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Staatsanwalt weitet Ermittlungen aus - Jetzt drei Tatvorwürfe gegen ehemaligen R+S-Vorstandschef

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Von: Volker Nies

Die R+S-Zentrale im Münsterfeld.
Die R+S-Zentrale im Münsterfeld. Der Konzern fordert acht Millionen von zwei ehemaligen Vorstandmitgliedern. © Tobias Farnung/fuldaerzeitung.de

Die Staatsanwaltschaft Fulda hat ihre Ermittlungen gegen einen früheren Vorstandschef der R+S-Group ausgeweitet. Sie geht jetzt auch dem Verdacht der Steuerhinterziehung nach. Der frühere Vorstandschef wehrt sich gegen das Vorgehen der Ermittler.

Fulda - Der ehemalige, im November 2019 ausgeschiedene Chef der R+S-Group muss sich an gleich zwei juristischen Fronten behaupten. Beide Male geht es um viel Geld. Vor einer Zivilkammer des Landgerichts Fulda verlangt das Unternehmen R+S Group von dem früheren Vorstandschef, der auch Haupteigentümer des Konzerns war, und einem weiteren ehemaligen Vorstandsmitglied einen Schadensersatz von acht Millionen Euro.

Fulda: Jetzt drei Tatvorwürfe gegen ehemaligen R+S-Vorstandschef

Die Firma wirft den früheren Vorstandsmitgliedern Bilanzmanipulation vor. In der Güteverhandlung vor dem Landgericht wies der Ex-Vorstandschef die Vorwürfe zurück. Dessen ehemaliger Vorstandskollege hatte zuvor erklärt, der Vorstandschef habe ihn zur Manipulation aufgefordert.

Der Prozess vor der 6. Zivilkammer des Landgerichts wurde im Februar 2022 eröffnet. Der zunächst angesetzte Fortsetzungstermin im Dezember 2022 wurde kurz vor dem Termin abgesetzt, weil sich ein wichtiger Zeuge auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen hatte.

Der nächste Verhandlungstermin soll Mitte Oktober 2023 stattfinden. Gerichtssprecher Patrick Krug erklärt die langen Zeiträume zwischen den Prozessterminen damit, dass es nicht zuletzt wegen der Beteiligung großer, viel beschäftigter Anwaltskanzleien schwierig sei, Termine zu finden, die allen Beteiligten passen.

Neben dieser zivilrechtlichen Seite geht es für den Firmengründer und Ex-Vorstandschef um strafrechtliche Vorwürfe. Die Staatsanwaltschaft Fulda hatte zunächst wegen des Verdachts der Bilanzmanipulation gegen den Manager ermittelt, die Ermittlungen aber im August 2021 eingestellt, da kein strafbares Handeln vorgelegen habe.

Im Sommer 2022 nahm die Staatsanwaltschaft ein neues Ermittlungsverfahren gegen ihn auf. „Gegenstand ist der Verdacht, Bilanzen unrichtig aufgestellt zu haben, woraus sich der strafrechtliche Vorwurf der Untreue oder des Betrugs ableiten könnte“, äußerte die Staatsanwaltschaft.

Staatsanwaltschaft rechnet mit langwierigen Ermittlungen

Jetzt haben die Strafverfolger ihre Ermittlungen ausgeweitet. Es geht mittlerweile um drei Tatvorwürfe. Die Staatsanwaltschaft berichtet: „Derzeit sind insgesamt drei Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und andere Personen im Zusammenhang mit der Firma R+S anhängig. Ein Verfahren hat den Vorwurf der Steuerhinterziehung zum Gegenstand. Die beiden weiteren Verfahren betreffen Vorwürfe der Untreue und Verstöße gegen Buchhaltungsvorschriften.“

Die Staatsanwaltschaft rechnet offenbar mit langwierigen Ermittlungen. Denn auf die Frage, wann mit einem Ergebnis zu rechnen sei, antwortet die Fuldaer Justizbehörde: „Die Ermittlungen dauern allesamt an. Mit ihrem Abschluss ist nicht vor Jahresende zu rechnen.“

Der Vorstandsvorsitzende wehrt sich gegen die Ermittlungen. Der Anwalt des Beschuldigten, Rechtsanwalt Sascha Lübbersmann, erklärt unserer Zeitung: „Gerne würde mein Mandant die unberechtigten Vorwürfe konkret entkräften. Allerdings wird ihm das durch die Verfahrensbehandlung der Staatsanwaltschaft Fulda unmöglich gemacht. Um den unberechtigten Vorwurf der Bilanzmanipulation ausräumen zu können, wird von uns bereits seit einem Jahr bei der Staatsanwaltschaft Fulda wiederholt Akteneinsicht beantragt.“

Doch die Behörde verweigere andauernd die Akteneinsicht, obwohl es aus Lübbersmanns Sicht keinen rechtlichen Versagungsgrund gibt. Der Anwalt habe deshalb im November 2022 eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den zuständigen Staatsanwalt eingelegt. Anwalt Lübbersmann kritisiert: „Die Staatsanwaltschaft Fulda hat aber selbst nach der Dienstaufsichtsbeschwerde weder die rechtlich gebotene Akteneinsicht gewährt noch gar überhaupt auf unsere Dienstaufsichtsbeschwerde reagiert.“

Ehemaliger R+S-Vorstandschef wehrt sich gegen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Fulda

Die Staatsanwaltschaft bestätigt, dass sie dem Verteidiger Akteneinsicht verweigert: „Grund ist, dass das Ermittlungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist und eine Akteneinsicht zum jetzigen Zeitpunkt den Untersuchungszweck gefährden könnte.“

Zu den steuerrechtlichen Vorwürfen sagt der Anwalt, diese seien nicht nachvollziehbar. „Denn diese betreffen unternehmensbezogene Sachverhalte, die mehrfach bereits Gegenstand von regelmäßigen Steuerprüfungen gewesen sind und zudem durchgängig von einem großen Fuldaer Steuerbüro vorbereitet, begleitet und geprüft worden sind, ohne dass es Beanstandungen gegeben hätte.“

Der journalistische Berater des Beschuldigten, Thomas Schulz, ergänzt: „Die Verfahren sind davon geprägt, dass dem Beschuldigten Zahlen, Daten oder Fakten verweigert werden. Prägend ist zudem, dass der amtierende R+S-Vorstand immer dann den öffentlichen Druck über weitere Unterstellungen erhöht, wenn dessen bisherige Behauptungen im Sande verlaufen. In diesem Fall mit einer Anzeige beim Finanzamt, zu der diese Behörde dem Beschuldigten attestiert, dass keine konkreten Indizien vorliegen, dass der Beschuldigte an diesen Taten beteiligt sein könnte.“

Die Umgebung des früheren Vorstandschefs hat den Eindruck, dass R+S mit Strafanzeigen der zivilrechtlichen Haftungsklage Rückenwind verschaffen will.

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