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„Bekennt euch zur Muttersprache“ - Neues Mundart-Buch von Eberhardt Lauer

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Eberhardt Lauer und sein neues Platt-Buch.
Eberhardt Lauer und sein neues Platt-Buch. © privat

Es ist ein Buch für alle Menschen, deren Herz für die Heimat schlägt – für die Rhön. Und es ist ein Plädoyer für die Rhöner Mundart, die auszusterben droht.

Hofbieber - Eberhardt Lauer, geboren und aufgewachsen im Nüsttaler Ortsteil Silges, später zwölf Jahre Bürgermeister in Hofbieber, wo er auch jetzt noch wohnt, setzt sich in seinem Buch „Es gett de Maänsche bee de Lüüd“ für den Erhalt der Mundart ein. „Es ist unserer Muttersprache“, sagt der 75-Jährige. Als er klein war, wurde zu Hause und im Dorf nur Platt gesprochen, erinnert er sich. „Das war die Sprache, die meine Mutter und mein Vater mit mir gesprochen haben.“

Auch während seiner Ausbildung im damaligen Hünfelder Landratsamt unterhielten sich noch viele auf Platt. Lauer trat auch zusammen mit anderen Rhönern als „Pladde Stoarn“ auf und pflegte auf unterhaltsame Weise die Mundart. Doch schon in der Schule war Mundart auch zu Lauers Zeiten verpönt. Sie galt als rückständig. (Lesen Sie hier: Mundartwörterbuch zum Fuldaer Dialekt im Verkauf - Neuauflage über 100 Seiten)

Rhön: Neues Dialekt-Buch von Eberhardt Lauer

Und in den 70er-Jahren mit den vielen Umbrüchen, der Aufbruchstimmung in allen gesellschaftlichen Bereichen und den damit verbundenen Neuerungen und der Tendenz, alles Vergangene negativ zu sehen, begann der Niedergang der Rhöner Mundart. Sie wurde immer weniger gesprochen. In anderen Teilen Deutschlands gab es eine andere Entwicklung. Ob in Bayern, Ostfriesland, Köln oder in Schwaben wurde dagegen noch am regionalen Dialekt festgehalten. Er galt als identitätsstiftend.

Doch in unserer Region dauerte es lange, bis die Mundart wieder entdeckt wurde. Mundart-Musiker wie die „Grasmücken“, die „Rhöner Säuwäntzt“, Wortartisten wie „Wolf & Bleuel“ und Michael Bleuel alias Franz Habersack mit seinem Buch „das Ö“ und den Auftritten als Bauer Habersack haben einen großen Anteil daran.

Auch Lauer, der übrigens in Nachbarschaft zu Michael Bleuel lebt, will mit seinen Gedichten und Geschichten aus der Rhön dazu beitragen, dass diese Entwicklung anhält, er will kleine Denkmale für seinen Heimatdialekt schaffen. Und die Zeichen stehen gut: Denn die Menschen sehnen sich in Zeiten der großen Verunsicherung und Globalisierung nach Geborgenheit und Heimatgefühl. Die Mundart kann dazu beitragen.

Eberhardt Lauer trägt dem Rechnung. Die Texte sind mal nachdenklich, mal lustig, erinnern an die gute alte Zeit, verbreiten Lebensweisheiten, nehmen auch die aktuellen Entwicklungen auf. Etwa wenn er in „Laöderee unn es Indernett“ die digitale Entwicklung kritisch hinterfragt, wenn durch das Internet immer mehr kleine Läden vor dem Aus stehen oder wenn er die Corona-Pandemie unter die Lupe nimmt („Bann dee ganz Karonna Corona hott“.)

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Eine Liebeserklärung an die Heimat ist das Gedicht „Unn dann dapp ich off dee Milseburg“. Schwarzen Humor entwickelt er bei dem Stück „Neulich is de Koarl gestorbe“. „Laäht mich off derr Buuch, dos erfüllt sinn Zwaäck, doa könnt eu mich nämlich oll minnanner.“ Wie reichhaltig an Begriffen die Rhöner Mundart ist, beweist Lauer in dem Kapitel „Rhöner Lyrik“. Da hat er alle Schimpfwörter, die er kennt, aufgeschrieben. Es sind an die 300, schätzt Lauer.

Der hiesige Dialekt ist für Lauer Heimat. Er sagt: „Wer platt spricht und auf Gleichgesinnte trifft, der fühlt sich direkt zu Hause. Da weiß man, wo man ist und mit wem man es zu tun hat.“

Das Buch

Eberhardt Lauer: Es gett de Maänsche bee de Lüüd.

120 Seiten, 9,90 Euro. Verlag Parzeller.

Der 75-jährige Autor, der kürzlich auf Bitten seiner Söhne Antoine de Saint-Exupérys Buch „Der kleinen Prinz“ in Mundart übersetzt hat („Es klei Prinzee“) hat eine Bitte, an diejenigen die Mundart noch beherrschen: Bekennt euch zu eurer Muttersprache und praktiziert diese: in den Familien und auch im Alltag. Dann hat dieser Heimatdialekt vielleicht noch eine Chance, auch noch in Generationen gesprochen zu werden.

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