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Werden in der Rhön „echte Winter“ rar? Liftbetreiber zwischen Enttäuschung und chronischem Optimismus

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Von: Hartmut Zimmermann

Schnee ist Magelware auf der Wasserkuppe
„Wann wird es noch mal richtig Winter?“ Die Antwort heißt wohl „seltener“ – und sie stellt die Liftbetreiber in Rhön und Vogelsberg vor grundsätzliche Fragen. © Frank Rumpenhorst/dpa

Auch wenn es einen verlockenden Dezember-Start in die Alpin-Saison 2022/2023 gab: Nun ist das Wetter seit Wochen zu mild. Die Liftbetreiber schauen mit Besorgnis in die nächsten Jahre. Die Daten der Meteorologen ermutigen sie weder kurz- noch mittelfristig. Skifahren in der Rhön könnte ein Auslaufmodell werden.

Rhön/Vogelsberg - Der Schnee, der vor Weihnachten die Wintersportler rund um die Wasserkuppe begeisterte, ist längst geschmolzen und die Fulda hinabgeflossen. „Ziemlich teures Flusswasser“, kommentiert der Diplom-Meteorologe Oliver Reuter.

Der Wetterexperte aus Eiterfeld-Arzell hegt starke Zweifel daran, dass der alpine Skisport hierzulande in den kommenden Jahrzehnten noch ein Geschäftsmodell sein kann. „Wir werden auch in 40, 50 Jahren noch Winter in der Rhön haben, – aber das wird viel, viel seltener sein als derzeit. Das sage ich, auch wenn mir dabei das Skifahrer-Herz blutet.“

Rhön: „Echte Winter“ bald rar? Skiliftbetreiber blicken besorgt in die Zukunft

Mit sehr gemischten Gefühlen blickt Harald Jörges (66), der mit seiner Familie den Lift am Zuckerfeld bei Gersfeld-Oberfeld betreibt, in die Zukunft. Er sei nach dem guten Start im Dezember gerade sehr enttäuscht und etwas niedergeschlagen.

Ein guter Restwinter könne die Saison retten – „und dann gehen wir ganz zuversichtlich in die nächste Saison“. Aber die Erfahrung zeige eben, dass solche Wetterlagen seltener würden, auch wenn er sich noch an Jahre erinnern könne, in denen Schneefräsen den Weg zu Wasserkuppe hätten freihalten müssen.

Aber beim Blick in die Zukunft des Liftbetriebs sehe er wegen des Klimawandels viele Fragezeichen, ob sein Sohn und sein Neffe die Arbeit mit ähnlicher Intensität weiterbetreiben könnten. Große Zukunftsinvestitionen könne man da kaum stemmen. „Ich sage nicht, dass wir aufhören wollen“, unterstreicht Jörges – „aber es wird immer schwieriger.“ Um so mehr bedauere er es, dass ausgerechnet der Corona-Winter mit dem erzwungenen Lift-Stopp eigentlich eine tolle Saison gebracht hätte.

Wir werden auch in 40, 50 Jahren noch Winter in der Rhön haben, – aber viel, viel seltener.

Oliver Reuter, Diplom-Meteorologe

„Wir hatten schon elf Ski-Tage – und Tauwetter über Weihnachten ist eher der Normalfall als die Ausnahme“, stellt Florian Heitmann, Betriebsleiter der Wiegand-Liftanlagen auf der Wasserkuppe, nüchtern fest. Die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte zeigt, dass nicht der Dezember, sondern das Wetter im Januar und Februar darüber entscheide, was ein gute Saison sei. Daher sei er „chronisch optimistisch“.

Diese Beschreibung findet auch Heitmanns Chef passend: Geschäftsführer Hendrik Wiegand. Der Klimawandel mache sich bemerkbar, so der Chef des Unternehmens, das auch auf dem Hoherodskopf im Vogelsberg eine Lift betreibt. Gerade dort – der Berg ist mit 763 Metern knapp 200 Meter niedriger als die Wasserkuppe – gebe es immer häufiger Jahre, in denen die Skisaison ganz ausfalle oder nur mal fünf oder zehn Tage dauere. Da müsse ein Unternehmen überlegen, ob der Aufwand für TÜV, Technik und Betrieb lohne.

Video: Schnee-Traum auf der Wasserkuppe schmilzt dahin

Denn selbst auf der Wasserkuppe sei der Skibetrieb, anders als vor Jahrzehnten nicht mehr ohne Kunstschnee aus der Schneekanone möglich. Dafür brauche man aber nicht nur Energie, sondern auch Wasservorräte: „Wenn die Schneekanonen auf der Wasserkuppe drei Tage laufen, dann sind die Teiche leer – wir können da nicht auf der grünen Wiese losballern.“ Bei der Wasserkuppe sei es gut, dass das Unternehmen einen „schlechten Winter“ durch den Sommerbetrieb ausgleichen könne. Auch aktuell läuft der Rhönbob.

Der wetterkundige Oliver Reuter geht davon aus, dass dieser Ausgleichsbedarf auch in diese Jahr entstehen könnte. „Die Perspektiven für die kommenden sind nicht so, dass sich so etwas wie eine stabile Winterwetterlage abzeichnet“, berichtet er. Zwar gebe es über Osteuropa einen Kaltlufteinbruch, der sine Ausläufer bis nach Litauern vorgeschoben habe. Aber nach den Prognosen werde davon in wenigen Tagen kaum etwas übrig bleiben, denn die West-Südwest-Strömung, die das milde Wetter mitbringt, sei sehr stabil.

Das sage nichts über die Entwicklung im Februar aus, Aber wie schon mit der Hitzewelle im vergangenen Sommer zeige sich auch bei der aktuellen Serie von Tiefdruckgebieten, dass sich das Wettergeschehen sich seltener ändere. Und fall doch, dann seien künftig rasante Wechsel wie jetzt von minus 15 Grad auf 10 Grad plus eher „normal“.

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