Nacht-Schützer sehen Energiesparen als Chance für den Artenschutz

Der Verzicht auf nächtliche Beleuchtung von Fassaden und Werbeanlagen als Energiesparmaßnahme kann nach Einschätzung von Umweltschützern positive Effekte für den Artenschutz mit sich bringen.
Fulda - Funkelnde Sterne über den Wäldern und Wiesen der Rhön - für Sabine Frank gibt es kaum etwas Schöneres. Seit vielen Jahren hat sich die 51-Jährige dem Schutz der natürlichen Nacht verschrieben und kämpft gegen die Lichtverschmutzung durch künstliche Beleuchtung.
Rhön: Nacht-Schützer sehen Energiesparen als Chance für den Artenschutz
Dass es in diesem Winter angesichts der Energiesparvorgaben der Bundesregierung in den Städten durch weniger angestrahlte Gebäude und das nächtliche Abschalten von Werbeanlagen etwas dunkler bleiben wird, hält Frank für überfällig. Auch dauerhaft wünscht sie sich mehr Bewusstsein für den Wert der natürlichen Dunkelheit. Denn die erlaube nicht nur einen besseren Blick auf den Sternenhimmel und fördere den gesunden Schlaf der Menschen - für viele Tierarten sei sie überlebenswichtig.
Sabine Frank ist Koordinatorin des Sternenparks Rhön im Dreiländereck Hessen, Thüringen und Bayern. Auf Antrag einer länderübergreifenden Arbeitsgemeinschaft verlieh die International Dark-Sky Association der Region 2014 den Titel Sternenpark. Ziel: eine natürliche Nachtlandschaft mit wenig störendem künstlichen Licht.
Insgesamt vier Sternenparks gibt es in Deutschland, darunter auch die Winkelmoosalm in Bayern. Hinzu kommen Fulda als bundesweit erste Sternenstadt sowie die beiden Nordseeinseln Pellworm und Spiekeroog, die im vergangenen Jahr als Sterneninseln ausgezeichnet wurden.
Doch warum ist Lichtverschmutzung eigentlich ein so großes Problem? Die Chronobiologin Stefanie Monecke, Gastwissenschaftlerin an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, sieht sie sogar als eine der Hauptursachen des globalen Artensterbens. Offensichtlich wird das vor allem, wenn Insekten in Sommernächten weit abstrahlende Straßenlaternen umschwirren, ermüden, sich im Gehäuse verfangen oder an den Laternen verbrennen. Dadurch kommt es zu Lücken in der Nahrungskette, die etwa Fledermäuse treffen.
Doch es gibt noch weitaus gravierendere Effekte: Kunstlicht in der Nacht bringt die innere Uhr vieler Wildtiere und damit auch ihre Reproduktion aus dem Takt. Manche Arten wie der Feldhamster bekommen erst später im Jahr Nachkommen, eine Reproduktionsphase pro Jahr wird ganz ausgelassen, so dass die sonst im Frühjahr geborene Generation für die Fortpflanzung ausfällt. Studien legten einen engen Zusammenhang zwischen Lichtverschmutzung und dem Rückgang der Feldhamster-Population nahe, sagt Monecke. Auch bei Fröschen und sogar Korallen seien schon massive Auswirkungen von künstlichem Licht auf die Fortpflanzung nachgewiesen worden.
Video: Was ist Lichtverschmutzung?
Dass in vielen Städten in diesem Herbst und Winter Fassaden und Werbetafeln nachts dunkel bleiben, sieht Monecke als großen Gewinn. „Das wird ziemlich sicher unser Artenschutzproblem sehr vereinfachen“, sagt die Wissenschaftlerin. Sie schätzt, dass durch weniger Lichtverschmutzung etwa der Hälfte der vom Aussterben bedrohten Tierarten auf der Welt geholfen werden könnte - und das ganz einfach, „mit einem Knipser“, sagt Monecke. Schon durch Beschattungen ließe sich viel erreichen - etwa bei Gewächshäusern, durch deren transparente Wände künstliches Licht oft die ganze Nacht hindurch nach außen dringt.
Auch den Umweltverband Nabu treibt das Problem der Lichtverschmutzung um. Kritisch sieht der Verband beispielsweise auch Solarlichter in Privatgärten, die zwar selbst für ihren Strom sorgen, dafür aber die ganze Nacht hindurch brennen. Gärten seien oft wichtige Lebensräume für Insekten und Vögel, deshalb sei eine zunehmende nächtliche Erhellung mit Punkt- und Solarleuchten problematisch, sagt Berthold Langenhorst vom Nabu Hessen. „Wer Tiere im Garten schützen möchte, sollte auf solche Leuchten verzichten und der Natur dunkle Nächte gönnen.“ Nicht zuletzt seien auch die Folgen für die Menschen gravierend, da nur bei Dunkelheit der Botenstoff Melatonin produziert werde, der für einen erholsamen Schlaf sorgt. (dpa)