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Neue Bäume braucht der Wald - Biologe über Möglichkeiten, auf Schäden zu reagieren

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Von: Rainer Ickler

Immer häufiger sieht man in Wäldern wie hier bei Koblenz abgestorbene Bäume. Experten sind sich noch uneins, mit welchen Maßnahmen man darauf reagieren soll.
Immer häufiger sieht man in Wäldern wie hier bei Koblenz abgestorbene Bäume. Experten sind sich noch uneins, mit welchen Maßnahmen man darauf reagieren soll. © Thomas Frey/dpa

Der Gersfelder Diplom-Biologe Joachim Jenrich zeigt Möglichkeiten auf, wie auf die Schäden in den Wäldern der Region, speziell in der Rhön, reagiert werden kann. Wichtig sei es, die Gegebenheiten vor Ort zu beachten. Eine allgemeingültige Lösung gebe es nicht.

Rhön - Die Wälder haben in den vergangenen Jahren stark gelitten. Vor allem die drei trockenen und heißen Jahre 2018 bis 2020 haben unübersehbare Schäden hinterlassen. Borkenkäfer und eine unzureichende Wasserversorgung haben vielen Bäume arg zugesetzt.

Einige sind abgestorben, so viele wie noch nie weisen Schäden im Kronenbereich auf oder aber sie haben Krankheiten, weil sie nicht mehr widerstandsfähig sind. Das ist insofern von Bedeutung, als dass die Waldfläche dadurch abnehme.

Doch der Wald spiele als CO₂-Speicher eine große Rolle beim Klimaschutz und sei Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen, so Jenrich. „Die Rhön ist dabei noch vergleichsweise gut weggekommen“, sagt der Diplom-Biologe, der viele Jahre im Biosphärenreservat gearbeitet hat und heute Naturschutzfachreferent im Landkreis Rhön-Grabfeld in Unterfranken ist. (Lesen Sie hier: Koalition in Petersberg zerbricht am Klimaschutz: Grüne machen CDU Vorwürfe)

Rhön: Biologe verrät, wie auf Waldschäden reagiert werden kann

„Baumarten wie Fichte, Lärche oder Kiefer haben vielerorts ihr klimatisches Optimum schon längst überschritten und sind dementsprechend geschwächt oder abgestorben. Arten wie Birke, Buche, Douglasie und Bergahorn könnten zumindest mittelfristig eine gewisse Kontinuität beziehungsweise Stabilität der Waldbestände gewährleisten“, sagt er.

Doch die heimischen Baumarten würden durch sich ausbreitende Krankheitserreger oder Schädlinge in Mitleidenschaft gezogen, so wie der Ahorn durch die Rußrindenkrankheit, die Esche durch das Triebsterben, und die Ulme durch den durch Ulmensplintkäfer verbreiteten Schlauchpilz. Auch die eingebürgerte Douglasie weist mit den Douglasien-Gallmücken einen Schaderreger auf, erklärt der 54-Jährige.

Jenrich stellt fest, dass es nicht einfach sei, Konsequenzen zu ziehen und Lösungen zu präsentieren. Dazu sei der Wald, vor allem die Bodenbeschaffenheit, viel zu unterschiedlich in den Regionen. Er macht dies am Beispiel Rhön-Grabfeld deutlich: Dort falle extrem wenig Niederschlag. Häufig gebe es dort sogenannte Lößböden, die wenig Wasser durchließen. Das sei für die flach wurzelnde Fichte gut, aber darunter litten tiefer wurzelnde Bäume wie die Eiche.

Biologe erklärt, welche Baumarten in der Rhön gepflanzt werden sollten

Etwas anders sehe es in der hessischen Rhön im Landkreis Fulda aus. Dort habe es im Vergleich zum Grabfeld mehr geregnet. Es gebe dort Vulkankuppen, flachgründige Basaltböden, Muschelkalk und Bundsandsteinflächen. „Die Bäume müssen mit den unterschiedlichsten Bodenformationen und deren sehr unterschiedlicher Bodenwasserkapazität auskommen. Je nach Standortbedingungen gelingt es den Baumarten mal besser oder schlechter“, erklärt er.

„Jeder Bodentyp und jeder Waldbestand bedarf einer auf den jeweiligen Standort abgestimmten Strategie bei der Sicherung und zukünftigen Gestaltung“, ist der Gersfelder überzeugt.

„Es erscheint vernünftig, zunächst die bisher hier wachsenden Baumarten aus wärmeren beziehungsweise trockeneren, meist mehr südlich gelegenen Herkünften innerhalb des natürlichen Verbreitungsgebiets mit besser geeigneten genetischen Zusammensetzungen zu verwenden. Sie sind an die geänderten Umweltbedingungen bereits besser angepasst und haben bei einer Verschärfung der Bedingungen womöglich eine größere Anpassungsfähigkeit“, führt der Biologe aus. (Lesen Sie hier: Klimaschutz im Klinikum Fulda: „Ein neuer Baum für jedes Baby“)

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Danach sollten die Waldbestände mit bisher vielleicht noch selten vorkommenden, heimischen Baumarten ergänzt werden. Dazu können je nach Standort Feldahorn, Speierling, Wildbirne, Edelkastanie oder Birke gehören.

„Baumarten wie Vogelkirsche, Feldahorn, Zerreiche, Edelkastanie und Hopfenbuche könnten in wenigen Jahren bei uns eine wichtige Rolle in den Beständen spielen“, sagt Jenrich. Dazu müssten sie allerdings bereits heute in die Wälder integriert werden, um sie frühzeitig am Bestandsaufbau zu beteiligen.

„Bei einem noch schnelleren Temperaturanstieg blieben dann noch bisher bei uns kaum kultivierte Baumarten wie etwa Robinie, Manna-Esche, Flaum- oder Steineiche übrig, mit denen wir unsere Wälder gestalten können. Eine solche Baumartenzusammensetzung erfordert eine andere waldbauliche Behandlung als die der heutigen Waldbestände“, erklärt der Gersfelder. Ziel sei es, die Wälder insgesamt in ihrem Bestand zu sichern, ihren naturschutzfachlichen Wert und gleichzeitig ihre Wirtschaftlichkeit zu erhalten.

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