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Windkraft auf der Wasserkuppe? Bund macht Druck bei Ausbau

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Von: Daniela Petersen

Tourismus: Die Wasserkuppe, Hessens höchster Berg, ist ein Anziehungspunkt für viele Urlauber im Landkreis Fulda.
Windkraft auf der Wasserkuppe? Eher als im Schwarzen Moor, sagt der Rhönklub-Präsident. Unser Bild zeigt das Radom. © Rainer Ickler

Die Windkraft spielt eine Schlüsselrolle in der Strategie der Bundesregierung für mehr Klimaschutz. Der Bund will nun die Daumenschrauben anziehen. Das zielt vor allem auf Bundesländer, die beim Ausbau bisher gebremst haben. Was passiert in der Rhön?

Rhön/Berlin - Für einen schnelleren Bau von mehr Windrädern will der Bund strenge Abstandsregeln zu Wohnhäusern kippen – falls Flächenziele nicht erreicht werden. Das sehen Pläne des Wirtschafts- und Klimaschutzministeriums sowie des Bauministeriums vor, die am Mittwoch in die Ressortabstimmung gingen. Das Ziel: Mit strengen Abstandsregeln soll künftig nicht mehr der Bau von neuen Windrädern erschwert werden.

Ein wesentliches Hemmnis für den Ausbau der Windenergie an Land sei der Mangel an verfügbarer Fläche, heißt es im Gesetzentwurf. Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sagte, eine „Verhinderungsplanung“ sei nicht akzeptabel. Konkret soll nun eine Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch reformiert werden. Diese erlaubt es bislang den Ländern, Mindestabstände zur Wohnbebauung von bis zu 1000 Metern festzulegen – für diesen Bereich kann die sogenannte Privilegierung der Windkraftanlagen aufgehoben werden.

Rhön: Windkraft auf der Wasserkuppe? Bund macht Druck bei Ausbau

Die Bundesländer sollen auch künftig im Grundsatz weiter über Mindestabstände entscheiden dürfen, müssen aber sicherstellen, dass sie die Flächenziele erreichen. Diese Flächenziele für die Windkraft an Land sollen laut Ministerium gesetzlich verpflichtend sein: Geplant ist, dass bis 2026 1,4 Prozent, bis 2032 zwei Prozent der Bundesfläche für Windräder verfügbar sind.

Für die einzelnen Länder werden unterschiedliche Ziele gelten, weil es unterschiedliche Voraussetzungen für Windenergie gibt. So sind für das flächenmäßig größte Land Bayern Flächenziele von 1,1 Prozent 2026 und 1,8 Prozent 2032 vorgesehen – für Hessen und Thüringen gilt 1,8 Prozent bis 2026 und 2,2 Prozent bis 2032. (Lesen Sie hier: Planung für Windräder im Gieseler Forst beginnt bald: Naturschützer schlagen Alarm)

In Hessen sind jetzt 1,9 Prozent der Landesfläche als Vorranggebiete für Windenergie ausgewiesen. Das Bundesland erfüllt damit bislang die Zielvorgabe – im Gegensatz zu den meisten anderen. Bundesweit sind laut Bund derzeit 0,8 Prozent der Landesfläche für Windenergie an Land ausgewiesen, aber nur 0,5 Prozent tatsächlich verfügbar.

Der Bundesverband Windenergie hatte wiederholt von einem Nord-Süd Gefälle beim Ausbau gesprochen: Im Norden werden viel mehr neue Windräder gebaut als im Süden. Der Entwurf sieht vor, dass Länder, die ihre festgelegten Ziele übertreffen, anderen Bundesländern ihre Flächen teilweise „übertragen“ können.

Windenergie
Der Bund macht den Ländern beim Ausbau der Windenergie Druck. (Symbolbild) © Axel Heimken/dpa

Die Pläne sollen nächsten Mittwoch im Kabinett beschlossen und dann ins parlamentarische Verfahren gegeben werden. Das Gesetz ist allerdings nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat. Geplant ist, dass das Wind-an-Land-Gesetz dann Anfang 2023 in Kraft tritt.

„Der Berg ist so bebaut, da kommt es auf ein Windrad mehr oder weniger nicht an“

Der Umweltverband Nabu hat die Bundesregierung davor gewarnt, beim Ausbau der Windkraft Naturschutzstandards zu senken. Der Entwurf sieht vor, dass künftig auch Landschaftsschutzgebiete in einem „angemessenem Umfang“ in die Suche nach Flächen für den Windenergieausbau einbezogen werden können. Um Genehmigungsverfahren für Windräder zu vereinfachen und zu beschleunigen, soll es bundeseinheitliche Standards für die artenschutzrechtliche Prüfung geben. Es soll eine Liste von kollisionsgefährdeten Brutvogelarten festgelegt werden mit gestaffelten Abstandsvorgaben.

Das kritisierte der Nabu. „Das bedeutet, dass der Tod des einzelnen Tieres in Kauf genommen wird.“ Bereits heute gelte dafür, dass sich die Population dadurch nicht verschlechtern dürfe. Die Neuregelung sehe vor, dass es für die nächsten Jahre ausreiche, sich die Entwicklung der betroffenen Population für ganz Deutschland anhand der „Roten Liste“ anzuschauen. Die Daten berücksichtigten aber nur gefährdete Arten. Geschützt seien laut EU-Recht aber alle Arten. (Lesen Sie auch: Votum der Stadtverordneten: Keine Windkraft in Hünfelds Wäldern)

Video: Bundesregierung drückt bei Ausbau der Windenergie aufs Tempo

Aus diesem Grund gibt es in der Hochrhön bisher kein Windrad. Denn dort brütet der Rotmilan, der unter Naturschutz steht. 2021 wurden allein auf hessischer Seite 195 Revier- und Brutpaare kartiert. „Alternative Energien müssen vorangetrieben werden. Aber Windräder bedeuten immer auch ein Einschnitt in die Natur“, betont deshalb auch Jürgen Reinhardt. Der 72-Jährige ist Präsident des Rhönklubs, der insgesamt 20.100 Mitglieder in der hessischen, bayerischen und thüringischen Rhön zählt. Windräder in der Rhön sind für Reinhardt an den meisten Standorten unvorstellbar.

„So ein Windrad steht auf einem riesigen Fundament. Wir sind hier in der glücklichen Lage, viel Natur um uns zu haben. Ich wäre dagegen, wenn auf dem Kreuzberg oder im Schwarzen Moor Windkraft geplant wäre.“ Generell käme es aber auf den Standort an: „Vielleicht wäre Windkraft am Truppenübungsplatz Wildflecken oder auf der Wasserkuppe denkbar, da ist bereits eine Infrastruktur vorhanden, und es gibt viele asphaltierte Wege. Der Berg ist inzwischen so bebaut, da kommt es auf ein Windrad mehr oder weniger wahrscheinlich nicht mehr an.“

Das Biosphärenreservat Rhön erklärt für Hessen: „Der weitere Ausbau der Windkraft ergibt sich aus den Vorgaben von Bund und Ländern. Die Ergebnisse dieses politischen Prozesses gilt es abzuwarten, hierüber lassen sich keine Vorhersagen treffen. Allerdings sind in Hessen schon heute knapp zwei Prozent der Landesfläche für den Windenergieausbau reserviert. Ob und welche Schutzgebiete zukünftig eventuell aufgeweicht werden, bleibt abzuwarten.“ Auf alternative Energiequellen zu setzen, sei generell wichtig und richtig. „Hierbei gilt es aber, die Belange des Arten- und Naturschutzes konsequent zu berücksichtigen.“ (mit dpa-Material)

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