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Skifahren in der Rhön: Die ersten Lifte liefen vor fast 70 Jahren - ein Rückblick

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Von: Rainer Ickler

Rhön: Skilift Zuckerfeld
In guten Zeiten - das heißt, wenn Schnee liegt - sind die Lifte, wie hier am Zuckerfeld, gut ausgelastet. (Archivbild) © Arnulf Müller

In den Alpen und in Süddeutschland wurden die ersten Skiklubs in den 1890er Jahren gegründet. Bereits zu dieser Zeit begann auch die Geschichte des Skilaufs in unserer Region, die durch zwei Kriege unterbrochen wurde. Ein Rückblick.

Rhön - Im Jahr 1892 bekam der Gersfelder Briefträger Georg Müller ein Paar Ski zur Verfügung gestellt, um ihm im Winter die Zustellung der Briefe zu erleichtern. Ein Skiunfall stoppte den Versuch nach nur zwei Tagen. Bürgermeister Peter Seifert übernahm die Skier und bestieg mit ihnen die heimischen Berge. Einige Wagemutige machten es ihm nach, und siehe da, es bereitete ihnen Freude.

Erst 1908 kam der Skisport nach Fulda: Leo Uth, Ludwig Bellinger und Willi Linnenkohl hatten von den Gersfelder Pionieren gehört, besorgten sich Holzskier und unternahmen im Winter Wanderungen. Dafür wurden sie von vielen Zeitgenossen belächelt. Doch die drei stellten fest, dass man mit den schlichten Holzskiern an den Füßen gut im Schnee vorankam.

Rhön: Geschichte des Wintersports - erster Skiclub wurde 1909 gegründet

Dass diese neue Art der Fortbewegung Spaß machte, sprach sich schnell herum. Der erste Skiclub in der Region war der Wintersportverein Gersfeld, der 1909 gegründet wurde. Zwei Jahre später folgte der Ski-Club Rhön Fulda. Die Vereine zogen Dutzende von Mitgliedern an, die ein neues Hobby für den Winter entdeckten.

Doch der Erste Weltkrieg lähmte die Aktivitäten. Es dauerte einige Jahre, bis die Wintersportbegeisterten wieder aktiv werden konnten. Mitte und Ende der 1920er Jahre war das Dammersfeld oberhalb der Schwedenschanze das Gebiet, das von vielen Menschen für das Skilaufen genutzt wurde. Mit den damals verwendeten Brettern konnte man sowohl Langlauf betreiben als auch Berge hinabfahren. Wagemutige sprangen auch über Schanzen, wie das Buch „Unvergessene Heimat rund ums Dammersfeld“ verrät. Das Gebiet in über 800 Metern Höhe war schneesicher, und es gab das Wiesenhaus, später das Haus Franken, in denen sich die Wintersportler ausruhen und stärken konnten.

Auch Kippelbach, nahe Rengersfeld gelegen – das Dorf wurde 1938 abgesiedelt, damit dort der Truppenübungsplatz Wildflecken gebaut werden konnte –, bot für Langlauf und Abfahrt gute Bedingungen, wie der 97-jährige Gustav Schleicher erzählt. Einige Kippelbacher sahen darin sogar eine Möglichkeit in den 1920er und 1930er Jahren, Geld mit den Skisportlern zu verdienen, und sie beherbergten an Wochenenden Ausflügler und verkauften Essen und Bier. Doch auch diese kurze Phase des aufblühenden Skitourismus in der Rhön sollte bald enden.

Rhön: Geschichte des Wintersports - erster Skiclub wurde 1909 gegründet
Der Wintersportverein Gersfeld wurde 1909 gegründet. Die Aufnahme entstand 1912 nach einem Ausflug auf der Wasserkuppe. © Sammlung Joachim Jenrich

Bedingt durch den Zweiten Weltkrieg ruhte das Skilaufen in unserer Region fast ein Jahrzehnt. Es war der Winter 1946/47, als die Wintersportler wieder aktiv wurden. Die US-Armee stellte Lastwagen zur Verfügung, auf deren Ladeflächen die Skifreunde sonntags von Fulda zur Schwedenschanze gefahren wurden, erinnert sich Ernst Hau aus Fulda. Die Wasserkuppe habe damals überhaupt keine Rolle gespielt. Gefahren wurde am Reesberg oberhalb der Schwedenschanze, oberhalb von Kippelbach und am Dammersfeld.

„An der Schwedenschanze angekommen, mussten wir etwa einen Kilometer laufen, bis wir im Skigebiet waren“, erinnert sich Hau. Und es musste die Piste „getreten werden“, damit man fahren konnte. „Wir haben auch nur zwei bis drei Abfahrten am Tag gemacht. Dann ging es wieder nach Hause.“

Es folgten die 1950er Jahre, in denen am Reesberg viele große Ski-Wettbewerbe ausgetragen wurden. Die Reesberg-Abfahrt war laut Fuldaer Zeitung die steilste Strecke außerhalb Bayerns. Sogar eine Sprungschanze wurde gebaut, auf der der spätere Olympiasieger Helmut Recknagel gesprungen ist. Der Schanzenrekord lag bei 74 Metern.

Doch auch diese schöne Zeit sollte für die Wintersportler nicht lange andauern. Mit dem Kalten Krieg endete diese kurze Ära, denn ab 1954 nutze die US-Armee das Areal als Truppenübungsplatz. „Betreten verboten“ hieß es. Damit war dieses für den Wintersport so prädestinierte Gebiet nicht mehr zugänglich.

Rhön: Geschichte des Wintersports - erster Skiclub wurde 1909 gegründet
Enges Starterfeld: Start eines Skirennen bei Kippelbach in der Rhön Anfang der 1950er Jahre. © Sammlung Joachim Jenrich

Viele Skisportler entdeckten nun die Wasserkuppe und das unterhalb gelegene Zuckerfeld bei Obernhausen für sich. Findige Unternehmer kamen auf die Idee, die Skiläufer mit Pferdegespannen oder mit dem Bus auf den Berg zu fahren. Karl Barthelmes nutzte dieses Geschäftsmodell. Er lud die Wintersportler in Obernhausen in seine Busse und transportierte sie zur Wasserkuppe, damit sie anschließend die etwa drei Kilometer bis zum Zuckerfeld hinunterfahren konnten. Selbst aus dem Rhein-Main-Gebiet kamen die Skibegeisterten mit dem Rhönblitz-Zug nach Gersfeld zum Skilaufen. 1987 wurde der Sonderzug eingestellt.

In den 1950er kamen dann die Lifte in die Rhön. Joachim Jenrich schreibt in seinem Buch „Wasserkuppe“, dass Karl Barthelmes 1954 den ersten Lift in Obernhausen gebaut hat. Es war eine Eigenkonstruktion. Sie wurde mit einem Deutz-Motor angetrieben. Es war der erste Lift in Hessen.

In der benachbarten bayerischen Rhön errichtete Otto Willert im Winter 1958/59 den Blicklift am Kreuzberg. In Hessen mussten die Skifreunde aber noch weitere fünf Jahre warten, bis es nach Obernhausen einen zweiten Lift gab. Josef Wiegand baute im Jahr 1963 eine Aufstiegshilfe auf der Wasserkuppe. Dann ging es Schlag auf Schlag: In den 1960er Jahren wurden Lifte am Zuckerfeld, an der Eube, am Simmelsberg, am Arnsberg und am Feuerberg gebaut. Das Skilaufen boomte.

Skilifte in der Rhön seit den 1950ern - Betrieb mangels Schnee eingestellt

Doch in den 1990er Jahren waren die Winter nicht mehr so schneereich. Das hatte Auswirkungen auf den Skibetrieb in der Rhön. Mittlerweile haben die Lifte an der Eube und am Feuerberg ihren Betrieb eingestellt – wegen zu weniger Schneetage.

Ausnahmen waren die Winter 2005/06 und 2008/09, als die Lifte fast 100 Tage liefen. Ähnlich gut war es das letzte Mal 2012/13. Im Corona-Pandemie-Winter 2021 gab es zwar Schnee ohne Ende. Aber die Lifte durften nicht öffnen. Viele Menschen entdeckten das Tourenski-Fahren und den Langlauf für sich.

Doch in der Regel waren die Winter in den vergangenen zehn Jahre schneearm. Das Skilaufen über einen längeren Zeitraum war nur mit Kunstschnee möglich, erzeugt durch sogenannte Schneekanonen. Diese gibt es auf der Wasserkuppe seit gut 20 Jahren und am Zuckerfeld seit rund 15 Jahren. Immerhin war dank der künstlichen Beschneiung auf der Wasserkuppe und auf dem Zuckerfeld das Skilaufen in den vergangenen Jahren fast immer über einen längeren Zeitraum möglich – im vergangenen Winter an 90 Tagen auf der Märchenwiese und an 45 Tagen auf dem Zuckerfeld. Da die anderen Skigebiete keinen Kunstschnee produzieren, öffnen dort die Lifte nur noch an wenigen Tagen im Winter. Es lag einfach zu wenig Schnee.

Video: Schnee-Traum auf der Wasserkuppe schmilzt dahin

Allerdings reicht eine dünne Schneedecke, um Langlaufen zu ermöglichen. Viele Wintersportbegeisterte gehen diesem Hobby nach und bevölkern an schönen Tagen die Loipen am Roten Moor und im Rhönwald oberhalb von Hilders oder am Kreuzberg. An mehr als 60 Tagen konnte im vergangenen Jahr Skilanglauf betrieben werden.

Die aktuelle Wintersaison hatte gut begonnen. Schon Mitte Dezember lag in den Hochlagen der Mittelgebirge genügend Schnee. Allerdings musste mit Kunstschnee nachgeholfen werden, damit wenigstens für einige Tage auf der Wasserkuppe und am Zuckerfeld Ski gefahren werden konnte. Danach wurde es wieder sehr warm und der Schnee schmolz dahin. Jetzt fragen sich viele Wintersportbegeisterte: Wann wird es endlich wieder richtig Winter?

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