Der Bundesverband Windenergie hatte wiederholt von einem Nord-Süd Gefälle beim Ausbau gesprochen: Im Norden werden viel mehr neue Windräder gebaut als im Süden. Der Entwurf sieht vor, dass Länder, die ihre festgelegten Ziele übertreffen, anderen Bundesländern ihre Flächen teilweise „übertragen“ können.
Die Pläne sollen nächsten Mittwoch im Kabinett beschlossen und dann ins parlamentarische Verfahren gegeben werden. Das Gesetz ist allerdings nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat. Geplant ist, dass das Wind-an-Land-Gesetz dann Anfang 2023 in Kraft tritt.
Der Umweltverband Nabu hat die Bundesregierung davor gewarnt, beim Ausbau der Windkraft Naturschutzstandards zu senken. Der Entwurf sieht vor, dass künftig auch Landschaftsschutzgebiete in einem „angemessenem Umfang“ in die Suche nach Flächen für den Windenergieausbau einbezogen werden können. Um Genehmigungsverfahren für Windräder zu vereinfachen und zu beschleunigen, soll es bundeseinheitliche Standards für die artenschutzrechtliche Prüfung geben. Es soll eine Liste von kollisionsgefährdeten Brutvogelarten festgelegt werden mit gestaffelten Abstandsvorgaben.
Das kritisierte der Nabu. „Das bedeutet, dass der Tod des einzelnen Tieres in Kauf genommen wird.“ Bereits heute gelte dafür, dass sich die Population dadurch nicht verschlechtern dürfe. Die Neuregelung sehe vor, dass es für die nächsten Jahre ausreiche, sich die Entwicklung der betroffenen Population für ganz Deutschland anhand der „Roten Liste“ anzuschauen. Die Daten berücksichtigten aber nur gefährdete Arten. Geschützt seien laut EU-Recht aber alle Arten. (Lesen Sie auch: Votum der Stadtverordneten: Keine Windkraft in Hünfelds Wäldern)
Aus diesem Grund gibt es in der Hochrhön bisher kein Windrad. Denn dort brütet der Rotmilan, der unter Naturschutz steht. 2021 wurden allein auf hessischer Seite 195 Revier- und Brutpaare kartiert. „Alternative Energien müssen vorangetrieben werden. Aber Windräder bedeuten immer auch ein Einschnitt in die Natur“, betont deshalb auch Jürgen Reinhardt. Der 72-Jährige ist Präsident des Rhönklubs, der insgesamt 20.100 Mitglieder in der hessischen, bayerischen und thüringischen Rhön zählt. Windräder in der Rhön sind für Reinhardt an den meisten Standorten unvorstellbar.
„So ein Windrad steht auf einem riesigen Fundament. Wir sind hier in der glücklichen Lage, viel Natur um uns zu haben. Ich wäre dagegen, wenn auf dem Kreuzberg oder im Schwarzen Moor Windkraft geplant wäre.“ Generell käme es aber auf den Standort an: „Vielleicht wäre Windkraft am Truppenübungsplatz Wildflecken oder auf der Wasserkuppe denkbar, da ist bereits eine Infrastruktur vorhanden, und es gibt viele asphaltierte Wege. Der Berg ist inzwischen so bebaut, da kommt es auf ein Windrad mehr oder weniger wahrscheinlich nicht mehr an.“
Das Biosphärenreservat Rhön erklärt für Hessen: „Der weitere Ausbau der Windkraft ergibt sich aus den Vorgaben von Bund und Ländern. Die Ergebnisse dieses politischen Prozesses gilt es abzuwarten, hierüber lassen sich keine Vorhersagen treffen. Allerdings sind in Hessen schon heute knapp zwei Prozent der Landesfläche für den Windenergieausbau reserviert. Ob und welche Schutzgebiete zukünftig eventuell aufgeweicht werden, bleibt abzuwarten.“ Auf alternative Energiequellen zu setzen, sei generell wichtig und richtig. „Hierbei gilt es aber, die Belange des Arten- und Naturschutzes konsequent zu berücksichtigen.“ (mit dpa-Material)