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„Neuhof darf keine Abfalldeponie werden“ - Bürgerinitiative mobilisiert Widerstand gegen Haldenabdeckung

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Von: Volker Nies

700 Bürger kamen zu dem Info-Abend im Gemeindezentrum Neuhof.
Das Gemeindezentrum hat Bürgermeister Heiko Stolz „noch nie so voll gesehen“: 700 Bürger kamen zu dem Info-Abend. © Volker Nies

Kein Thema beschäftigt die Menschen in Neuhof derzeit so sehr wie die K+S-Pläne, den Kaliberg mit Millionen Tonnen Erde und Bauschutt abzudecken. Zum ersten Info-Abend der neuen Bürgerinitiative (BI) „Umwelt Neuhof“ kamen am Freitagabend 700 Bürger ins Gemeindezentrum.

Neuhof - Obwohl der Saal proppenvoll war und viele Zuschauer stehen oder auf dem Boden sitzen mussten – während des Vortrags der BI-Experten Dr. Karl-Ludwig Ruppel und Jörg Burkard hätte man eine Nadel fallen hören können – so groß war die Aufmerksamkeit. Am Ende gab es langen, stehenden Beifall. Ruppel und Burkard erläuterten die Pläne von K+S so eindrücklich, dass viele Zuschauer, darunter Kommunal- und Landespolitiker, ins Staunen kamen.

Fulda: Bürgerinitiative mobilisiert Widerstand gegen Haldenabdeckung

K+S muss seine salzhaltigen Abwässer vom Kaliberg stark reduzieren. Als Lösung präsentierte das Unternehmen im Frühjahr 2022 die so genannte Dickschichtabdeckung. Bis die Halde vollständig abgedeckt ist, werden laut K+S 105 Jahre lang jeden Tag 150 Lkw Erde und Bauschutt nach Neuhof (Kreis Fulda) bringen. „Uns droht ein Verlust an Lebensqualität über Jahrzehnte und Generationen“, so Burkard.

Ruppel warf K+S vor, es habe alternative Verfahren nicht ausreichend geprüft – offenbar aus finanziellen Gründen. „Die Aussage der K+S-Werksleitung im FZ-Interview am vergangenen Samstag, bei der Wahl des geeigneten Verfahrens zur Abwasserreduzierung stehe das Finanzielle nicht im Vordergrund, macht mich sprachlos“, sagte Ruppel. Mit der Ablagerung von Bauschutt und Erde in den geplanten Mengen könne K+S 3,1 Milliarden Euro verdienen.

Karl Ludwig Ruppel (links) und Jörg Burkard analysierten die Pläne von Kali + Salz.
Karl Ludwig Ruppel (links) und Jörg Burkard analysierten die Pläne von Kali + Salz. © Volker Nies

2021 habe K+S mit dem Entsorgungsunternehmen Remondis die gemeinsame Tochterfirma Reks gegründet, um die Abfallbeseitigung auf der Halde zu organisieren. Im gleichen Jahr habe K+S in seiner Konzernbilanz in Hinblick auf erwartete Erlöse aus dem Abfallgeschäft an Halden Rückstellungen für die langfristige Halden-Risikovorsorge in Höhe von 57,9 Millionen Euro aufgelöst. Dabei sei 2021 noch nicht einmal ein Antrag für die Haldenabdeckung gestellt gewesen.

„Wenn K+S seine Pläne umsetzt, dann würden in Neuhof 265 Millionen Tonnen Material abgelagert. Die heute größte Abfallhalde der Welt in New York enthält 150 Millionen Tonnen“, warnte Burkard. K+S plane, Bauschutt bis zur Schadstoffklasse Z2 abzulagern, so dass dann auch Schwermetalle ins Grundwasser gelangen könnten. Der Antransport sei mit Lärm- und Staubemissionen verbunden – weit über Neuhof hinaus.

Wir werden alles dafür tun, damit die geplante Dickschichtabdeckung nicht kommt.

Heiko Stolz, Bürgermeister

Bis 2035 werde die Halde durch den Kaliabbau um 32 Prozent wachsen. Falls K+S danach weitere 20 Jahre Kali fördere, was das Unternehmen erwäge, dann werde man für eine Abdeckung der Halde 140 Jahre brauchen, so Burkard. Die Bürgerinitiative fordert, dass K+S kein weiteres Material auf die Halde aufbringt. Im Kaliwerk Wintershall in Heringen schaffe K+S das bereits.

Die Alternativen zum Dickschichtverfahren müssten unabhängig geprüft werden. Eine Alternative sei, den Abraum wieder unter die Erde zu bringen. Anders als K+S vorrechne, sei das im großen Umfang möglich. Das Dickschichtverfahren löse zudem nicht das Problem der Weserversalzung, denn die Flussgebietsgemeinschaft Weser – also die anliegenden Bundesländer – fordert eine Lösung bis 2075. Die Dickschichtabdeckung brauche 50 Jahre länger. In der Zeit bis 2075 werde die Salzfracht kaum reduziert.

Ruppel rief aus: „Neuhof darf keine Abfalldeponie werden. Die Förderbänder müssen anfangen, rückwärts zu laufen. Uns droht eine ökologische Katastrophe. Unsere Heimat droht, den Profitinteressen zweier Konzerne zum Opfer zu fallen.“ Viele Jahrzehnte hätten Neuhof und K+S gut zusammen existiert. „Aber jetzt wünsche ich mir, dass K+S mit Anstand geht“, sagte Ruppel.

Neuhofs Bürgermeister Heiko Stolz (CDU) dankte den Referenten für ihren detaillierten Vortrag und sagte, die Gemeinde und die Bürgerinitiative hätten die gleichen Ziele. „Wir werden alles dafür tun, damit die geplante Dickschichtabdeckung nicht kommt. Wir haben schon Kreis- und Landespolitiker und eine spezialisierte Anwaltskanzlei eingeschaltet. Wir brauchen dabei die Rückendeckung aller Bürger. Gemeinsam können wir etwas erreichen“, sagte Stolz.

Auch die Grundeigentümer in Neuhof, die vom Flächenverbrauch durch die geplante Haldenabdeckung betroffen wären, machen gegen die Pläne von K+S mobil. Sie fordern in einem Schreiben an verschiedene Behörden, dass Kali und Salz auf die Realisierung seiner Pläne verzichtet.

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