‚Zeigerarten‘ zu sehen, die uns den ökologischen Zustand eines Gewässers demonstrieren“, erklärt Dr. Johanne Steger, Fachdienstleiterin Natur und Landschaft beim Landkreis Fulda. Saubere, fischreiche Gewässer mit strukturreichen Ufern seien die bevorzugten Lebensräume des Fischotters. Als Unterschlupf bevorzuge er beispielsweise Uferunterspülungen oder Wurzeln alter Bäume. Bis zu 70 Prozent seiner Nahrung bestehe aus Fisch, aber auch Amphibien, Krebse und Insekten stünden auf dem Speiseplan. „Flussbegradigungen und Wasserverunreinigungen haben der Art in der Vergangenheit die Nahrungsgrundlage erheblich eingeschränkt“, sagt Steger.

Die Tiere waren ausgerottet, weil der Mensch die Fischjäger als Nahrungskonkurrenten wahrnahm, aber auch wegen ihres Fells. Zeitweise wurden sogar Prämien für den Abschuss der Tiere gezahlt. Matthias Müller betont, dass der Otter zwar auch, aber durchaus nicht nur Fische frisst: „Er ernährt sich von allen möglichen Lebewesen, die er im und am Wasser findet. „Mäuse und Ratten gehören ebenso dazu wie Vögel, Muscheln und eben Fische.“

Der Wert ihres Fells hängt mit der Lebensweise zusammen: Fischotter gehören zur Familie der Marder und sind extrem an das Leben im und am Wasser angepasst: Sie haben an allen Pfoten Schwimmhäute, ihr Fell ist mit bis zu 50.000 Haaren pro Quadratzentimeter extrem dicht. Zum Vergleich: Beim Biber sind es manchmal 20.000, beim Menschen gerade mal 120 Haare auf der gleichen Fläche. (Lesen Sie auch: Gefährliche Eisen am Haune-Ufer: Galten die Fallen einem Biber?)

Fischotter-Steckbrief

• Größe: 80 bis 90 Zentimeter (ohne Schwanz)

• Gewicht: vier bis acht Kilo (Weibchen), bis 12 Kilo (Männchen)

• Fell: am Rücken dunkelbraun, Unterseite heller. Sehr dicht: Bis 50.000 Haare pro Quadratzentimeter

• Schulterhöhe: 25 bis 30 Zentimeter

• Nahrung: Fische, Krebse, Amphibien, Wasservögel, kleine Säugetiere, Insekten

• Lebensraum: Saubere stehende und fließende Gewässer, die fisch- und strukturreich sind.

• Lebensweise: Einzelgänger, heute meist dämmerungs- und nachtaktiv. Beim Schwimmen ist nur der Kopf sichtbar. Wanderfreudig: Kann in einer Nacht 40 Kilometer zurücklegen.

• Schutzstatus: Nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und dem Bundesnaturschutzgesetz „streng geschützte Art“

• Reviergröße: Männchen besetzen bis zu 40 Kilometer eines Gewässerlaufs, Weibchen bis zu 30 Kilometer. / zi

Neben der Bejagung macht der Rückgang der Fischbestände den Tieren ebenso zu schaffen, wie die zunehmende Verbauung und Kanalisierung vieler Gewässer. Doch dank verschiedener Schutzmaßnahmen hat sich der Bestand in den vergangenen Jahren erholt. Wie Müller berichtet, gab es bereits Fischotter-Beobachtungen an der Werra und der unteren Fulda, aber auch an der Kinzig. Vermutlich wandern die Tiere im Süden und Norden der Region aus unterschiedlichen Populationen zu, denn sowohl in Bayern als auch in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen gibt es bestehende Vorkommen. (Lesen Sie auch: Unbekannte zerstörten Biberdamm: Lebensraum vieler Tiere beschädigt)

Video: Der Fischotter ist Tier des Jahres 2021

Nach dem Fund des überfahrenen Tiers, das präpariert werden soll, erfuhr Müller bei seinen Nachforschungen, dass in diesem Jahr im Südwesten Fuldas ein Fischotter in einer Lebendfalle gefunden (und wieder freigelassen) worden war. Die Falle diente dazu, zum Schutz von Niederwild Beutegreifer wie Fuchs, Marder und Waschbär zu bejagen. „In Deutschland hat der Fischotter keine natürlichen Feinde. Der große Raumanspruch der Art machen ihn aber vor allem in einer dichtbesiedelten und von Verkehrswegen zerschnittenen Landschaft allerdings anfällig gegenüber Verkehrsverlusten“, erklärt Dr. Johanna Steger.

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