Auch der Vorsitzende der Fuldaer Tafel, Professor Dr. Richard Hartmann, rechnet mit einer steigenden Anzahl Bedürftiger, weil Osthessen immer mehr Geflüchtete aus der Ukraine aufnimmt. Diese würden gerade noch in Sammelunterkünften versorgt. Zwar registrierte die Tafel in Fulda seit Beginn des Jahres einen Besucherzuwachs von fünf bis zehn Prozent, jedoch habe es bis dato keinen Rückgang an Spenden und demnach keine Versorgungsengpässe gegeben.
„Bei uns ist noch keine Panik ausgebrochen. Wir haben selbst vergangene Woche drei Paletten mit Lebensmitteln an die Flüchtlingsunterkunft in Dietershausen gesendet“, sagt Hartmann. Der Vorsitzende der Tafel Fulda lobt die Arbeit der Organisation auf Bundesebene. „Auch in Fulda haben wir jüngst einige neue Helferinnen und Helfer dazugewonnen, die sich vielfältig engagieren.“
Ähnlich ist die Lage in Hünfeld, wie Rudolf Köhl, Koordinator der Tafel Hünfeld, schildert. Die örtlichen Supermärkte hätten den Umfang ihrer Spendenlieferungen in den vergangenen Wochen und Monaten aufgrund der Inflation zwar reduziert, dies habe aber bei seiner Tafel bislang zu keinen Engpässen geführt. „Die Geschäfte disponieren anders – sie bestellen weniger, da die Kunden aufgrund der gestiegenen Preise weniger einkaufen“, sagt Köhl. Daher blieben wiederum weniger Lebensmittel zum Spenden übrig. Trotz Mehrbedarf durch Geflüchtete aus der Ukraine könne die Tafel nach wie vor alle Bedürftigen versorgen.
Matthias Pusch, Pressesprecher von Tegut, erklärt, ihm sei über eine Änderung der Zuteilungsmengen nichts bekannt. Das Unternehmen mit Sitz in Fulda unterstütze zudem seit Beginn des Ukraine-Kriegs einige Hilfsaktionen mit Lebensmittel-Lieferungen, wie zum Beispiel Babynahrung.
„Wir spenden nach wie vor täglich an die Fuldaer Tafel“, erzählt auch Klaus-Peter Schwan. Sein Edeka-Markt in der Fuldaer Boyneburgstraße gebe seit jeher Ware, die sich nicht mehr zum Verkauf eignet, an die Tafel ab. „Mir widerstrebt es, Lebensmittel im großen Stil wegzuwerfen“, bekundet der Inhaber.
Die Inflation habe sich bei seiner Kundschaft nicht negativ auf das Kaufverhalten ausgewirkt. Der Krieg habe die Nachfrage eher erhöht, so Schwan. Er sieht sich daher mit Problemen bei der Belieferung konfrontiert: „Durch die Hamsterkäufe stehen wir mit dem Rücken zur Wand und sind dankbar, wenn wir genug Ware geliefert bekommen.“ Er müsse mittlerweile bei der Ausgabe mancher Waren, wie Mehl und Öl, eine Obergrenze pro Haushalt festlegen. „Deswegen bestellen wir nicht weniger und geben weiterhin an die Tafeln ab, was wir können“, sagt Klaus-Peter Schwan.
Die Tafel im Bergwinkel habe in den vergangenen Wochen weniger Lebensmittelspenden von den Supermärkten erhalten als zuvor, wie Vorsitzende Jutta Mieke berichtet. „Letzte Woche hat eine unserer Ausgabestellen keine Kühlware erhalten. Unsere Sortierteams werden immer schneller fertig und können oft eine halbe Stunde früher gehen, als zuvor“, erzählt sie.
Hinter dem Rückgang der Menge gespendeter Lebensmittel vermutet die Vorsitzende mehrere Faktoren: „Wegen der steigenden Preise greifen mehr Kundinnen und Kunden im Supermarkt zu den reduzierten Artikeln mit kurzer Haltbarkeit, die sonst an uns abgegeben würden.“ Außerdem kalkulierten die Geschäfte vorsichtiger, und durch die Geflüchteten steige der Bedarf an Spenden. Die Tafel im Bergwinkel versorge seit vergangener Woche zusätzlich vier geflüchtete Familien aus der Ukraine. Schließlich belasteten die Organisation auch die hohen Kraftstoffpreise. „Uns kommen an der Zapfsäule auch die Tränen, und wir können die Fahrten zu den Märkten nicht einsparen“, erklärt Jutta Mieke.
Trotz allem könne ihre Tafel die Situation derzeit noch stemmen und alle Bedürftigen versorgen. Ihr Team habe nun damit begonnen, einzelne Unternehmen gezielt um Unterstützung zu bitten. Die Vorsitzende ist ob der schweren Zeiten allen dankbar, die sich im Verein engagieren. Es fänden sich immer wieder Leute, die helfen. Mieke: „Insgesamt ist unsere Gesellschaft sehr solidarisch.“