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„Gallisches Dorf“ in der Energiekrise: Sieblos setzt auf Holzhackschnitzel

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Von: Rainer Ickler

Mit diesen Holzhackschnitzeln wird die Anlage betrieben, erklärt Stefan Gensler, der Vorsitzende der Hackgutheizungs GbR, in Sieblos.
Die Baumstämme aus Siebloser Wäldern werden gehäckselt, damit sie in den Öfen verbrannt werden können. © Rainer Ickler

Alle beklagen aktuell die hohen Energiepreise. Alle? Nein. Ein Dorf in der Rhön, der Poppenhausener Ortsteil Sieblos, ist dank einer zentralen Holzhackschnitzel-Anlage, die die Häuser im Ort versorgt, autark. Die 100 Einwohner zahlen für das Heizen nicht mehr als vor 14 Jahren.

Sieblos - „Bei uns beschwert sich keiner über die Preise für das Heizen“, erklärt Stefan Gensler, Vorsitzender der Hackgutheizungs GbR Sieblos. Seit 2008 gibt es die Gesellschaft. Dahinter verbergen sich zwölf Siebloser Bürger, die der Waldgenossenschaft angehören und sich zusammengetan haben, um ein nachhaltiges und ökologisches Fernheizungssystem, gespeist mit Holz aus den Siebloser Wäldern, zu betreiben.

Die gelieferten Rhöner Baumstämme werden zu Holzhackschnitzeln geschreddert, mit denen die Anlage betrieben wird. Das Ziel des Baus damals war es, unabhängig vom Öl- und Gaspreis zu werden, aber auch um ökologisch und nachhaltig zu wirtschaften. Heute ist dieser Gedanke aktueller denn je.

Rhön: Zentrale Holzhackschnitzel-Anlage hält Siebloser warm

Mittlerweile sind fast alle 36 Häuser in Sieblos an das Nahwärmesystem angeschlossen. Auch diejenigen, die im Neubaugebiet ihr Häuschen errichten wollen, haben schon nachgefragt, weiß der Siebloser Manfred Herget. Er ist von Anfang an dabei. „Das ist doch eine tolle Sache. Der Preis ist seit 14 Jahren so gut wie stabil, lediglich die Grundgebühr ist mal angehoben worden. Vor allem ist es auch nachhaltig“, sagt er. Die fürs Heizen geschlagenen Bäume werden wieder nachgepflanzt.

Stefan Gensler rechnet vor, dass der Kubikmeter sieben Cent kostet. Bei neu gebauten und gut isolierten Häusern mit einem Verbrauch von rund 10 000 bis 12 000 Kubikmetern blieben die Eigentümer unter 100 Euro im Monat. Etwas teurer ist es bei älteren Häusern. „Diejenigen, die angeschlossen sind, sind alle glücklich“, weiß er. In Sieblos bleiben die Ausgaben für Heizenergie im Ort. „Daran verdienen weder Multis noch Scheiche“, erklärt er stolz.

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Rund 530 000 Euro hat die Anlage gekostet. Es gab damals eine Förderung und ein Großteil der Investitionen ist in Eigenleistung von den Bürgern erbracht worden. „Es war eine großartige Gemeinschaftsleistung“, berichtet Gensler. Leitungen wurden verlegt und Hausanschlüsse hergestellt. 2500 Euro kostete die einmalige Anschlussgebühr damals. Wer sich aktuell anschließen lässt, muss 5000 Euro zahlen. (Lesen Sie auch: Frankfurt schaltet Beleuchtung ab, Kassel schließt Sauna - So will die Stadt Fulda Energie sparen)

Doch damals war es gar nicht so einfach, die Dorfbewohner von der Idee zu überzeugen. Wird es funktionieren? Rechnet es sich? Warum soll ich eine funktionierende Heizung austauschen?, lauteten die Fragen. 24 der 36 Hausbesitzer konnten zu Beginn überredet werden, erinnert sich Gensler. Weitere zehn ließen sich danach anschließen. Heute will jeder mitmachen. „Wir sind in der glücklichen Lage, den Preis bestimmen zu können“, sagt er.

„Gallisches Dorf in der Rhön“ - Preise in Sieblos bleiben konstant

Gensler bezeichnet Sieblos – in Anlehnung an die bekannten Comic-Bände mit Asterix und Obelix – als das gallische Dorf in der Rhön. Denn nicht nur beim Heizen ist der kleine Ort autark. Die Bewohner des Ortes in Hessen haben auch eine eigene Wasserversorgung, die sie selbst betreiben. Mittlerweile sorgt eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Hackgutheizungsanlage für den ökologischen Strom, damit die Heizöfen im Inneren angetrieben werden können.

„Die Bürger bekommen in Sieblos ein Sorglos-Paket“, erklärt Bürgermeister Manfred Helfrich (CDU). Er freut sich, dass der kleine Ort beim Heizen autark ist und dass mit dem Holz aus heimischen Wäldern nur kurze Wege notwendig sind.

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