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Teil-Impfpflicht in Kraft: So reagieren ungeimpfte Pflegekräfte in Fulda

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Von: Daniela Petersen

Seit Mittwoch gilt die Impfpflicht für Pflegepersonal. Wie gehen ungeimpfte Beschäftigte mit der Situation um? Und was planen sie für die Zukunft?
Seit Mittwoch gilt die Impfpflicht für Pflegepersonal. Wie gehen ungeimpfte Beschäftigte mit der Situation um? Und was planen sie für die Zukunft? © Kzenon/stock.adobe.com

Ab Mittwoch (16. März) gilt für Pflege- und Gesundheitspersonal eine Corona-Impfpflicht. Vor dem Start gab es massive Kritik. Und die Sorge wird laut, dass sich Pflegepersonal umorientiert.  

Fulda - Bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie wurde immer ein Hauptziel ausgerufen: Das Gesundheitssystem darf nicht kollabieren. Deutschland braucht genügend Intensivbetten – und Menschen, die die Patienten betreuen. Die Teil-Impfpflicht und das damit verbundene mögliche Tätigkeitsverbot könnten genau dazu führen:

Dass Menschen, die sich nicht impfen lassen möchten, nicht mehr am Patienten arbeiten dürfen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz mahnte, mit der Impfpflicht werde die Pandemie in der Alten- und Krankenpflege nicht beherrschbar sein. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) warnte vor Versorgungsengpässen. In vielen Städten kam es zu Demonstrationen gegen die Impfpflicht - so auch in Fulda.

Beschlossen wurde das Gesetz Mitte Dezember. Seitdem steht eine 62-jährige Krankenpflegerin aus Fulda vor einem Problem: Sie liebt ihren Job, den sie seit über 40 Jahren ausübt, möchte sich aber nicht impfen lassen. „Ich habe grundsätzlich Bedenken, weil dieser Impfstoff noch nicht lange auf dem Markt ist und ich auch massive Nebenwirkungen gesehen habe. Das will niemand wahrhaben und wird von den Hausärzten auch nicht ernst genommen.“

Corona-Impflicht: So reagiert jetzt ungeimpftes Pflegepersonal aus Fulda

Der Druck auf die Ungeimpften sei groß: „Es gibt Kollegen, die von sich aus gekündigt haben. Andere haben sich gegen ihre Überzeugung und trotz der Bedenken und Ängste impfen lassen“, sagt sie. Wie es nach dem 15. März nun weitergeht, will sie erst einmal abwarten. (Lesen Sie hier: Impfpflicht in Kliniken - droht jetzt die Kündigungswelle?)

„Ich stehe im Dienstplan, werde weiter arbeiten und gucken, was vom Gesundheitsamt kommt.“ Sie glaubt nicht, dass es bis zum Äußersten kommt und sie ein Hausbetretungsverbot oder ein Tätigkeitsverbot erhält. Und dennoch: Wenn es dazu kommt, möchte sie dabei bleiben: „Ich werde mich nicht impfen lassen und bin auch bereit, eine Geldstrafe zu zahlen – wem auch immer das etwas bringen soll.“

Eine 43-Jährige, die als Dialyseschwester gearbeitet hat, zog bereits Konsequenzen. „Ich werde mich über die IHK weiterbilden lassen und fange bei einer Vermögensberatung an.“ 25 Jahre lang hat sie in dem Beruf gearbeitet. Seit langem sieht sie keine gute Entwicklung.

Impfpflicht als „i-Tüpfelchen“ - Manche Pflegekräfte kündigen

Die einrichtungsbezogene Impfpflicht sei das i-Tüpfelchen gewesen: „Die Rahmenbedingungen sind katastrophal. Als Pflegekraft gibt man alles: körperlich, seelisch, psychisch. Eine Impfpflicht finde ich unsinnig, seit einem dreiviertel Jahr weiß man, dass die Impfung keinen Fremdschutz bietet. Dieser Zwang, mein persönliches Wohl hinzugeben, sehe ich nicht ein.“

Das ist geplant

Ab Mittwoch, 16. März, gilt eine Corona-Impfpflicht für Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen, Kliniken und Arztpraxen. Laut Hessischem Sozialministerium melden die Einrichtung bis Ende März an die Gesundheitsämter, welche Mitarbeiter keinen Nachweis (Impfung, Genesenenstatus oder Attest) vorgelegt haben.

Dann werden diese Beschäftigten vom Gesundheitsamt aufgefordert, diesen Nachweis nachzureichen. Es gilt eine vierwöchige Frist. Geschieht dies nicht, dann kann das Gesundheitsamt ein Bußgeld verhängen – in Hessen drohen 2500 Euro. Erst in einer letzten Stufe prüft die Behörde ein Tätigkeitsverbot. Dieses werde frühestens sechs Wochen nach Entscheidung wirksam.

Der Landkreis Fulda erklärt zum Tätigkeitsverbot: „Zuvor muss in jedem Einzelfall eine Abwägung und Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit erfolgen. Gibt es ein milderes Mittel? Stehen Mittel und Zweck in einem angemessenen Verhältnis? Dazu gehört auch, dass die Einrichtung befragt werden muss, ob durch ein Tätigkeitsverbot die Versorgungssicherheit gefährdet ist.“

Ähnlich geht es einer 59-Jährigen, die ebenfalls seit Jahrzehnten als Krankenpflegerin arbeitet und sich nicht impfen lassen möchte. Als Ungeimpfte habe sie sich von den Kollegen einiges an Kritik anhören müssen: „Die Situation war nicht angenehm. Es gab immer wieder Andeutungen, dass wir Ungeimpften schuld sind an der Pandemie.“ Als „Schikane“ bezeichnet sie die Tatsache, dass Ungeimpfte sich vor dem Dienst in einem Testzentrum testen lassen müssen, während Geimpfte sich selbst testen durften.

Video: Teil-Impfpflicht: Pflegekräfte müssen Nachweise zeigen

Die Ungewissheit, ob und wie sie weiter arbeiten wird, belastet sie. „Der psychische Druck ist groß. Man geht mit dem Gedanken ins Bett und steht damit auf. Ich arbeite seit 40 Jahren in dem Beruf, habe während der Pandemie die ganze Zeit gearbeitet und werde jetzt wegen meiner Impfentscheidung womöglich gekündigt.“

Und ein Kollege, ebenfalls ungeimpft, der als Intensivpfleger arbeitet, sagt: „Ich arbeite seit über 20 Jahren auf intensiv. Das ist alles nichts mehr wert, weil ich eine Entscheidung getroffen habe, die nicht ins Konzept passt.“ Und noch eine Frage treibt ihn um: „Wenn jemand nicht mehr in dem Beruf arbeiten darf: Wie ist man dann abgesichert?“

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