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Prozess um Kalbacher Ex-Rathauschef: Anwalt trägt neue Argumente für Hölzers Unschuld vor

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Von: Volker Nies

Fulda: Prozess Florian Hölzer
Der ehemalige Kalbacher Bürgermeister Florian Hölzer (links) und sein Anwalt Hans J. Hauschild beteuerten vor dem Landgericht in Fulda die Unschuld des ehemaligen Rathauschefs. ©  Volker Nies

Im Prozess um die angeklagte Veruntreuung von 34.000 Euro eines Rentners durch den früheren Kalbacher Bürgermeister Florian Hölzer (43) hat dessen Anwalt überraschend neue Beweisanträge gestellt. Das Landgericht verschob deshalb die Verkündung eines Urteils. 

Fulda - Am vergangenen Dienstag (25. Oktober) hatte der jüngste Prozesstag mit den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung geendet. Die Anklage zeigte sich überzeugt, dass der ehemalige Bürgermeister im Frühjahr 2020 in dessen Amtszeit 34.000 Euro eines dementen, 90 Jahre alten Rentners veruntreut habe. Staatsanwalt Christoph Wirth beantragte eine Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung sowie die Rückzahlung der 34.000 Euro.

Fulda: Florian Hölzer vor Gericht - Anwalt stellt neue Beweisanträge

Verteidiger Rudolf Karras beantragte hingegen Freispruch: Sein Mandant habe nicht die gesamte Summe der verschwundenen 34.000 Euro abgehoben; zudem habe er das Geld, das er tatsächlich am Geldautomaten vom Konto des Rentners abhob, in Tüten am Eingang von dessen Petersberger Altenheims abgegeben – so, wie es der Wunsch des Rentners gewesen sei. Mitarbeiter des Heims hätten das Geld dem alten Mann übergeben sollen. Der Rentner habe das Geld seiner Tochter in Amerika schicken wollen.

Üblicherweise folgt auf die Plädoyers das Urteil. Das wurde für Montagnachmittag (31. Oktober) erwartet. Doch Richter Dr. Jochen Müller sprach kein Urteil. Er nahm stattdessen drei neue, sogenannte Hilfsbeweisanträge von Hölzers Verteidiger Rudolf Karras entgegen. „Diese Anträge sind an dieser Stelle zulässig“, erklärte Richter Müller als Antwort auf fragende Blicke der Zuschauer. Vorgetragen wurden die Anträge von Karras‘ Kollegen Hans J. Hauschild.

Die Hilfsbeweisanträge sind für den Fall gestellt, dass das Gericht Hölzer nicht freisprechen sollte. Mit ihnen wollen die Verteidiger neue Argumente für Hölzers Unschuld vortragen. Zunächst ging es Karras um die Frage, warum Hölzer das Geld ausgerechnet in Petersberg abhob. Der Ort, wo das Geld abgehoben worden war, hatte in den Plädoyers eine wichtige Rolle gespielt. Staatsanwalt Wirth hatte argumentiert, mit dem Nutzen der Filiale Petersberg habe Hölzer den Eindruck erwecken wollen, der Rentner selbst habe das Geld abgehoben. Verteidiger Karras erklärte das Nutzen der Petersberger Filiale damit, Hölzer habe sich in der Petersberger Filiale ausgekannt.

Jetzt will die Verteidigung beweisen, dass die Automaten der Filialen Sterbfritz und Mittelkalbach, die sich in der Nähe von Holzers Wohnort Sinntal und dem Rathaus in Mittelkalbach befinden, keine 200-Euro-Banknoten ausgeben. Die großen Scheine, die der Rentner gewünscht habe, habe es jedoch in der Filiale in Petersberg gegeben.

Der Verteidiger erklärte ergänzend, Hölzer habe im Frühjahr 2020 – in der Hochphase der ersten Corona-Pandemie, als kaum Treffen stattfanden – viele Behörden- und Arzttermine in Fulda gehabt. Am Rande dieser Treffen habe er in Petersberg Geld abgehoben. Hierzu sagte Staatsanwalt Wirth, die Frage, welche Scheine abgehoben wurden, spiele keine Rolle. Die Frage hatte in dem Verfahren bisher auch keine Rolle gespielt.

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Mit dem zweiten Hilfsbeweisantrag will die Verteidigung zeigen, dass der Rentner Hohlräume seines Ford Fiestas so präpariert habe, dass er darin Geld hätte verstecken können. Die Frage ist wichtig, denn im Zimmer des Rentners war kein Geld gefunden worden. Wirth sagte dazu, natürlich könne man in einem Auto Geld verstecken. Sie spiele für die Frage von Hölzers Schuld aber keine Rolle.

Mit dem dritten Beweisantrag schließlich fordert die Verteidigung Ermittlungen, ob der Senior unter den Mitarbeiterinnen des Altenheims eine Vertraute gehabt habe, der er womöglich viel Geld schenkte. Davon, dass das Opfer eine „Vertraute“ besaß, hatten erstmals zwei Zeugen gesprochen, die kurz vor Ende der Beweisaufnahme auf Hölzers Wunsch gehört wurden. Der Staatsanwalt sagte dazu: „Die Vermutung, es habe eine Vertraute gegeben, ist mehr oder weniger konstruiert. Die Aussagen der beiden Zeugen halte ich für fragwürdig.“

Die Dritte Strafkammer will die Verhandlung am Freitag (4. November) um 10 Uhr fortsetzen. Sie könnte die Beweiserhebung fortsetzen – so wie es die Verteidigung beantragte – oder ihr Urteil sprechen.

Hölzer schloss den Verhandlungstag erneut mit der Beteuerung seiner Unschuld: „Ich hatte es nicht nötig, meinen Freund zu bestehlen. Ich habe den Fehler gemacht, mir bei der Geldübergabe keine Quittung geben zu lassen. Dafür habe ich bitter bezahlt“, sagte Hölzer und schloss mit den gleichen Worten wie vor einer Woche nach den Plädoyers: „Ich bin unschuldig. Ausrufezeichen.“

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