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Neuer Rekord und besondere Entdeckung - Experten zählen Fledermäuse im Milseburgtunnel

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Von: Rainer Ickler

Rhön: 29 Mopsfledermäuse hielten Winterschlaf im Milseburgtunnel
Teilweise mit Ferngläsern bestimmen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft für Fledermausschutz Fulda die Fledermausarten im Milseburgtunnel. © Rainer Ickler

Ein wichtiges Fledermaus-Winterquartier in der Region Osthessen ist der Milseburgtunnel. Die stark gefährdete Mopsfledermaus fühlt sich hier besonders wohl. 29 Exemplare hielten bei der jüngsten Zählung im Tunnel Winterschlaf. Neuer Rekord. Zudem gab es noch eine besondere Entdeckung.

Milseburg - Vor 20 Jahren wurden in der Rhön lediglich eine Handvoll Mopsfledermäuse gezählt, erzählt Biosphärenreservats-Ranger Joachim Walter. Dass die Zahl der Mopsfledermaus so angestiegen ist, sei ein schöner Erfolg und den Schutzmaßnahmen zu verdanken. Denn alle rund 15 Fledermaus-Arten, die es in unserer Region gibt, stehen auf der Roten Liste. Sie sind stark gefährdet, berichtet Harald Auth vom NABU in Flieden.

Rhön: 29 Mopsfledermäuse halten Winterschlaf im Milseburgtunnel

Gründe sind der starke Schwund von Insekten, von denen sich die Tiere in erster Linie ernähren, zum anderen stehen für die Nachtschwärmer immer weniger Quartiere zur Verfügung, weil der Mensch immer mehr in die Natur eingreift, sei es in den Wäldern, aber auch in den Dörfern, erklärt Fachmann Stefan Zaenker, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Fledermausschutz Fulda.

Er und seine Helfer kontrollieren im Winter, wenn die Fledermäuse Winterschlaf halten, die knapp 50 bekannten Quartiere im Landkreis. Es sind Keller, Bunker, alte Hochbehälter und eben Tunnel. (Lesen Sie auch: Neuer Lebensraum für nachtaktive Jäger: Zwei alte Wasserbehälter sind jetzt Fledermausquartier)

„Die Bedingungen im Milseburgtunnel sind optimal“, erklären Auth und Zaenker. Bis zu zehn verschiedene Fledermausarten überwintern im Tunnel – so viele wie sonst nirgendwo in Hessen. Dies sei auf das spezielle Klima mit fast gleichbleibenden Temperaturen in dem 1,2 Kilometer langen und 130 Jahre alten Bauwerk zu erklären. Neben der Mopsfledermaus werden wir beim Durchgang noch das Große Mausohr, die Breitflügelfledermaus, das Braune Langohr, die Bartfledermaus, die Wasserfledermaus, die Fransenfledermaus und Zwergfledermäuse an der Decke, an der Wand oder an speziell angebrachten betonsteinähnlichen Kästen sehen.

Mopsfledermaus im Hohlblockstein
29 Mopsfledermäuse hielten im Milseburgtunnel Winterschlaf. (Archivbild) © Klaus Bogon

Es ist dunkel in dem etwa vier Meter breiten und vier Meter hohen Tunnel. Es ist ein wenig unheimlich. Im Sommer durchfahren Radler im Minutentakt den Tunnel. Im Winter ist das Bauwerk den Fledermäusen, einigen Spinnen sowie dem Feuersalamander, dem Höhlentier des Jahres, das stark bedroht ist, vorbehalten. Sieben dieser seltenen Exemplare werden wir am Ende des Durchgangs sehen.

Mit dem Strahl der Taschenlampen suchen die Experten die schlafenden Tiere. „Hier ist die erste Mopsfledermaus“, sagt Joachim Walter. Er ist seit vielen Jahren bei den Zählungen dabei. Stefan Zaenker gibt den Fund in sein Handy ein, auf dem die Cavelive-App installiert ist, für die er und sein Sohn Christian den EU-Naturschutzpreis Natura 2000 Award bekommen haben.

Für den Laien sind die etwa fünf Quadratzentimeter große braunen Tierchen an der Decke kaum zu erkennen, geschweige denn zu bestimmen. „Da ist noch eine“, sage ich. „Nein, dass ist ein Stück Eisen“, korrigiert Zaenker. Doch dann liege ich richtig. „Und das hier?“ Ich leuchte in Richtung Decke. „Ja, das ist ist eine Breitflügelfledermaus“, sagt Harald Auth. An den breiten Flügeln leicht zu erkennen.

Mopsfledermaus

Als typischer Waldbewohner ist die Mopsfledermaus ein sehr guter Indikator für den Zustand unserer Wälder. Sie braucht viel Alt- und Totholz, um in den Sommermonaten geeignete Quartiere für sich und ihren Nachwuchs zu finden. Nur wo solche Strukturen vorhanden sind, kann man die Art auch in den Winterquartieren finden. In weiten Teilen Hessens gibt es keine Mopsfledermäuse mehr. Umso erfreulicher sind die 29 Tiere im Tunnel. 2020 waren nur 18 gezählt worden. 2002 bei der ersten Zählung waren es nur eine Handvoll.

Deutlich schwerer ist es da schon die Fransenfledermaus zu bestimmen. Da muss ein Fernglas als Hilfsmittel eingesetzt werden. Dann erst sind sich die beiden Experten Zaenker und Auth sicher. Die Fledermäuse klemmen sich in den Ritzen der Wände fest, sie haken sich mit ihren Sehnen ein, damit sie nicht herabfallen, erläutert Zaenker.

„Es sind ganz besondere Tiere“, erklärt Auth sein Interesse. Zur Jagd und um sich in der Dunkelheit zurecht zu finden, haben Fledermäuse ein Echo-Ortungssystem. Sie stoßen Ultraschallwellen aus, die von Objekten als Reflexionen zurückgeworfen werden. Doch jetzt schlafen sie.

Video: Nach 40 Jahren - ausgestorben geglaubte Fledermausart wiederentdeckt

Zaenker geht voran und leuchtet den Tunnel aus. „Hier hast Du eine verpasst“, ruft Joachim Walter. Tatsächlich ist an der Decke in einem kleine Spalt ist ein Braunes Langohr. Bei der Zählung im dunklen Tunnel, durch den lediglich die Strahlen der Taschenlampen huschen, werden natürlich auch einige Exemplare übersehen. (Lesen Sie auch: Teufelshöhle bleibt für Besucher offen: Behörden einigen sich auf Konzept)

Nach rund zweieinhalb Stunden sind wir am Ende des Tunnels angekommen. Doch hier sollte eine große Überraschung warten. „Das gibt es doch gar nicht“, sagt Zaenker. In einer Nische des Tunnels kriechen einige Feuersalamander umher. Sie leben in Höhlen und sind aktuell stark gefährdet. Denn sie leiden unter einem Hautpilz, der die Bestände bedroht. Umso erfreulicher sind die insgesamt sieben Tiere, die hier leben.

Fledermausschützer entdecken Feuersalamander in Milseburgtunnel
Eine besondere Entdeckung: Die Feuersalamander fühlen sich im Tunnel wohl. © Rainer Ickler

Zusammen mit dem Rekordergebnis der gezählten 29 Mopsfledermäuse ist dies der Höhepunkt der Zählung. Insgesamt wurden 56 Fledermäuse gezählt werden. Das sind fünf weniger als vergangenes Jahr. Aber da sich der Bestand in etwa gehalten habe, könne man zufrieden sein, urteilen Auth und Zaenker. Dann geht es weiter zur nächsten Zählung, in eine ehemaligen Brauereikeller in Poppenhausen.

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