Ganz früher war die Bierquelle mal Restaurant mit der Küche im Keller, erinnert Rother. Aber als auch das nahe Karstadt zum Mittagessen lud und Firmen ihre eigenen Kantinen hatten, habe sich der Betrieb nicht mehr gelohnt, berichtet Rother. Nun ist die Bierquelle seit Langem schon ausschließlich Schankwirtschaft – mal mit sehr guten, mal mit etwas schlechteren Phasen. „Die Pandemie war blöd“, sagt der 42-jährige Chef. „Aber wir sind stolz, dass es den Laden schon so lange gibt. Und wir halten weiterhin eisern durch.“ Dass es in all den Jahrzehnten nur fünf Pächter gegeben habe, sei ungewöhnlich, findet Döll.
Der Kneipe genauso treu sind die Besucher: Manche sind Touristen, die aufgrund der Bahnhofsnähe einkehren, 80 Prozent aber sind Stammgäste. Und das macht sich bemerkbar: „Als ich die Pandemie nutzen wollte, um zu renovieren, hat sich schnell herausgestellt, dass ich als Chef nix zu sagen habe“, sagt Endres lachend. Denn die Gäste wollten „ihr“ altes Mobiliar behalten. „Wir haben dann nur ein wenig gestrichen.“
Als Kneipier muss man eben auf die Gäste eingehen: „Man braucht Fingerspitzengefühl“, sagt Döll. „Und Menschenkenntnis und einen guten Schuss Service-Gedanken“, ergänzt Endres. „Man schenkt hier nicht nur Bier aus: Man ist auch noch Therapeut und Seelsorger.“ Viele Gäste schütteten an der Theke ihr Herz aus, wissen die drei. Oft kommen die Gäste auch, um „einfach mal ein bisschen dummzuschwätzen“, erklärt Rother. „Das hat mir in der Pandemie gefehlt: mal ein paar Sprüche machen und die anderen zum Lachen bringen“, sagt Döll.
Rother und Döll sind noch heute regelmäßig in der Bierquelle zu Gast. Während beide früher hinter dem Tresen standen, kommt Endres, der in Schweinfurt lebt und hauptberuflich Automatenaufsteller ist, etwa drei- bis viermal in der Woche in die Heinrichstraße. Das Bedienen überlässt er Evi Hochstadt, die jetzt ihre 13-jährige Betriebszugehörigkeit feierte.
Im Vergleich zu 1957 hat sich in der Bierquelle viel geändert: Damals wurde mehr Alkohol getrunken, und junge Leute trafen sich noch häufiger in der Kneipe anstatt in den sozialen Medien, sagen die drei Männer. Das Wort „Urlaub“ habe man kaum gekannt, demnächst gönnt sich die Bierquelle zwei Wochen Betriebsferien. Eines aber ist gleichgeblieben: Sommers wie winters sitzen die Gäste an der Theke, reden über Fußball, Frauen oder Politik – und genießen die Atmosphäre.