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Im Durcheinander der Welt: Warum die Botschaft von Ostern aktueller denn je ist

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Von: Volker Nies

Die Frühlingssonne am Ostersonntag genießen? Das können Sie mit unseren Ausflugstipps in und um Fulda.
Frühlingsboten wie die Narzissen symbolisieren die Auferstehung Jesu, die an Ostern gefeiert wird. Für zwei Pfarrer aus dem Kreis Fulda ist die Bedeutung des Fests aktueller denn je. (Symbolfoto) © Sebastian Gollnow/dpa

Ostern ist das wichtigste Fest der Christen. Denn sie feiern die Auferstehung Christi. Was hat uns dieses Ereignis heute zu sagen? Anke Mölleken (39), Pfarrerin der Lutherkirche in Fulda, und Carsten Noll (52), Pfarrer in Eckweisbach und Dechant in der Rhön, geben Antworten.

Fulda - Viele Menschen, ja ganz Europa, lebt derzeit im Durcheinander, sagt Mölleken. „Dabei war es auch an Karfreitag und Ostersonntag alles andere als beschaulich in Jerusalem. Die Stadt platzte aus allen Nähten. Jesus wird nicht mit innerer Kontemplation seinen Kreuzweg gelaufen sein, sondern im Tumult. In der Luft lag die Hoffnung auf einen politischen Umbruch, die Besatzungsmacht sollte gestürzt werden, die Menschen wollten einen Neuanfang.“

Botschaft von Ostern ist aktueller denn je - Pfarrer klären auf

Die Pfarrerin aus Fulda sagt, Jesus werde nicht andächtig ausgesehen haben. „Er hatte Schmerzen, er wurde gedemütigt, war zum Spielball der Menschen um ihn herum geworden. Konnte er einen klaren Gedanken fassen? Konnte er sich auf Gott besinnen und beten? Wusste er, dass in nur drei Tagen etwas ganz Neues beginnen würde?“

Ihr bedeutet es viel, dass Karfreitag im Tumult geschah. „Ich sehe viel Durcheinander im Hier und Jetzt. Ich mache mir Sorgen um die Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft. Auch in unserer Luft liegt die Hoffnung, die russische Besatzungsmacht zu stoppen, sowie die Erwartung eines Neuanfangs für die Ukraine und für Europa.“

Jesus kenne das Durcheinander aus eigener Erfahrung. „In der Ostergeschichte erkenne ich: Gott bleibt aktiv, auch wenn es drunter und drüber geht. Am Ostermorgen gibt Gott Jesus ein neues Leben. Das macht mir Mut: Auch in meinem persönlichen Durcheinander, sogar in der Finsternis eines Krieges, kann Neues beginnen. Die Welt ist durcheinander, aber Gott bleibt uns nah. Und schenkt immer wieder einen Neuanfang.“

Anke Mölleken, Pfarrerin der Lutherkirche in Fulda.
Anke Mölleken, Pfarrerin der Lutherkirche in Fulda. © Lutherkirche

Mölleken feiert am Ostersonntag in der Lutherkirche um 6 Uhr die Osternacht mit anschließendem Osterfrühstück. Um 11 Uhr folgt ein bunter Familiengottesdienst mit Taufe. Hier finden Sie eine Übersicht mit den evangelischen Gottesdiensten an Karfreitag und Ostern in Fulda.

Carsten Noll erklärt: „Ostern ist für mich das Fest der begründeten Hoffnung, dass das Licht über die Dunkelheit und das Leben über den Tod siegen wird. Um Ostern zu feiern, kommt man aber am Karfreitag, am Leiden und Sterben Jesu nicht vorbei. Da ist keine begeisterte Menge mehr, die sich an Jesu Wundertaten erfreut.“

Um Ostern zu feiern, kommt man aber am Karfreitag, am Leiden und Sterben Jesu nicht vorbei.

Pfarrer Carsten Noll

Noll weiter: „Am Ende scheitert sogar die Gruppe der zwölf Apostel: Einer wird zum Verräter, einer verleugnet, Jesus zu kennen, neun scheinen ganz von der Bildfläche zu verschwinden, mit Johannes hält nur einer – das sind 8,3 Prozent – unter dem Kreuz aus. Mit dem schweren Stein, der dann vor das Grab Jesu gerollt wird, scheinen nicht nur der tote Leib, sondern auch alle Hoffnung begraben zu sein.“

Doch das Unglaubliche geschehe: „Nach einer Totenstille bricht sich neues Leben Bahn. Die Berichte der Evangelien überschlagen sich, angefangen von der Begegnung des Auferstandenen mit Personen aus dem Jüngerkreis, bis zum Erscheinen des Auferstandenen vor mehreren Hundert Personen. Dieses erste Ostern kann für mich keine Inszenierung, sondern einzig göttliches Eingreifen in die Geschichte sein.“

Carsten Noll, Pfarrer in Eckweisbach und Dechant in der Rhön.
Carsten Noll, Pfarrer in Eckweisbach und Dechant in der Rhön. © privat

In den Ostermessen wird Noll über seine Überzeugung sprechen, dass sich das erste Ostern in der Geschichte der Menschheit immer wieder ereignet, vielleicht in unseren Tagen spürbarer denn je. „Weltpolitisch die Katastrophe um den Angriffskrieg auf die Ukraine. Im kirchlichen Kontext in Deutschland die Erfahrung, dass wir keine Volksbewegung mehr sind. Dass persönliche Schuld und konkretes Versagen den Glauben und die Hoffnung vieler ins Wanken gebracht haben“, sagt er.

„Wenn ich auf die Gruppe der praktizierenden Christen schaue, dann muss ich unweigerlich an die 8,3 Prozent denken, für die Apostel Johannes unter dem Kreuz steht. Irgendwie scheinen wir darauf zu warten, wann der schwere Stein vor die Öffnung des Grabes rollt. Doch seit dem ersten Ostern ist die begründete Hoffnung nicht mehr totzukriegen“, so Noll. Gott habe durch 2000 Jahre Kirchengeschichte gezeigt, dass er sein Volk immer wieder auf einen guten Weg geführt hat.

Video: Sechs Fakten zum Thema Ostern

Noll feiert Ostern in den Messen in Eckweisbach am Sonntag um 5.30 Uhr und um 10.30 Uhr sowie am Montag um 10.30 Uhr. Diese Messen werden im Internet live übertragen (www.bit.ly/3GrCRl5). Nicht übertragen werden am Montag die Vesper um 18 Uhr in Eckweisbach und die Messe um 9 Uhr in Simmershausen. Auch im Fuldaer Dom wird das Osterfest natürlich ausgiebig gefeiert.

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