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Druck auf Tanner Flugblatt-Autoren nimmt zu: FDP leitet Fraktionsausschlussverfahren ein

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Von: Leon Schmitt

Zum Maimarkt in Tann werden am Sonntag zahlreiche Besucher erwartet. Dort wird es – als Reaktion auf die Flugblatt-Aktion – eine Ausstellung geben, die Menschen mit Behinderung aus Tann zeigt.
Zum Maimarkt in Tann werden am Sonntag zahlreiche Besucher erwartet. Dort wird es – als Reaktion auf die Flugblatt-Aktion – eine Ausstellung geben, die Menschen mit Behinderung aus Tann zeigt. © Stadt Tann

Das Flugblatt in Tann, das sich gegen Menschen mit Behinderung richtet, schlägt weiter hohe Wellen. Rücktrittsforderungen gegen die drei Kommunalpolitiker, die das Schreiben verfasst und in Tann verteilt haben, werden lauter. 

Tann - Die drei Autoren des kontroversen Tanner Flugblattes, Andrea Willing, Brunhilde Fischer und Klaus Dänner, stehen unter Druck. Gegen Andrea Willing hat die Tanner FDP nun ein Fraktionsausschlussverfahren angestoßen. Sie ist zwar, genauso wie Klaus Dänner, kein FDP-Mitglied, führt aber die FDP-Fraktion in der Stadt Tann an.

Ihr Kollege und Stadtverordnetenvorsteher Jörg Witzel (FDP), mit dem sie seit Jahren kommunalpolitisch zusammenarbeitet, hat ihr den Rücktritt nahegelegt, wie er unserer Zeitung erklärt. Nun hat Witzel außerdem als Stadtverbandsvorsitzender ein Fraktionsausschlussverfahren eingeleitet, über das die fünfköpfige Fraktion am kommenden Mittwoch abstimmen wird. Für den Ausschluss gebe es in der Fraktion eine Mehrheit. „Diese Aktion ist nicht zu entschuldigen“, erklärt er. „Man kann so nicht mehr zusammenarbeiten.“

Rhön: Behindertenfeindliches Flugblatt in Tann - Druck auf Autoren nimmt zu

Brunhilde Fischer und Klaus Dänner jedoch sind Mitglieder des Magistrats – und können nicht so einfach ausgeschlossen werden. Der Sprecher des Gremiums, der Tanner Bürgermeister Mario Dänner (parteilos), erklärt: „Wir sind mit der Kommunalaufsicht im Gespräch, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt. Wir werden das prüfen.“

Überregionale Medien – unter anderem der Hessische Rundfunk, „Die Zeit“ und Sat.1 – haben mittlerweile über das Flugblatt berichtet. Darin wird Tann aufgrund der Präsenz vieler Menschen mit Behinderung, die in der Tanner Diakonie untergebracht sind, als „Sonderwelt“ bezeichnet. Touristen würden dadurch abgeschreckt.

Bürgermeister Dänner findet klare Worte: „Alle drei sollten zurücktreten und ich würde mir wünschen, dass eine öffentliche Entschuldigung erfolgt.“ Insbesondere als Stadtrat oder -rätin müsse man sich mit Aussagen in der Öffentlichkeit – auch wenn sie aus einer privaten Initiative heraus entstanden sind – distanzierter verhalten. „Das geht gar nicht“, sagt er. (Lesen Sie auch: „Die Aussagen sind grundfalsch“: Tanner FDP distanziert sich von Behinderten-Flugblatt)

Mainmarkt in Tann: Fotograf Walter Rammler stellt Behinderten-Portraits aus

Am Sonntag will die Stadt ein Zeichen setzen: Der Fuldaer Fotograf Walter Rammler hatte vor einiger Zeit Menschen mit Behinderung der Tanner Diakonie fotografiert. Diese Portraits werden am Sonntag am Maimarkt in Tann ausgestellt: „Damit wollen wir deutlich machen: Die Menschen gehören sehr wohl zum Tanner Stadtbild dazu“, erklärt der Bürgermeister.

Auch der Fuldaer Landtagsabgeordnete Markus Hofmann (Bündnis90/Die Grüne) hat sich am Freitag per Mitteilung zu Wort gemeldet: „Die Äußerungen der drei FDP-Kommunalpolitiker sind in höchstem Maße diskriminierend und passen nicht zu einem toleranten und aufgeschlossenen Fuldaer Landkreis. (...) Die Präsenz der Menschen mit Behinderung im Tanner Zentrum ist Ausdruck gelebter Inklusion. Ich fordere, zügig Konsequenzen zu ziehen. Eine Entschuldigung allein reicht nicht aus.“

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