Liebesbrief zum 70. Valentinstag: Rhöner Ehepaar feiert heute Gnadenhochzeit

„Natürlich feiern wir Valentinstag – dieses Jahr zum 70. Mal“, sagt Adolf Kalb und fügt schelmisch hinzu: „Wo der doch extra zu Ehren unseres Hochzeitstages eingeführt worden ist.“ Marianne und Adolf Kalb aus Tann feiern heute das seltene Jubiläum der Gnadenhochzeit.
Tann - Noch bis vor einer Weile ist man den beiden beim Spazierengehen in Tann begegnet, nicht selten Händchen haltend wie ein frisch verliebtes Paar. Seitdem Marianne Kalb nach zwei Stürzen in ihrer Mobilität stark eingeschränkt ist, werden die 91-Jährige und ihr vier Monate jüngerer Mann von Tochter Christina umsorgt.
Rhön: Ehepaar feiert Gnadenhochzeit am Valentinstag
„Während meiner Berufstätigkeit hat meine Mutter für meine Familie gekocht, jetzt bin ich für die Mahlzeiten zuständig“, sagt die Tochter. Sie ist Familienrichterin im Ruhestand und wohnt im Nachbarhaus. Ihre Schwester lebt in Fulda, der ältere Bruder bei Mainz. Die Familie ist und war für Marianne und Adolf Kalb schon immer die Quelle des Lebensglücks. Stolz zeigt Adolf Kalb ein Foto, auf dem seine Frau den Urenkel Mika auf dem Arm hält und beschreibt: „Das älteste und jüngste Familienmitglied.“
Gemeinsam hat das Ehepaar Höhen und Tiefen, beispielsweise Krankheiten, erlebt. Auf die Frage nach dem Geheimnis ihrer langen Ehe antwortet Adolf Kalb: „Da gehört auch viel Glück dazu.“
Der erste Glücksfall überhaupt war, dass Marianne die Flucht von Thüringen in den Westen gelang – an ihrem 19. Geburtstag. Zuvor war sie beim Überschreiten der Grenze mehrmals erwischt und auch inhaftiert worden. Nachdem ihr Vater, ein Tierarzt, nach amerikanischer Kriegsgefangenschaft in den Westen entlassen worden und in Tann untergekommen war, schmuggelte sie seine Arbeitsgeräte nach und nach von Dermbach nach Tann.
Ihr reifes Auftreten „und natürlich die Optik“ faszinierten den jungen Adolf Kalb, der seine Gymnasialbildung aufgrund der Kriegswirren hatte abbrechen müssen und wie sein Vater das Schusterhandwerk erlernte.
Ehejahre | Jubiläum |
1 | Papierhochzeit |
10 | Rosenhochzeit |
20 | Porzellanhochzeit |
25 | Silberhochzeit |
30 | Perlenhochzeit |
40 | Rubinhochzeit |
50 | Goldene Hochzeit |
60 | Diamantene Hochzeit |
70 | Gnadenhochzeit |
Marianne verliebte sich in ihn wegen „seiner Freundlichkeit und Eleganz“, erinnert sich die 91-Jährige. Sie sieht als Kitt ihrer Beziehung, dass sie zusammen mit nichts angefangen und sich dann viel aufgebaut hätten. „Ich fürchtete mich davor, meinen Eltern zu sagen, dass ich einen Schuster heiraten wollte, denn sie waren ja Akademiker“, berichtet sie schmunzelnd. Sowohl sie als auch Adolf waren Einzelkinder. Doch die Elternpaare verstanden sich so hervorragend, dass die Familien zusammenzogen – quasi als frühes „Mehrgenerationen-Wohnprojekt“. „Das funktionierte gut und wir hatten immer jemanden, der auf die Kinder aufpasste, wenn wir ausgehen wollten“, beschreibt Adolf Kalb die frühen gemeinsamen Jahre.
Während er beruflich eine Karriere als Handelsvertreter in der Schuhbranche einschlug, kümmerte sich Marianne Kalb um die Kinder und pflegte mehrere Jahre lang Eltern und Schwiegereltern. Für ihren Familieneinsatz ist Adolf Kalb seiner Frau „unendlich dankbar“. Seiner Wertschätzung verleiht er anlässlich des 70. Hochzeitstags liebevoll schriftlich Ausdruck auf der Rückseite seines Lieblingsportraits von ihnen beiden. Von Pralinen oder anderen gekauften Geschenken zum Valentinstag hält er dagegen wenig: „Wichtiger ist, wie man das ganze Jahr hindurch miteinander umgeht.“ So hätten sie die Vokabel „ich“ in ihrem Wortschatz durch „wir“ ersetzt. Auch Toleranz und Zuverlässigkeit seien unabdingbar für ein gelingendes Miteinander. In einigen Kirchengemeinden im Bistum Fulda werden zum Valentinstag Paarsegnungen angeboten.
Video: Woher kommt der Valentinstag?
Zudem pflegten beide einen großen gemeinsamen Freundeskreis. „Wenn es keine Gelegenheit zum Feiern gab, dann schufen sie diese halt“, erzählt Tochter Christina. Die Eiserne Hochzeit vor fünf Jahren wurde groß in einer Gaststätte gefeiert. Im Vergleich dazu wird der heutige Ehrentag eher ruhig verlaufen, im Familienkreis und mit Besuch des Bürgermeisters. „Wir danken Gott für das Glück, mit einer solch wunderbaren Familie den heutigen Tag erleben zu dürfen“, betont Adolf Kalb feierlich und seine Frau ergänzt: „und dafür, dass wir uns nach der langen Zeit immer noch ganz gern mögen“. (von Sandra Limpert)