1. Fuldaer Zeitung
  2. Fulda

Seltene Tierarten in der Rhön gefährdet: Quellenexperte nennt Gründe

Erstellt:

Stefan Zaenker bei der Untersuchung einer Quelle.
Stefan Zaenker bei der Untersuchung einer Quelle. © B. Bechtluft

3841 Quellen sind in der Rhön erfasst, davon 152 neu im Jahr 2021. Die geschützten Biotope geben Aufschluss über die Wasserqualität und sind wichtige Lebensräume für kleine Lebewesen, die mit dem bloßen Auge kaum zu entdecken sind. Aber es drohen auch hier Gefahren.

Rhön - In wohl keinem anderen Mittelgebirge in Europa werden Quellen so detailliert erforscht wie im Biosphärenreservat Rhön. Auch 2021 wurden wieder neue Quellen in Bayern, Hessen und Thüringen erfasst und untersucht. Dabei konnten zahlreiche Tierarten nachgewiesen werden. Allerdings wurde auch deutlich: Die wertvollen Quellbiotope sind gefährdet und müssen zum Erhalt dieser Arten besser geschützt werden.

Als Grenzlebensraum zwischen Grundwasser und Oberflächengewässer haben Quellen eine hohe Bedeutung für spezialisierte Tier- und Pflanzenarten, die an diese besonderen Umweltbedingungen angepasst sind. Aus dem Grundwasser werden Organismen wie Höhlenflohkrebse, Muschelkrebse und Ruderfußkrebse eingespült, oder sie wandern aktiv ein. (Lesen Sie hier: Hilfe für seltene Heuschrecken - Jugendliche packen in Naturschutzgebiet in der Rhön an)

Fliegen- und Mückenlarven nutzen die Quellen bis zur Flugfähigkeit als Kinderstube, und in strömungsarmen Bereichen kommen Wasser- und Schwimmkäfer vor. Tiere aus feuchten Landlebensräumen kommen in die Quellbereiche, um zu jagen oder ihre Brut zu legen: der Feuersalamander, verschiedene Insekten, Spinnentiere, Tausendfüßer, Asseln und Schnecken.

Rhön: Seltene Tierarten gefährdet - Quellenexperte nennt Gründe

Die wohl prominenteste Bewohnerin ist die Rhönquellschnecke. Die nur etwa zwei Millimeter große Schnecke kommt als Art weltweit nur in einem kleinen Areal im Dreiländereck Hessen, Bayern und Thüringen vor. Wie alle Arten, die in den Quellbiotopen existieren können, reagiert sie sehr empfindlich auf Störungen und von Menschen gemachten Beeinflussungen.

Um solche Störungen und Umweltbelastungen zu ermitteln und Maßnahmen zur Verbesserung und zum Erhalt der einzigartigen Quellstandorte entwickeln zu können, läuft im Biosphärenreservat Rhön bereits seit 1996 ein länderübergreifendes Projekt zur Kartierung der Quellstandorte.

Die Quellen werden vom Landesverband für Höhlen- und Karstforschung Hessen im Auftrag der Biosphärenreservatverwaltungen untersucht. Bezüglich der Erfassung gilt die Rhön als eine der führenden Regionen Europas: Bis heute wurden 3841 Quellen erfasst – 2547 in Hessen, 718 in Thüringen und 576 in Bayern. Im Jahr 2021 sind nun 152 neue Standorte hinzugekommen. Die Kartierung des Teams um Stefan Zaenker umfasste in diesem Jahr die Gebiete Kammberg und Tannenberg bei Walkes (Thüringen), den Giebelrain bei Dietershausen (Hessen) und Teile des Naturschutzgebiets Schwarze Berge in Unterfranken.

Biotope für viele Kleinstlebewesen: Fuldaer kartiert Quellen in der Rhön

Die beiden Eiszeitreliktarten Rhönquellschnecke und Alpenstrudelwurm konnten in 30 beziehungsweise 31 Quellen festgestellt werden. „Der Alpenstrudelwurm ist ein Indikator für absolut sauberes Wasser“, erklärt Zaenker. Mit Ausnahme von zwei Funden des Alpenstrudelwurms in Thüringen wurden beide Arten ausschließlich in Bayern entdeckt. „Das unterstreicht die hohe Schutzwürdigkeit des Naturschutzgebiets der Schwarzen Berge.“

Die Quellen, die von menschlichen Störungen weitestgehend geschützt sind, wiesen eine gute Qualität auf. „Viele der Quellen sind allerdings durch landwirtschaftliche Nutzung, durch Fassungen, Drainagen und Müllablagerungen gefährdet“, berichtet Stefan Zaenker. Das Ziel der drei Rhöner Biosphärenreservatverwaltungen ist es daher, diese Standorte zu verbessern und als Lebensraum zu erhalten.

„Vor allem mit Blick auf weitere Beeinträchtigungen durch die Klimaveränderungen ist es enorm wichtig, die Kartierungsarbeiten auch in Zukunft fortzusetzen“, erklärt Quellenexperte Zaenker aus Fulda. Trotz der jahrzehntelangen Arbeit sind etliche Quellstandorte noch nicht erfasst. „Hinsichtlich des Artenspektrums erwarten wir noch einige zoologische Überraschungen.“ (ic)

Auch interessant