Eine 43-Jährige, die als Dialyseschwester gearbeitet hat, zog bereits Konsequenzen. „Ich werde mich über die IHK weiterbilden lassen und fange bei einer Vermögensberatung an.“ 25 Jahre lang hat sie in dem Beruf gearbeitet. Seit langem sieht sie keine gute Entwicklung.
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht sei das i-Tüpfelchen gewesen: „Die Rahmenbedingungen sind katastrophal. Als Pflegekraft gibt man alles: körperlich, seelisch, psychisch. Eine Impfpflicht finde ich unsinnig, seit einem dreiviertel Jahr weiß man, dass die Impfung keinen Fremdschutz bietet. Dieser Zwang, mein persönliches Wohl hinzugeben, sehe ich nicht ein.“
Ab Mittwoch, 16. März, gilt eine Corona-Impfpflicht für Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen, Kliniken und Arztpraxen. Laut Hessischem Sozialministerium melden die Einrichtung bis Ende März an die Gesundheitsämter, welche Mitarbeiter keinen Nachweis (Impfung, Genesenenstatus oder Attest) vorgelegt haben.
Dann werden diese Beschäftigten vom Gesundheitsamt aufgefordert, diesen Nachweis nachzureichen. Es gilt eine vierwöchige Frist. Geschieht dies nicht, dann kann das Gesundheitsamt ein Bußgeld verhängen – in Hessen drohen 2500 Euro. Erst in einer letzten Stufe prüft die Behörde ein Tätigkeitsverbot. Dieses werde frühestens sechs Wochen nach Entscheidung wirksam.
Der Landkreis Fulda erklärt zum Tätigkeitsverbot: „Zuvor muss in jedem Einzelfall eine Abwägung und Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit erfolgen. Gibt es ein milderes Mittel? Stehen Mittel und Zweck in einem angemessenen Verhältnis? Dazu gehört auch, dass die Einrichtung befragt werden muss, ob durch ein Tätigkeitsverbot die Versorgungssicherheit gefährdet ist.“
Ähnlich geht es einer 59-Jährigen, die ebenfalls seit Jahrzehnten als Krankenpflegerin arbeitet und sich nicht impfen lassen möchte. Als Ungeimpfte habe sie sich von den Kollegen einiges an Kritik anhören müssen: „Die Situation war nicht angenehm. Es gab immer wieder Andeutungen, dass wir Ungeimpften schuld sind an der Pandemie.“ Als „Schikane“ bezeichnet sie die Tatsache, dass Ungeimpfte sich vor dem Dienst in einem Testzentrum testen lassen müssen, während Geimpfte sich selbst testen durften.
Die Ungewissheit, ob und wie sie weiter arbeiten wird, belastet sie. „Der psychische Druck ist groß. Man geht mit dem Gedanken ins Bett und steht damit auf. Ich arbeite seit 40 Jahren in dem Beruf, habe während der Pandemie die ganze Zeit gearbeitet und werde jetzt wegen meiner Impfentscheidung womöglich gekündigt.“
Und ein Kollege, ebenfalls ungeimpft, der als Intensivpfleger arbeitet, sagt: „Ich arbeite seit über 20 Jahren auf intensiv. Das ist alles nichts mehr wert, weil ich eine Entscheidung getroffen habe, die nicht ins Konzept passt.“ Und noch eine Frage treibt ihn um: „Wenn jemand nicht mehr in dem Beruf arbeiten darf: Wie ist man dann abgesichert?“