Gemeindevertreter lehnen Abdeckung von „Monte Kali“ ab - Wunsch nach Abtragen der Halde

Die Gemeinde Neuhof bei Fulda sieht die Pläne von K+S, den Kaliberg über Jahrzehnte komplett mit Erdaushub und Bauschutt zu bedecken, kritisch. In einer einstimmig verabschiedeten Resolution fordern die Fraktionen das Unternehmen auf, eine andere Lösung als das „Dickschichtverfahren“ zu finden.
Fulda - Kali+Salz steht in der Verpflichtung, die salzhaltigen Abwässer von der Halde in Neuhof bei Fulda zu reduzieren. Dazu will das Unternehmen den Berg mit Millionen Tonnen an Erde und Bauschutt bedecken und begrünen. Nach einer ersten Planung sollen 105 Jahre lang täglich 150 Lkw Material zur Abdeckung herbeischaffen.
Diese Pläne lehnen die Gemeindevertreter jetzt ab. In ihrem Beschluss erklären sie einerseits, dass sie das Dickschichtverfahren komplett ablehnen. Anderseits stellen sie Forderungen für den Fall, dass K+S an seinen Planungen festhält und eine Genehmigung dafür erhält.
Fulda: Neuhof lehnt Abdeckung von „Monte Kali“- ab - Wunsch nach Abtragen
Bürger hatten Anfang 2023 mit der „BI Umwelt Neuhof“ eine Bürgerinitiative gegen die Haldenabdeckung gegründet. Die Zukunft des Kalibergs erhitzt in der Region Fulda die Gemüter. Dabei geht es auch um die Streitpole „ökologisch und effektiv“ oder vor allem „profitabel“?
Die Gemeinde wird in dem Genehmigungsverfahren angehört, aber die Entscheidungen fallen im Regierungspräsidium in Kassel. Die Gemeinde erklärt in ihrem Beschluss zunächst, dass ihr bewusst ist, dass K+S verpflichtet ist, die Haldenwässer zu reduzieren und zu unterbinden.
Eine umweltgerechte Entsorgung der Haldenwässer sei wichtig. Doch dann heißt es in der Resolution: „Die von K+S vorgelegte Planung einer Haldenabdeckung im Dickschichtverfahren stellt die Gemeinde und ihre Bürger vor nicht zu bewältigende Herausforderungen.“
Die absehbaren Auswirkungen des Projekts in der derzeit geplanten Form könnten nicht „auf den Schultern der Bürger der Gemeinde Neuhof getragenwerden“. Gemeinsames Ziel müsse es deshalb sein, die Haldenabwässer durch ein anderes Konzept mit wesentlich geringeren Auswirkungen auf Mensch und Natur zu reduzieren, „damit ein Leben in Neuhof lebenswert bleibt“.
Die Gemeinde fordert „eine sofortige Änderung der jetzigen Primärplanung von K+S. Die geplante Dickschichtabdeckung der Rückstandshalde übersteigt in ihrem Ausmaß und in ihren Auswirkungen deutlich die Belastungsfähigkeit unserer Gemeinde und ihrer Bürger.“
K+S solle ein Vorverfahren einleiten, um mögliche Alternativen zur Verringerung der Haldenabwässer öffentlich zu vergleichen, bevor das Unternehmen eine konkrete Variante zur Genehmigung beantragt. Die Gemeinde fordert weiter die ergebnisoffene und unabhängige Prüfung aller möglichen Varianten.
Hintergrund: Salzhalden
Kalihalde am Rande des Ortes Neuhof bei Fulda ist ein etwa 150 Meter hoher Berg, im Volksmund auch „Monte Kali“ genannt. Er besteht vorwiegend Natriumchlorid (Salz - als Abfallprodukt bei der Kaliproduktion) und Calciumsulfat (Gips) und gehört zum Düngemittel- und Salzproduzenten K+S.
Salzhalden stellen ein ökologisches Problem dar, weil Salze und Schwermetalle durch Niederschläge ausgewaschen werden und Böden, Grundwasser und Oberflächengewässer in der Umgebung belasten. Die Verwertung des Salzes ist aufgrund der Verunreinigungen unwirtschaftlich. (sar)
Dabei seien die Varianten zu bevorzugen, die die geringsten nachteiligen Auswirkungen auf die Neuhofer Bürger haben. Die Projektdauer müsse zeitlich überschaubar bleiben. Eine Inanspruchnahme von Wald und landwirtschaftlichen Flächen solle vermieden werden. Die schonendste Variante müsse dann umgesetzt werden.
Die Wahrung der Neuhofer Lebensqualität und Festigung der Grundwerte „liebenswert – lebenswert – zentral“ sei elementar. Die Profitabilität der Abdeckungsvariante für das Unternehmen dürfe keine Rolle spielen .Eine Erweiterung oder Verlegung von öffentlichen Verkehrswegen solle vermieden werden.
In einer ersten Stellungsnahme sagt K+S-Sprecher Marcus Janz unserer Zeitung: Bei der Prüfung der möglichen Abdeckvarianten hat sich die Dickschichtabdeckung als die für Neuhof-Ellers am besten geeignete herausgestellt – nicht aus Gründen der Profitabilität, sondern weil mit ihr das Ziel am besten erreicht werden kann, die salzhaltigen Haldenwässer zu reduzieren und so Ewigkeitslasten und Langzeitfolgen für nachfolgende Generationen zu vermeiden.“
Bei der Prüfung der möglichen Abdeckvarianten hat sich die Dickschichtabdeckung als die für Neuhof-Ellers am besten geeignete herausgestellt.
Zusätzliche Belastungen der öffentlichen Infrastruktur, insbesondere durch Verkehr, sollten auf ein Mindestmaß reduziert werden. Materialanlieferungen sollten primär über die Schiene erfolgen. Gegen Lärm- und Staubimmissionen solle K+S Schutzmaßnahmen treffen. Für die Abdeckung dürfe kein deutlich belastetes Material genutzt werden.
Zugleich müsse K+S alles dafür tun, damit die Halde nicht weiter wächst. „Grundsätzlich erstrebenswert wäre die Rückführung des gesamten Abraums – spätestens nach Produktionsende“, fordert die Gemeinde. Zugleich fordern die Gemeindevertreter den Fortbestand von K+S als Kalibergbau-Arbeitgeber in Neuhof und größtmögliche Anstrengungen zum Standorterhalt.
„Wir stehen geschlossen für die Sicherung der Arbeitsplätze im Kalibergbau, nicht jedoch in der Abfallwirtschaft“, heißt es in der Resolution. Alle Verfahrensschritte von K+S müssten öffentlich und transparent sein. Die politische Gemeinde Neuhof und die Öffentlichkeit müssten eingebunden werden.
Video: In 750 Metern Tiefe - größte Werkstatt Europas
In Neuhof dürfe keine Abfallhalde entstehen. Letzte Forderung der Gemeinde ist, dass K+S einen „Ewigkeitsfond“ einrichtet, der finanzielle Lasten aus der Halde trägt. K+S teilte mit, dass die geforderte Transparenz bereits gegeben sei. Die Einbindung der politischen Gemeinde sei gewährleistet.
„K+S wird die Forderungen aus der Stellungnahme der Gemeinde noch genauer betrachten. Wir begrüßen das Bekenntnis zum Fortbestand des Kalibergbaus in Neuhof. Um die Kaliproduktion bis zum Ende der wirtschaftlichen Nutzbarkeit der untertägigen Rohsalzvorräte betreiben zu können, ist auch ein Aufbereitungsverfahren gemäß dem Stand der Technik die Voraussetzung. Dazu gehört, dass die salzhaltigen Haldenwässer nachhaltig minimiert werden.“