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Schnell noch einmal volltanken? Der Tankrabatt läuft aus - Andrang an Zapfsäulen

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Ein günstiges Nahverkehrsticket für das ganze Land, eine Steuersenkung für Sprit: Mit dem ersten Energiepreis-Schock kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs war vieles möglich. Damit ist jetzt Schluss. Der Tankrabatt läuft aus - das macht sich auch an Tankstellen in Osthessen bemerkbar.

Berlin/Schlüchtern - Mobilität wird für viele Menschen in Deutschland wieder deutlich teurer. In der Nacht von Mittwoch (31. August) auf Donnerstag (1. September) laufen sowohl das 9-Euro-Ticket für Bus und Bahn als auch der sogenannte Tankrabatt aus, eine Senkung der Energiesteuern auf Kraftstoffe auf das in der EU zulässige Mindestmaß.

Tankrabatt läuft aus: Tankstellenbetreiber berichten von Andrang an Zapfsäulen

Die Maßnahmen hatte die Bundesregierung beschlossen, um Bürgerinnen und Bürger angesichts hoher Energiepreise vorübergehend zu entlasten. Die Preise für Benzin und Diesel dürften mit dem Ende des Tankrabatts deutlich steigen - wann und wie sehr ist aber noch unklar.

„Wir werden in den kommenden Tagen und Wochen sicher eine Mischung aus hohen und niedrigen Preisen sehen“, sagt Jürgen Albrecht, Spritpreis-Experte beim ADAC. Schon jetzt seien Preisunterschiede je nach Region und Tageszeit im zweistelligen Centbereich. „Das wird zunächst eher noch mehr werden.“

Der Hintergrund: Ab Mitternacht am 1. September gelten für Benzin und Diesel wieder die alten Steuersätze. Inklusive Mehrwertsteuer steigt der Preis für Superbenzin der Sorte E10 damit um 35 Cent pro Liter, für Diesel werden pro Liter 17 Cent mehr fällig. Allerdings galten die niedrigeren Steuersätze auch für Tankstellenbetreiber - einige dürften günstig gekauften Sprit haben, den sie günstiger abgeben können.

Viele Autofahrer wollen offenbar auf Nummer sicher gehen und vor Ende des Steuerrabatts noch einmal volltanken. An zahlreichen Tankstellen auch in Osthessen bildeten sich am Dienstag und Mittwoch Schlangen. Tankstellenbetreiber etwa im Main-Kinzig-Kreis berichten im Gespräch mit unserer Zeitung von großem Andrang und teilweise ausgegangenem Sprit. An der bft-Tankstelle Förster in Steinau (Straße) zum Beispiel habe das Aufkommen dazu geführt, dass der Diesel-Kraftstoff komplett leer war, erklärte Werner Kress.

Bei der Avia-Tankstelle in Sinntal-Sterbfritz war ebenso ein großer Andrang erkennbar: „Heute Morgen stand zum Beispiel der Hof voll“, erklärte Bärbel Schwanke am Dienstag. Der Andrang gelte auf alle Kraftstoffe und sei zuletzt um 50 Prozent angestiegen. Morgens und „später am Nachmittag, wenn Feierabendzeit ist“ sei das Aufkommen hoch. Mehrere Autofahrer berichteten unserer Redaktion zudem von Schlangen bei der Globus-Tankstelle in Petersberg.

Das Bundeskartellamt hatte am Dienstag angekündigt, die Preisgestaltung der Tankstellen nach dem 1. September beobachten zu wollen. Schließlich funktioniere der Wettbewerb auf dem Kraftstoffmarkt nicht besonders gut, sagte Andreas Mundt, Präsident der Behörde. Zum Start der Steuersenkung hatte es heftige Diskussionen gegeben, ob die Konzerne die Vergünstigung komplett an Kunden weiterreichen. Auch in Fulda bekamen die Tankstellenpächter den Frust damals zu spüren.

Tankrabatt: Ein Tankstellen-Betreiber warnt vor Benzin- und Diesel-Knappheit (Symbolfoto).
Wegen des Tankrabatts kommt es bundesweit an vielen Tankstellen zu einem hohen Andrang (Symbolfoto). © Patrick Pleul/dpa

„In der Gesamtbilanz stellen wir fest, dass die Steuersenkung nicht vollständig beim Verbraucher angekommen ist“, sagt ADAC-Experte Albrecht. Die hohen Preise seien mit Sonderfaktoren - die Folgen des Krieges, der schwache Euro, das Niedrigwasser im Rhein und damit verbundene hohe Transportkosten - nicht vollständig zu erklären.

Ohne Spritpreis-Steuersenkung wäre Tanken in den vergangenen drei Monaten aber deutlich teurer gewesen. Da gebe es keinen Zweifel, sagt Prof. Manuel Frondel vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung - und lässt dennoch kaum ein gutes Haar am Tankrabatt. „Die niedrigen Preise führen dazu, dass mehr gefahren wird - das ist ökologisch kontraproduktiv.“

Hinzu komme die ungerechte Verteilung, so Frondel. Von der Steuersenkung profitierte vor allem, wer mehrere Autos hat und viel fährt, in der Tendenz Haushalte mit hohem und mittleren Einkommen. „Einkommensschwache Haushalte haben dagegen oft gar kein Auto und profitieren deshalb auch gar nicht von dem Instrument.“

Drei Autos und ein Bus stehen an einer SB-Tankstelle in Schlüchtern
An dieser SB-Tankstelle in Schlüchtern bildete sich zumindest am Dienstagmittag (30. August) keine Warteschlange. © Hanns Szczepanek

Beim 9-Euro-Ticket ist die Bilanz vieler Akteure und Experten deutlich positiver. Die Resonanz in der Bevölkerung war groß: 52 Millionen Tickets wurden nach Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) verkauft, hinzu kommen 10 Millionen günstigere Abos.

Ab dem 1. September werden für Monatskarten wieder die alten, meist deutlich höheren Preise fällig. In naher Zukunft drohen weitere Erhöhungen: Hohe Kosten für Strom und Diesel belasten viele Verkehrsunternehmen - und dürften in vielen Fällen auf die Fahrpreise durchschlagen. In manchen Regionen sind Aufschläge von drei, vier oder knapp fünf Prozent bereits beschlossene Sache.

Anders als beim Tankrabatt ist beim 9-Euro-Ticket die Diskussion um eine Nachfolgeregelung in vollem Gange - als 29-, 49- oder 69-Euro-Ticket zum Beispiel. Knackpunkt ist weniger der Preis als die Finanzierung: Die Länder fordern eine Verbesserung des Grundangebots im Nahverkehr: mehr Infrastruktur, mehr Personal, mehr Fahrzeuge. Und dafür braucht es: mehr Geld. (dpa, hgs, lwe)

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