Schlachthof Fulda im Konkurrenzkampf gegen Großbetriebe - Bio-Produkte als Nische

Großbetriebe wie die von Tönnies, Westfleisch und anderen teilen sich 80 Prozent der Schlachtungen von Schweinen und Rindern in Deutschland. Der Fuldaer Schlachthof ist im Vergleich winzig – für die regionale Fleischbranche, insbesondere Landwirte und Metzger, hat er aber einen enormen Stellenwert.
- Der Schlachthof Fulda hat es schwer, gegen die Großbetriebe wie von Tönnies anzukommen.
- Der Schlachthof setzt deshalb auf Nischen wie Tiere aus ökologischer Landwirtschaft.
- „Unser Schlachthof soll keine großen Gewinne erzielen, sondern den Standort erhalten", erklärt Vorstand Sven Euen.
Fulda - „Wir bräuchten 600 bis 800 Schweine wöchentlich zusätzlich in einer guten Qualität, um mittelfristig überleben zu können“, sagt Sven Euen. Der gelernte Landwirt und studierte Ökotrophologe ist Vorstandsmitglied der Erzeuger-Schlachthof Kurhessen AG, die den Betrieb 2019 übernommen hat – und von den Schlachtgebühren lebt.
Seine Skepsis nährt sich aus der wechselvollen Geschichte des stets auf die Region um Fulda konzentrierten Schlachthofs und aus aktuellen Zahlen: „Fulda ist der größte Schlachthof in Hessen. Wir können 2000 Schweine und bis zu 140 Rinder pro Woche schlachten. Im Moment sind es 1000 bis 1100 Schweine und 100 Rinder.“
Schlachthof in Fulda schlachtet Schweine und Rinder - nur zur Hälfte ausgelastet
Vor zwei Jahren sprach Aufsichtsratsvorsitzender Rudolf Bühler von „1000 Schweinen und 80 bis 100 Rindern“ pro Woche: „Die Schlachtzahlen müssen gesteigert werden, sonst funktioniert es nicht.“ Das Problem: In Fulda sind die Schlachtkosten wesentlich höher als an größeren Schlachthöfen.
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Euen: „Wir müssen Nischen bedienen wie Gruppen von Selbstvermarktern, Markenprogramme oder Schlachtungen für die ökologische Landwirtschaft.“ Dort werden für die Tiere höhere Preise erzielt, weshalb die Schlachtpreise nicht so stark ins Gewicht fallen. Nur „über eine höhere Wertschätzung dieser Produkte können wir die Auslastung des Schlachthofes in kleinen Schritten steigern.“ Künftig sollen zudem auch Schafe geschlachtet werden.
Vorstandsmitglied, Landwirt und Oecotrophologe Sven Euen: Müssen Nischen bedienen
Wachsen oder weichen. Auf diesen Nenner lässt sich die Situation von Schlachthöfen bringen. 2017 wurden in Deutschland in 4200 Betrieben Schweine und in 3900 Betrieben Rinder geschlachtet. In Hessen gibt es 490 Schlachtbetriebe. Diese sind laut Landwirtschaftsministerium „überwiegend handwerklich strukturiert und verfügen über nur geringe Schlachtkapazitäten, darunter viele Metzgereien“.
Nach einem jahrzehntelangen Strukturwandel sind in Hessen noch zwei Regional-Schlachthöfe übrig – neben dem in Fulda einer im Odenwald. Wegen gestiegener EU-Hygieneauflagen schlachten viele Metzgereien nicht mehr in eigenen Räumen. Ihnen und den Landwirten aus der Region ist jedoch daran gelegen, dass aus Gründen des Tierwohls und der Kosten die Schlachttiere nur über möglichst kurze Strecken transportiert werden.
Bauern und Metzger erhalten Betrieb - „Schlachtzahlen müssen steigen“
Dieser Situation verdankt der Schlachthof Fulda zum Teil seine Existenz. Seine Aktionäre sind vor allem Bauern und Metzger aus der Region. „Unser Schlachthof soll keine großen Gewinne erzielen, sondern den Standort erhalten. Das Tierwohl steht ganz oben. In der Region haben wir eine erhaltenswerte landwirtschaftliche Struktur aus Nebenerwerbs-, Klein-, und Bio-Betrieben. Alle wollen die Transportzeiten so gering wie möglich halten“, betont Euen.

„Wir machen ein Angebot, regional schlachten zu können, stellen ein funktionsfähiges Gebäude zur Verfügung und halten uns an Tierschutz- und Lebensmittelrecht. Aber wir sind nie Besitzer von Tier oder Fleisch. Wir müssen wissen, wie viele Tiere an welchem Tag geschlachtet werden sollen und koordinieren das dann mit den ,Kopfschlächtern Fulda‘.“
Schlachthof Fulda ist einer der zwei letzten Regional-Schlachthöfe in Hessen
Dieses Unternehmen schlachtet mit etwa einem Dutzend Mitarbeitern die Schweine und Rinder. „Die Männer sind hier verwurzelt und haben entweder in der Landwirtschaft oder mit Hausschlachtungen ein zweites Standbein.“ Das System habe sich „über die Jahrzehnte bewährt“. Bei Stundenlöhnen in der Größenordnung von 16 bis 22 Euro könne auch nicht von Niedriglöhnen die Rede sein, wie etwa in Schlachthöfen, die Werkverträge verwenden.

Investitionen von etwa einer Million Euro standen nach dem Kauf des Gebäudes an. Ein Teil davon ist abgearbeitet, der Rest folge nach und nach „einhergehend mit steigenden Schlachtzahlen“. Bei nur einer Handvoll Mitarbeitern, darunter ein neu eingestellter Stallmeister, werden die Personalkosten des Erzeuger-Schlachthofs auf einem niedrigen Niveau gehalten.
„Wir können uns nur über die Qualität profilieren. Tiere aus Bio-zertifizierten Betrieben machen bei uns etwa 30 Prozent aus. Das ist eine wesentliche Größe, die wir ausbauen wollen“, betont Schlachthofchef Sven Euen.
Lesen Sie hier: So läuft der Schlachtprozess im Schlachthof Fulda ab. Die Landwirte stehen derzeit erheblich unter Druck, weil die Großschlachterei von Tönnies einige Wochen lang geschlossen war und mehr Schweine auf dem Markt sind. Und: In einigen großen Schlachthöfen ist der Coronavirus ausgebrochen. Dass der Fuldaer Schlachthof ein Corona-Brennpunkt wird, ist laut Betreibern unwahrscheinlich. Außerdem: Legehennen vor der Schlachtbank retten: Projekt „Unser glückliches Huhn“ wächst Und: Der Landkreis Fulda verzeichnet starken Rückgang: Zahl der Schlachtungen sinkt rapide