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Geplante Windräder bei Heubach seit drei Jahren unfertig: Wurden Geldgeber getäuscht?

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Von: Marcus Lotz

Seit mehr als drei Jahren stehen die unfertigen Anlagen bei Heubach in der Gegend herum.
Seit mehr als drei Jahren stehen die unfertigen Anlagen bei Heubach in der Gegend herum. © Marcus Lotz

Warum ließ die Firma Oktoberwind zwei bei Heubach geplante Windkraftanlagen nie weiterbauen? Über diese Frage rätselte man jahrelang im ganzen Kreis Fulda. Licht ins Dunkel bringt nun ein Zivilprozess, der derzeit vor dem Landgericht geführt wird.

Heubach - Seit drei Jahren stehen die Maststümpfe Am Steiger bei Heubach in der Landschaft herum, auf die der Investor Holger Schwarz von der Firma Oktoberwind bereits vor fünf Jahren Windkraftanlagen bauen wollte. Dazu kam es jedoch nie. 2019 endeten die Bauarbeiten vorerst. 2021 erlosch schließlich die vom Regierungspräsidium (RP) Kassel erteilte Genehmigung für den Bau. Der Grund für den bis heute andauernden Baustopp war lange unklar.

Bei dem Zivilprozess am Freitag vor dem Landgericht Fulda war eben dieser Baustopp nun Thema. Beklagte ist die Firma Oktoberwind. Kläger sind drei Investoren, die insgesamt 1,5 Millionen Euro für den Bau der Windkraftanlagen gegeben hatten und sich von Schwarz über das Projekt getäuscht fühlen.

Fulda: Unfertige Windräder bei Heubach - Geldgeber getäuscht?

Als Zeuge geladen war unter anderen ein Mitarbeiter der Firma Enercon. Der Hersteller von Windkraftanlagen sollte im Auftrag von Schwarz die Anlagen bei Heubach bauen. „Ich habe den Baustopp im August 2019 persönlich angeordnet“, sagte der Mitarbeiter am Freitag vor der Siebten Zivilkammer aus. Er äußerte, Schwarz habe etappenweise nach Vollendung der jeweiligen Baufortschritte für die bis dato erbrachte Bauleistung zahlen sollen. Doch dann sei eine Zahlungsrate ausgeblieben. „Daraufhin habe ich den Baustopp und die Räumung der Baustelle angeordnet“, schilderte der Zeuge.

Während die Arbeiten ruhten, habe es mehrere Gespräche mit Schwarz gegeben. „Da ich von ihm die Aussage hatte, dass er beabsichtigt, das Projekt allein aus Eigenmitteln zu finanzieren, habe ich gesagt, dass ich gerne einen Eigenkapital-Nachweis hätte, bevor ich die Baustelle wieder freigebe. Den habe ich bis heute nicht bekommen.“ Und so blieb es beim Status quo. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Jörg Latsch, wie schnell die Anlagen ohne den Baustopp hätten fertiggestellt werden können, antwortete der Zeuge: „In zwei Monaten.“

Der Anwalt von Holger Schwarz hielt dagegen, Enercon habe zur damaligen Zeit in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gesteckt. Die letzte Rate sei dann auch „völlig überraschend“ abseits des vorher vereinbarten Zahlungsplans eingefordert worden, so der Anwalt der Firma Oktoberwind. Schwarz habe Sorge gehabt, dass im Falle einer Insolvenz von Enercon hohe Mehrkosten auf Oktoberwind zukämen und die Rate daher zurückgehalten.

Dem Vorwurf, Enercon habe verfrüht Geld gefordert, widersprach der Mitarbeiter entschieden: „Wir haben nur den Betrag eingefordert, der uns zusteht.“ Finanzielle Probleme von Enercon hätten mit dem Fall grundsätzlich nichts zu tun. „Das kann ich definitiv ausschließen“, versicherte der Angestellte und lieferte eine andere Erklärung für den Stopp: „Herr Schwarz hatte mir gesagt, ihm seien Kommanditisten abgesprungen und er müsse nun neues Kapital einwerben.“ Kommanditisten sind Gesellschafter einer KG. Sie haften nur mit ihren Einlagen.

Windräder bei Heubach: Zeugen berichten von Zweifeln an Wirtschaftlichkeit

Mehrere Zeugen berichteten, sie hätten grundlegende Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Windräder gehabt. Laut Aussage des Enercon-Mitarbeiters ergab eine erste Standortbewertung im Jahr 2016 keine guten potenziellen Ertragswerte. Diese basierten jedoch nicht auf Messungen vor Ort, sondern auf Vergleichswerten. „Ich habe Herrn Schwarz im April 2018 daher empfohlen, durch uns eine Windmessung durchführen zu lassen, um zu verifizieren, ob der Standort wirklich so schlecht sei.“ Dies habe Schwarz ausgeschlagen. „Er sagte, er werde jetzt nicht noch irgendwelche Messungen durchführen lassen, er wolle nicht länger warten, sondern endlich anfangen“, erzählte der Zeuge.

„Meine Mandanten wurden über die wesentlichen Umstände ihrer Anlage getäuscht und anschließend zu einem erheblichen Investment gebracht“, formulierte der Klagevertreter am Ende der Beweisaufnahme den Vorwurf. Schwarz habe bei der Frage zur wirtschaftlichen Lage „gemauert“ und „arglistig getäuscht“.

Anders sah das der Vertreter der beklagten Firma Oktoberwind. „Diese Darstellung ist völlig überzeichnet. Wir haben von einem Zeugen gehört, dass die Zahlen und Bedenken eines Fachmanns den Klägern rechtzeitig bekannt waren.“ Der Anwalt stellte außerdem klar: „Es gibt keinen Baustopp. Es gibt eine Entscheidung von Enercon, die Baustelle nicht weiter zu betreiben. Dieser Baustopp war eine Verzögerung.“ Diese Umstände seien der Gegenseite bekannt gewesen.

Eine Entscheidung fiel am Freitag nicht. Beide Parteien stellten den Antrag, binnen sechs Wochen eine Stellungnahme zu den Ergebnissen der Beweisaufnahme abgeben zu können.

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