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Flugblatt-Aktion in Tann: Willing macht Bürgermeister fassungslos: „Warum entschuldigen Sie sich nicht?“

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Von: Rainer Ickler

Das Flugblatt in Tann hatte hohe Wellen geschlagen. Als Reaktion darauf und Zeichen der Solidarität wurde jüngst eine Foto-Ausstellung auf dem Maimarkt in Tann präsentiert, die Menschen mit Behinderung zeigt.
Das Flugblatt in Tann hatte hohe Wellen geschlagen. Als Reaktion darauf und Zeichen der Solidarität wurde jüngst eine Foto-Ausstellung auf dem Maimarkt in Tann präsentiert, die Menschen mit Behinderung zeigt. © Sabrina Mehler

Die Tanner Stadtverordnetenversammlung verabschiedete eine Resolution, in der sich alle Mitglieder – mit Ausnahme von Andrea Willing (fraktionslos) – von Form und Inhalt des Flugblattes „Unser Tann – auf dem Weg in die Sackgasse“ distanzieren. Die Unterzeichner werden aufgefordert, von ihren Ämtern zurückzutreten. 

Tann - Die Magistratsmitglieder Klaus Dänner und Brunhilde Fischer (beide FDP), die beiden Unterzeichner neben Willing, fehlten bei der Sitzung entschuldigt. Willing nahm Stellung, ohne sich für den Inhalt des Flugblatts zu entschuldigen. In dem Flugblatt hatten sie die Stadt Tann als „Sonderwelt“ bezeichnet und unter anderem behauptet, Menschen mit Handicap würden Touristen abschrecken, die das Verhalten der Behinderten „nicht aushalten wollen und können“.

Rund 25 Bürger waren zur Sitzung gekommen und hörten, wie CDU-Fraktionsvorsitzender Michael von der Tann feststellte, Tanner Bürger würden ob des Medienechos über die Grenzen des Kreis Fulda hinaus, überall auf die diskriminierenden Äußerungen der drei Mandatsträger angesprochen. Bei dem kürzlich stattfindenden Mai-Markt hatten sich die Bürger Tanns solidarisch mit den Bewohnern der Diakonie gezeigt.

„Das Flugblatt hat Tann einen Schaden zugefügt, der unentschuldbar ist. Ich fürchte, das wird Tann noch lange nachhängen.“ Der Fraktionsvorsitzende ging auf die im Stadtanzeiger veröffentlichte Erklärung der drei Autoren ein, in der sie um Entschuldigung bitten, falls ihre Worte missverständlich seien. (Lesen Sie hier: Tanner Flugblatt sorgt in Kreistag für Eklat - Grünen-Fraktion verlässt bei Rede den Saal)

Flugblatt-Aktion Tann: Bürgermeister fassungslos - Resolution für Rücktritt

„Nein, die Worte waren ganz und gar nicht missverständlich, sie waren in ihrer Herabwürdigung von Menschen mit Handicap klar und deutlich und die Entschuldigung drückt letztlich nur aus: Wir machen weiter so“, sagte von der Tann. Deshalb seien die Rücktritte nur folgerichtig.

Dem schloss sich SPD-Chef Reiner Jörges an: „Wir fordern die drei Unterzeichner auf, Konsequenzen zu ziehen und zurückzutreten.“ Der Stadt Tann entstehe ansonsten ein großer Imageschaden.

Andrea Willing, die aus der FDP ausgeschlossen wurde, entschuldigte sich in der Sitzung nicht, vielmehr erklärte sie, dass sie selbst einen Nordic-Walking-Treff betreue, dem auch Bewohner der Tanner Diakonie angehörten. Zudem sei sie Mitglied der Trachtengruppe, in der auch Menschen mit Handicap aktiv seien.

Video: Aufruhr um Flugblatt in Tann - Markt-Besucher zeigen Solidarität

Inklusion heiße für sie, Begegnung schaffen. Es sei die gesellschaftliche Aufgabe, dass alle an einem Strang ziehen müssen. Dann könne Inklusion gelingen. Sie zitierte die WIBank, die für die IKEK-Dorferneuerung zuständig ist: Angeblich stellte sie die Frage: „Wie viel Inklusion verträgt die Stadt?“

Bürgermeister Mario Dänner (parteilos) war über Willings Stellungnahme fassungslos, wie sie mit ihrer Erklärung versuche, die Dinge gerade zu rücken. „Distanzierung sieht anders aus. Warum entschuldigen Sie sich nicht dafür und sagen, Sie haben einen Fehler gemacht?“, fragte er.

Es gebe nur eine Konsequenz: den Rücktritt, sagte Dänner. Der Rathauschef erläuterte den Besuchern und den Stadtverordneten, dass täglich unzählige Stellungnahmen zum Flugblatt in der Verwaltung eingingen. Alle hätten einen Tenor: Wie können sich Kommunalpolitiker nur so verhalten?

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