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Wurzeln ziehen für die Natur: Kampf gegen die Lupine im Biosphärenreservat

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Von: Hartmut Zimmermann

Pflegezonentag in der Rhön
Die Lupine muss raus: Am Pflegezonentag in der Rhön wurden die Pflanzen entfernt. © Heckert

„Pflegezone“ – das mag nach Wellness klingen. Wer beim jüngsten „Pflegezonentag“ des Biosphärenreservats Rhön mit angepackt hat, weiß, dass man dabei auch ohne Sauna und Dampfbad ins Schwitzen kommen kann: Es galt, Lupinen zu bekämpfen – bei neun Grad Celsius.

Wasserkuppe - Um seine Arbeit bekannter zu machen, organisiert das Biosphärenreservat (Fulda) unterschiedliche Aktionstage. Der „Pflegezonentag“ war in diesem Jahr dem Einsatz gegen die Lupine gewidmet – und er nahm das Wort Naturschutzarbeit wörtlich.

Der Auftrag ist klar: Lupinen abmähen oder ausstechen. Aber warum? Die großen, meist blauen, aber auch schon mal weiß oder rosa blühenden Blumen sind unstrittig schön – und dazu von Hummeln und Bienen als Nahrungsquelle begehrt. Doch Elmar Herget bleibt hart: „Die Lupinen müssen raus, damit unsere wertvollen Mähwiesen und Borstgrasrasen überleben können.“ Herget weiß, wovon er spricht: Er ist in der Rhön Leiter des Life-Projekts der EU, das sich mit großem Aufwand für den Schutz dieser besonderen Flächen einsetzt. Denn die Lupine bedroht die Artenvielfalt, durch sich die Hochrhön-Wiesen auszeichnen, in hohem Maß.

Rhön: Lupinen werden am Pflegezonentag im Biosphärenreservat entfernt

„Die Lupine ist vor allem deswegen eine wirkliche Bedrohung, weil sie die eigentlich mageren Böden der Rhönwiesen fruchtbarer macht. Sie kann nämlich durch sogenannte Knöllchenbakterien an ihren Wurzeln Stickstoff aus der Luft im Boden binden und für die Pflanzen verfügbar machen“, erläutert Herget. (Lesen sie hier: Birkhühner für die Rhön in Schweden eingefangen - Biologe kritisiert Touristen)

Diese „Bio-Düngung“, die an anderen Stellen durchaus Teil der Bodenpflege sein kann, wirkt sich in der Rhön verhängnisvoll aus: „Das ausgeklügelte von vielen Faktoren bestimmte Miteinander der Pflanzen, die auf den nährstoffarmen Rhönflächen gedeihen, gerät völlig aus dem Gleichgewicht. Weil sich andere starkwüchsige Pflanzen ansiedeln können, bleiben Rhöner Raritäten wie Teufelskralle, Trollblume und Arnika, aber auch besondere Gräser auf der Strecke“, bedauert Herget.

Lupinen in der Rhön
Lupinen machen im Biosphärenreservat ärger. © Wildland-Stiftung Bayern

Dabei geht es dem Life-Manager nicht „nur“ um die bunten Blumen, die auf intakten Mähwiesen gedeihen. „Die Pflanzenvielfalt bildet die Grundlage für eine eng verflochtene Lebensgemeinschaft, die auch die Bodenlebewesen, die Insekten und die Vogelwelt einbezieht“, erläutert Herget. Dabei ist die Lupine in doppelter Hinsicht ein „Problemkind“: Nicht nur die Stickstoffanreicherung, sondern die Größe der einzelnen Pflanze wirkt sich dramatisch aus. Denn die Lupinen , die sich mit massiven Pfahlwurzeln Nährstoffe sichern, verdrängt im Umkreis jede Menge anderer Arten. Daher sei der Einsatz gegen die Lupine auch ein Einsatz für den Naturschutz.

Am Kernzonen-Aktionstag hatte das Biosphärenreservat daher eingeladen, das Übel im wahrsten Sinne de Wortes an der Wurzel zu fassen: Die anderthalb Dutzend Freiwilligen, die sich bei Nebel und Regenwetter bei gerade mal neun Grad Celsius an der Wasserkuppe trafen, griffen zu Sensen und „Ampferstechern“ – das sind massive Grabegabeln mit zwei langen Zinken, mit denen man tief wurzelnde Pflanzen aus dem Boden bekommen kann.

Bei einer Einweisung führte Herget vor, wie man dazu vorgeht: „Ringsum tief einstechen, behutsam, aber intensiv ruckeln und versuchen, die Wurzel zu lockern.“ Schon bem Vorführen unweit des Radoms zeigte sich, dass selbst eher dürftig aussehende Lupinenpflanzen eine extrem tief reichende Wurzel entwickeln. „Wenn wir die nicht mit erwischen, dann entsteht aus dem Rest eine neue“, mahnt Herget zur Sorgfalt.

Wasserkuppe: „Kampf gegen Lupine ist ein Marathon“

Am Nordhang der Wasserkuppe beginnt dann der „richtige“ Einsatz: Ein Teil der Gruppe mäht größere Lupinenbestände mit der Sense ab. Zuvor waren schon vorhandene Fruchtstände abgeschnitten und gesammelt worden. „Sonst säen wir die Pflanze,die wir loswerden wollen, in der Fläche aus“, erläutert Herget seinen Helfern. Das Mähgut landet auf der Ladefläche eines Traktor-Anhängers. Doch mit dem Mähen verschwindet die Pflanze nicht gleich. Experten gehen davon aus, dass sie trotz des Schnitts acht bis zehn Jahre überdauern kann. „Der Kampf gegen die Lupine ist ein Marathon“, betont Herget.

In einem anderen Bereich schwitzen die Helferinnen und Helfer, die den unerwünschten Gästen mit Ampferstechern zu Leibe rücken: Wer, sei es vom Mathematikunterricht oder vom Zahnarzt, unschöne Erfahrungen mit dem Ziehen von Wurzeln hat, kann hier eine neue hinzufügen: In dem Basaltboden am Rand der Wasserkuppe verankern sich manche Pflanzen enorm tief im Boden, andere winden ihre oft mehr als daumendicken Wurzeln schräg bis waagrecht zwischen den Steinen.

Wie Trophäen halten die Helfer ihre „Beute“ in die Höhe, wenn sie ein besonders stattliches Wurzel-Exemplar aus dem Boden gezogen haben. Das ist auch bei neun Grad schweißtreibende Arbeit. Ob das stetige Mähen oder das Ausstechen auf die Dauer besser zum Zurückdrängen der Lupine.

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